Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
Nebenzimmer auf und Ghost drängte herein. Als er Alex entdeckte, brach er in ein Freudengewinsel aus, stürmte auf sie zu und war außer Rand und Band. Grinsend kraulte Alex dem fröhlichen Welpen den Bauch. »Wie geht’s, Großer?«
»Dicker trifft’s besser«, meinte das Mädchen, das mit dem Hund hereingekommen war. Sarah war klein, hatte dunkle Augen und wirkte zerbrechlich wie eine Porzellanpuppe. Sie nahm ihre rosafarbene Strickmütze ab und schüttelte die blonden Locken. »Er rollt praktisch die Treppe hinunter.«
»Ja«, sagte Lena zu Alex, »jetzt, wo du mit Schmollen fertig bist, kannst zur Abwechslung ja mal du mit ihm in die Kälte raus.«
»Es macht mir nichts aus, mit ihm Gassi zu gehen.« Sarah, die neben Ghost kniete, kratzte ihn behutsam am Bauch und kicherte, als sich der Welpe hilflos wand und zappelte. Mit wehmütiger Miene sagte sie: »Mein Bruder hatte einen Hund, einen süßen kleinen Cockerspaniel, aber er wurde von einem Auto überfahren.«
»Autos gibt es nicht mehr, darüber brauchst du dir also keine Sorgen zu machen«, bemerkte Lena.
»Ich freue mich, wenn du mit ihm rausgehst, Sarah«, sagte Alex und ignorierte Lena, die die Augen verdrehte.
»Alex, ich habe dir einen Teller fertig gemacht.« Tori trocknete ihre Hände an einem Geschirrtuch ab. Sie hatte rote Wangen und ihr Haar war vom Wasserdampf kraus geworden. »Setz dich doch einfach, und ich …«
»Sie ist kein Krüppel.« Lena ließ einen abgetrockneten Teller klirrend auf den Stapel plumpsen. »Schleim dich doch nicht so bei ihr ein.«
Alex stand auf. »Ist schon gut, Tori, ich hol ihn mir.«
Tori zog die Brauen zusammen, offensichtlich war sie verletzt. »Ich schleime mich überhaupt nicht ein«, protestierte sie.
Lena schnaubte. »Ist klar. Nur weil Chris hier herumhängt, heißt das nicht, dass Peter …«
»Lena«, mahnte Jess.
»Was? Ich will doch nur sagen … ich meine, Alex ist kein Krüppel. Ich kapiere einfach nicht, warum alle sie behandeln, als wäre sie was Besonderes.«
»Na ja«, warf Sarah zaghaft ein, »ich habe gehört, dass die Hunde …«
»Die Hunde, die Hunde, die Hunde.« Wieder verdrehte Lena übertrieben die Augen. »Die wissen auch nicht alles. Was ist, wenn Tiere sich auch verändern? Habt ihr darüber schon mal nachgedacht? Am ersten Tag sind die Tiere schließlich auch ausgeflippt.«
»Danke für diese überaus präzise wissenschaftliche Beobachtung, Lena«, sagte Jess, während sie geschickt ein Ei wendete. »Sobald du deinen Abschluss in Tiermedizin hast, hole ich auf jeden Fall deine Meinung ein. Aber bis dahin trocknen sich die Teller nicht von selbst ab.«
Lena wischte lustlos an einer Tasse herum. »Wann fängt die denn an? Du würdest uns solchen Scheiß nie durchgehen lassen.«
»Autsch, meine Ohren«, sagte Kincaid.
»Lena Christina Stoltz.« Jess schnitt zwei dicke Scheiben dunkles Brot ab. »Ich dulde eine solche Sprache nicht in meinem Haus. Noch ein schmutziges Wort aus diesem Schandmaul, und ich spreche mit dem Reverend.«
»Du bluffst doch.« Lena warf ihr Geschirrtuch weg. »Das machst du nicht, und der Rat wird mich nicht rausschmeißen, weil ihr uns braucht. Wir sind ja so verschont , wir sind ja so wertvoll. «
»Lena, sie wollen uns doch nur beschützen«, sagte Tori.
»Uns beschützen? Wir sind Gefangene. Sie lassen uns nicht weg.«
»Aber das ist nur zu unserem Besten.«
»Bloß weil die Erwachsenen das sagen, ist es noch längst nicht wahr.« Lena starrte Jess wütend an. »Ihr könnt mich hier eine Million Jahre festhalten, aber ich werde nie klein beigeben.«
»Das ist mir egal.« Jess füllte in aller Ruhe Kaffee in eine silberne Thermosflasche. »Aber reden wir Klartext. Sobald du erwählt bist …«
»Da bringe ich mich eher um.«
»Sobald du erwählt bist, kannst du in deinen eigenen vier Wänden tun, was du willst. Aber solange du hier wohnst, hältst du dich an die Regeln, oder ich werde den Reverend bitten, die Sache nochmals zu behandeln. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass du es darauf ankommen lassen willst.« Jess schraubte die Thermosflasche zu. »Haben wir uns verstanden?«
In der Küche herrschte betretenes Schweigen. Nicht einmal Ghost machte einen Mucks. Tori war den Tränen nahe, und Sarah war kreidebleich geworden. Alex sah die blasse Lena an, dann senkte sie den Blick. Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf.
Erwählt? Was war das denn? Und Lena wollte weg, aber man ließ sie nicht? Moment mal …
»Ja, Ma’am.« Lena
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