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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Ziemlich unwahrscheinlich. Er verweigerte ja nicht seine Mithilfe. Schließlich mussten Patrouillen geritten und Häuser bewacht werden, und gelegentlich gab es auch Expeditionen, um Lebensmittel aufzutreiben. Am liebsten würde er Holz hacken. Es gab so viel zu tun. Überdies war er ein Verschonter – hurra! – und viel zu wertvoll, um einfach verbannt zu werden.
    Wertvoll würde ich jederzeit gegen normal eintauschen. Er warf einen Blick auf die Kirche. Seine Gedanken drifteten wieder zu dem Kuss, der Überraschung, Toris Lippen zu spüren, und wie schön sich das anfühlte. So warm. In diesen wenigen Sekunden hatte er sich wieder wie ein Mensch gefühlt. Ob ich vielleicht, wenn wir hier fertig sind, wieder zum Pfarrhaus schleiche? Bald ist es dunkel. Ich werfe einen Schneeball an ihr Fenster und dann …
    »Was grinst du so?« Es war Pru, zwei Stufen unter ihm.
    »Ach, nichts.« Mein Gott, konnte er nicht mal in Ruhe tagträumen? Wieder traf ein flimmernder Lichtsplitter sein linkes Auge. Er sollte zu Kincaid gehen, vielleicht bekam er eine Aspirin oder Paracetamol, falls noch welches da war. Womöglich hatte Kincaid auch bei all seinen Studien über Pflanzen und Pilze und seinen Experimenten mit Absuden und Aufgüssen etwas gefunden, was mit diesen Monsterkopfschmerzen fertigwurde, die einfach nicht aufhören wollten.
    »Komm«, sagte er, drehte sich um und ließ den Blick zur Kirche schweifen, »machen wir …« Plötzlich hielt er inne.
    Pru wartete einen Herzschlag lang ab. »Greg?«
    Er antwortete nicht, zog nur seine Brauen zusammen. Er hätte schwören können, dass er aus dem Augenwinkel ein Licht gesehen hatte. Nein, einen Blitz. Aber das lag wohl nur an den Kopfschmerzen …
    »Greg?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er zu Pru. »Ich dachte bloß, ich hätte was gehört.«

45
    Soweit Sarah sah, war Cutter immer noch nicht ganz tot. Seine Finger zuckten und flatterten wie ein verendender Seestern. Die dumpfe Luft des Vorratsraums roch penetrant nach feuchten Münzen. Über Cutter gebeugt, beide Hände voller Fleisch, fraß der Veränderte mit der unbeirrbaren Grausamkeit, die Sarah an einen Film über Wölfe im Biologieunterricht erinnerte: wie ein Rudel einen ausgewachsenen Elch erlegte. Sobald das Tier im Schnee lag, rissen die Wölfe ihm den Bauch auf und verschlangen es bei lebendigem Leib.
    Kurz vor dem Verhungern. Entsetzt beobachtete Sarah, wie der Adamsapfel des Jungen beim Schlucken hüpfte, während er sich gleichzeitig den Mund vollstopfte. Der Junge litt an der schlimmsten Akne, die Sarah je gesehen hatte. Außerdem sah sein Gesicht ziemlich lädiert aus. Mit all dem verschmierten Blut auf seiner narbigen, von gelben Eiterbläschen übersäten Haut sah er echt krank aus, wie eine Gestalt aus The Walking Dead.
    Nichts wie raus hier. Sarah rappelte sich auf, stolperte halb taumelnd gegen die Tür. Bei dem Geräusch drehte sich der Veränderte zu ihr um. Er schien sie zum ersten Mal wahrzunehmen und erhob sich vom Boden. Sarah fuhr herum, hastete den schmalen dunklen Gang an der Küchenzeile entlang und stieß dabei immer wieder wie eine Flipperkugel gegen die Anrichten. Plötzlich spürte sie eine Veränderung der Temperatur, einen kalten Luftzug aus dem Gemeinschaftsraum. Torkelnd wandte sie sich nach rechts, tastete nach der Ecke, fand sie und stürmte die Treppe hinauf.
    Da hörte sie von unten dumpfe Geräusche heraufdringen. Schnelle Schritte in schweren Stiefeln. Er rannte ihr nach. Die Zeit wurde knapp. Sogar halb verhungert war dieser Junge schneller als sie. Sarah holte hastig Luft. Oben sah sie den blassen graugrünen Lichtschimmer des Vorraums. Wenn sie es dort hinauf schaffte und dann hinaus zum überdachten Weg, wenn sie es nur bis zur Tür schaffte, ihn aus der Schule aussperrte …
    Meine Schlüssel. Sie stöhnte auf. Der Schlüsselbund lag ja noch unten auf dem Fußboden. Überhaupt schien es ihr fraglich, ob sie den Jungen abhängen konnte. Selbst wenn es ihr gelang, waren womöglich noch mehr von seiner Sorte hier. Cutter war tot. Es gab keinen Grund, warum jemand vor Wachablösung nach ihnen sehen sollte. Und wenn jemandem auffiel, dass der Seiteneingang offen war, und er hereinkam, um nach dem Rechten zu sehen? Was, wenn dieser Jemand Pru oder Greg war? Der Veränderte würde sich sofort auf ihn stürzen.
    Sie nahm die letzte Stufe und stürmte in den Vorraum. Von unten hörte sie, wie der keuchende Junge stolperte, als er den Abstand zwischen zwei Stufen falsch

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