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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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das war’s auch schon – nicht annähernd genug. Sie hatte nichts, was als Waffe taugte, und dann driftete sie weg, sah immer undeutlicher, als würde ihr Blickfeld von Motten zerfressen.
    Tief im Dunkel erwachte das Monster, eine Spinne, die in ihrem Schädel herumkrabbelte, und dann stürzte sie in den schwarzen Wirbel hinter Pickels Augen, sah, wie ihr eigenes Gesicht die Farbe einer Aubergine annahm, wie sich ihre Augen verdrehten, sodass nur noch weiße Halbmonde blieben. Vor ihrem inneren Auge spielte sich das Ende ihres Lebens in einer wirren Bilderfolge ab: Pickel würgte sie, aber nur bis zu dem Punkt, an dem sie ohnmächtig wurde, dann ließ er sie wieder aufwachen, warf sie auf den Boden, ließ sie lange genug wach werden, um es noch mal zu tun … drei-, vielleicht viermal … sadistisch wie ein Kind, das einer Fliege die Flügel ausreißt, bevor es sie zertritt. Er würde warten, bis sie zu sich kam, das Bewusstsein wiedererlangte, damit sie besser spüren konnte, wie sich seine Zähne in ihren Hals gruben und Fleisch herausrissen, bis ihr Blut spritzte und seine Wangen rot färbte.
    Von … irgendwoher … kam ein dumpfes Geräusch, das härter und lauter gewesen wäre, wenn sie nicht das Gefühl von Watte in den Ohren gehabt hätte. Einen Moment später gab Pickel ein scheußliches Stöhnen von sich, und der Druck um Alex’ Hals war verschwunden. Warum, wusste sie nicht. Etwas schabte an ihrem Rücken. Holz, die Wand – ich falle. Keuchend und kraftlos sank sie in sich zusammen. In den nächsten Sekunden konzentrierte sie sich ausschließlich darauf zu atmen, durch eine Luftröhre, die sich so instabil anfühlte wie ein geknickter Tulpenstängel.
    Wie durch einen Schleier sah sie Wolf und Pickel, die sich belauerten, bereit zum Showdown. Die Luft in der Hütte knisterte geradezu, war erfüllt vom ätzenden Geruch nach Mord, von Wolfs kalter, stählerner Wut. Aus Pickels Nase lief Blut, und er schüttelte den Kopf wie ein Stier. Geduckt, mit schmalen Augen, umkreiste ihn Wolf. Pickel versuchte mitzuhalten, aber entweder war er von Wolfs erstem Schlag noch benommen oder einfach durch Hunger geschwächt, denn er taumelte. Wolf nutzte die Chance und griff an. Pickel versuchte auszuweichen, war aber nicht schnell genug. Wolf rammte den Jungen, umklammerte mit beiden Armen seine Taille und riss ihn hoch. Pickels Beine flogen in die Luft, als Wolf sich aufrichtete, dann warf er seinen Kontrahenten zu Boden, sodass Pickels Kopf krachend aufschlug. Arme und Beine erschlafften, die Verbindung zwischen Hirn und Körper brach ab, als Wolf sich wie ein Fels auf ihn fallen ließ. Seine Faust fuhr nieder wie ein Hammer, einmal, zweimal …
    Da erschütterte ein gewaltiges Donnern die Hütte. Von ihrem Platz am Boden aus sah Alex, wie Marley, die Dreadlocks noch steif gefroren, den auf die Decke gerichteten Lauf der Mossberg senkte und dann auf die beiden Jungs richtete. Wolf und Pickel erstarrten, es war beinahe komisch anzusehen: Wolf hockte auf Pickels Brust, die erhobene Faust zu einem weiteren Schlag geballt. Pickels geschwollene Augen umgab eine Maske aus Blut. Durch seine Aknenarben erweckte es den Anschein, als sei seine Haut von innen her durchgekaut worden. Auch seine Brust war voller Blut, und mit jedem Atemzug quoll noch mehr aus seiner gebrochenen Nase hervor.
    Links von Marley standen die Brüder, Ernie und Bert. Der Geruch, der aus dem grünen Seesack über Berts Schulter drang, verriet ihr, dass die Frau zart wie ein Vogel war, kaum mehr als Haut und Knochen, denn sie verströmte den fruchtigen Geruch einer Verhungernden. In gewisser Hinsicht hatten Wolf und seine Leute dieser Vogelfrau vielleicht sogar einen Gefallen getan, so wie ein Sheriff, der Wild erschießt, das sich in einem harten Winter halb verhungert auf die Straße verirrt und es noch nicht einmal merkt. Sofern man diese Dinge wirklich aus der Perspektive der Veränderten sehen konnte.
    Es machte ihr ein bisschen Angst, dass sie es konnte.
    Wolf brachte Pickel nicht um, und auch kein anderer aus seiner Bande. Aber sie schickten ihn weg. In einer Ecke kauernd, mit schmerzendem Hals und pochender Wange, beobachtete Alex regungslos, wie Pickel unter Wolfs wachsamen Augen und der auf ihn gerichteten Mossberg von Marley langsam und unbeholfen seinen Schlafsack aufrollte.
    Bemerkt mich nicht. Sie zog die Knie ein wenig enger an. Seht mich nicht. Ich bin nicht da. Na ja, das konnte sie wohl vergessen. Die ganze Zeit über musste sie an

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