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Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Befriedigung daraus, dass Schmissie noch mitgenommener aussah als sonst: der personifizierte Katzenjammer, zumindest nach den dunklen Ringen unter den blutunterlaufenen Augen zu schließen.
    Daniel rührte sich nicht, als Alex aus dem Bett schlüpfte. Sie zog die Decke über seine Schultern und legte ihm behutsam die Hand auf die Stirn. Noch kein Fieber, aber ein Schweißfilm auf der Haut. Würden die Veränderten sie noch einmal zu ihm lassen? Wahrscheinlich schon. Im Augenblick brauchten sie Daniel lebend. Alex stellte das Fläschchen mit Erythromycin so hin, dass Daniel es sehen konnte, wenn er aufwachte, nur für den Fall, dass sie Spinnes Absichten falsch einschätzte.
    Sie folgte Schmissie auf den Flur hinaus. Im Haus herrschte Totenstille, nur der erstickende Kadavergestank war mit so vielen Veränderten auf engem Raum stärker denn je. Spinnes Tür war Gott sei Dank geschlossen. Im frühen Morgenlicht schimmerten die Fotos auf dem Dekotischchen verlockend. Wie gern hätte Alex sie genauer angesehen. Schmissie trottete ein paar Schritte voraus. Noch so eine Chance kriege ich vielleicht nicht, dachte Alex.
    Rasch ließ sie den Rucksack vom Rücken gleiten, öffnete den Reißverschluss, holte auf und simulierte ein Stolpern, taumelte vorwärts. Schmissie grunzte, als Alex gegen ihren Rücken prallte. Die medizinische Notausrüstung – Pillendöschen, Verbandspäckchen und Instrumente, eine Rolle Pflaster, die Plastikflasche mit dem Peroxid –, alles purzelte und kullerte über den Flur, während die beiden Mädchen zu Boden gingen. Schmissies Flinte prallte scheppernd auf, und Alex dachte nur noch, was für ein Glück, dass sie nicht losgegangen war. Ein jäher Schmerz, als sie mit dem Knie auf das Hartholzparkett fiel, aber da verpasste ihr Schmissie eine Ohrfeige, dass ihr der Kopf dröhnte, und dann war der Schmerz im Knie ihr geringstes Problem.
    »Hör auf!« Mit ihrem unverletzten Arm schubste sie das Mädchen weg, dann wich sie selbst zurück und hob beschwichtigend beide Hände. »Es war ein Versehen, okay? Es war ein Versehen.«
    Schmissie keuchte, und die Wut quoll ihr förmlich aus den Poren. Sie hatte ihr Gewehr aufgehoben, und ihre Körperhaltung verriet, dass sie Alex mit Freuden den Kopf weggepustet hätte. Alex rührte sich nicht und kam nun zu dem Schluss, dass das eine ziemlich dumme – und vielleicht auch ihre letzte – Idee gewesen war. Dann ließ Schmissie ihr Gewehr ein wenig sinken, das stämmige Mädchen fletschte lautlos knurrend die Zähne und wandte sich ab.
    Okay, so weit, so gut. Ihr Knie machte sich bemerkbar, als sie aufstand. Die Lahme zu spielen fiel ihr nicht schwer, weil ihr das Knie ja wirklich wehtat. Langsam und bedächtig sammelte sie ihre Vorräte ein und nahm dabei die Wände – und diese Fotos – in Augenschein.
    Wie sich herausstellte, hatte sie umsonst Kopf und Kragen riskiert, denn in den folgenden Tagen sollte sie diese Bilder noch öfter in aller Ruhe betrachten können.
    Eigentlich hätte sie es schon beim Anblick des Kamins im Gästehaus, der keinen Rauch mehr ausspuckte, erahnen können, aber so erfuhr sie erst fünf Minuten später, dass Sharon und Ruby tot waren. Nach der Leichenstarre zu urteilen – sie waren so steif, dass Schmissie und Pickel trotz Unterstützung der Leopardenbande eine ganze Weile brauchten, bis sie die Leichen aus dem Gästehaus befördert hatten – , waren sie schon seit Stunden tot. Wie Sharon es angestellt hatte, lag auf der Hand. Der Gestank von Erbrochenem, vermischt mit dem chemischen Geruch halb verdauter Schmerztabletten und Schlafmittel, füllte den Raum. Auf dem Holzboden verstreut lagen noch ein paar Pillen, die die Frauen nicht geschluckt hatten. Wie Alex Sharon kannte, hatte sie unmittelbar nach ihrem Verschwinden damit angefangen, die Tabletten wie Smarties zu verteilen: eins für dich, zwei für mich; zwei für dich, vier für mich. Alex sah es geradezu vor sich.
    Nach diesem kleinen Debakel durfte Alex sich in Daniels Zimmer einrichten. Niemand fesselte sie an einen Stuhl, aber man ließ sie auch nicht lange hinaus, und sie fühlte sich wie die Beute von Spinnen, die, wie sie in der Grundschule gelernt hatte, ihre Opfer einspinnen und sich für schlechte Zeiten aufsparen.
    Aber das lag alles noch in der Zukunft. Jetzt in diesem Moment, als sie die Treppe hinuntergegangen war und sich ihren Weg durch Schnapsleichen bahnte, die halb auf Sesseln hingen und auf Teppichen fläzten, wusste sie ein paar Dinge mehr.

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