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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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mochte sie beschützen, aber er würde es wohl nicht gelassen hinnehmen, wenn sie ihm mit der Brechstange eins überzog. Falls sie das überhaupt zustande brachte. Immerhin hatte sie ja bereits ein Messer. Dass Wolf es ihr nach dem ersten Tag gelassen hatte, grenzte an ein Wunder. Aber hatte sie es etwa gemacht wie Buttercup in Die Braut des Prinzen und war nachts umhergeschlichen, um ein paar Leuten die Kehlen aufzuschlitzen? Oder hatte sie mal kurz rübergegriffen, wenn Wolf seine fröhlichen kleinen Wolfsträume träumte, und ihm das Herz rausgeschnitten?
    Nein. Jetzt mal im Ernst. Solche Sachen passierten in denselben Büchern, in denen die Heldin rohe Kiefernrinde verputzt, aber nicht im wirklichen Leben.
    Dabei hätte sie ein Motiv. Und auch die Gelegenheit dazu. Sie wusste genau, wo sich die Halsschlagader befand und wie tief sie reinschneiden musste. Wenn sie schnell war, konnte sie es vielleicht schaffen. Schließlich waren es nur fünf gegen eine. Also, worauf wartete sie noch?
    Ach, zum Teufel, ich weiß auch nicht. Konzentrier dich lieber auf das, was du kannst, okay? Zum Beispiel dieser Garten – den solltest du dir mal vornehmen. Seufzend steckte sie ihr Messer in die Scheide. Wenn sich mal eine Gelegenheit ergibt …
    Plötzlich ging Pickel hoch. Ohne Vorwarnung, ohne Alarmglocken des Monsters, ohne irgendeine Veränderung seines Geruchs – aber wie viel hungriger konnte der Junge noch werden? –, und er handelte rasch, vollkommen lautlos stürzte er sich auf sie wie ein Geschoss, das sie nur aus dem Augenwinkel kommen sah. Keuchend riss sie den Arm hoch, aber da hatte sie seine Faust schon im Gesicht.
    Sie sah nichts mehr, spürte nur die Detonation in ihrer linken Wange, genau unter dem Auge. Noch bevor sie schreien konnte, schloss sich seine Hand um ihre Kehle. Er riss sie hoch und schob sie wankend quer durch die Hütte vor sich her.
    »Pi … B-B-Ben!«, wisperte sie, während ihre Beine stolpernd nach Halt suchten und ihre Hände die seinen umklammerten. »Ben, nicht! Hör auf, hör auf!«
    Aber Pickel, der Junge, der einmal Ben Stiemke gewesen war, glich einem gierigen, unerbittlichen Raubtier. Am anderen Ende des Raums stieß er sie brutal gegen die Wand. Ihr Kopf schlug so hart auf, dass ihr schwarz vor Augen wurde, es war wie ein Bildsprung im Film. Ihre Kiefer schlugen aufeinander. Schmerz durchzuckte sie wie ein roter Blitz, als ihre Zähne in die Zunge bissen und Blut in ihre Kehle rann. Sie würgte, spürte, wie Pickels Hände über ihren Hals fuhren, und wusste sofort, was er vorhatte.
    Panik ergriff sie. Wenn er sie erwürgen wollte, hatte sie noch eine Chance: ein Knie in seinen Schritt, ein Schlag, oder sie stach ihm mit den Fingern die Augen aus. Wenn er ihr aber die Halsschlagader abdrückte, wäre sie in wenigen Sekunden bewusstlos, in ein paar Minuten tot, und es kostete ihn viel weniger Aufwand.
    Dann dachte sie: das Tanto. Sie hatte das Messer in die Scheide gesteckt. Ihre rechte Schulter sank herab, sie drehte sich, streckte die Finger. Eine Verzweiflungstat und aussichtslos von Anfang an, weil Pickel trotz seiner wilden Mordgier ihren Plan durchschaute. Schnell wie eine Schlange riss er das Messer aus der Scheide und richtete die Spitze auf ihr linkes Auge.
    Ihr gefror das Blut in den Adern. Sie hörte auf zu kämpfen, wusste, was kommen würde. Ein Stoß mit dem kalten Stahl, und dann würde sie nur noch brüllen, während Blut und Augenmasse aus der leeren Höhle flossen.
    Regungslos verharrten sie, die Zeit schien stillzustehen. Dann saugte Pickel schnell und heftig Luft ein, und ihr blieb nur noch Zeit zu denken: Nein!
    Zähnefletschend stieß Pickel zu. Das Messer sauste an ihrem Gesicht vorbei und bohrte sich in die Holzwand. Pickels gallegrüner Gestank verriet, dass er ihr liebend gern die Kehle herausgerissen hätte und die Zähne in ihr Fleisch schlagen, ihre Wärme und ihr Blut in seinem Mund kosten wollte. Doch vorher wollte er sie leiden lassen. Sie war in seiner Gewalt, und er würde sich seinen Spaß gönnen. Mit ihr.
    Alex begann um sich zu schlagen. Mit dem Rücken an der Wand versuchte sie, ihm das Knie in die Leisten zu rammen. Aber diesmal lief es nicht so wie neulich im Schnee. Er stand zu weit weg, konnte ausweichen. Trotzdem verschaffte ihr das Manöver ein paar Sekunden Zeit, denn er musste locker lassen. In diesem kurzen Moment rang sie nach Luft, aber es fühlte sich so schrecklich an, als wollte sie durch einen kaputten Strohhalm einatmen, und

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