Ashes to Ashes (German Edition)
ihrer
Begleiterin ein Zeichen zu geben, still zu sein.
Sie lauschten.
Nichts.
„Was ist denn los, La…“
„Hör doch!“
Dieses Mal schlugen dumpfe Schritte auf dem
kalten Steinboden auf. Bernadette blickte sich hastig nach rechts und links um.
/Tja… ein Versteck zu finden, dürfte hier auf
der offenen Balustrade schwierig sein, wenn wir nicht gerade in das Gemach des
Königs flüchten wollen…/
„Egal… wir tun einfach so, als wäre nichts“,
schlug Bernadette vor und straffte die Schultern, begann sicheren Schrittes
weiter zu laufen. Zum Glück wusste sie nichts von den Kuchenresten in ihrem
Gesicht. Sherryl hätte sowieso keine Gelegenheit mehr gefunden, sie darauf
aufmerksam zu machen, denn ein großer Schatten bog bereits um die Ecke und hielt
mit langsamen Schritten auf sie zu.
So tun, als ob nichts wäre…
- Es würde ihnen natürlich jeder glauben, dass
sie um diese Zeit in nächtlicher Kälte nur mit Nachthemd und Cape bekleidet
einen Spaziergang im windigen Wehrgang des Schlosses unternahmen. Sherryl war
mit der Aufgabe betraut worden, Gefährtin und Zofe für Bernadette zu sein und
man würde sie mit Sicherheit beschuldigen, gegen das leibliche Wohl der
Prinzessin gehandelt zu haben. – Noch dazu zwei Tage vor der anstehenden
Hochzeit, ein unverzeihlicher Leichtsinn!
Dass sie versucht hatte, Bernadette die Sache
auszureden, wäre ohnehin ohne Belang und erst jetzt, da sie mehr und mehr
darüber nachdachte, wurde ihr bewusst, auf welch dünnem Eis sie sich in ihrer
Position bewegte.
- Es musste doch irgendwie eine Möglichkeit
geben, sich zu verstecken… - Mist, Mist, Mist! Rechts, links? Doch geradeaus? Na
wunderbar… das Gesicht kannte sie doch…
Sie zuckte zusammen, als Bernadette ein Seufzen
ausstieß.
„Ein Glück! Es ist nur mein Bruder!“
/Unter Glück verstehe ich etwas anderes…/
Ob er sie erkannte? – Sich an sie erinnerte?
Oder war der Kerl damals zu betrunken gewesen, um sich überhaupt zu merken,
dass… War er überhaupt betrunken gewesen? Sie schluckte, als sich ihr
unmittelbar ein Bild einbrannte, das sie jedes Mal so wütend machte und…
anekelte, dass sie nur schwer den Drang unterdrücken konnte, mit Fäusten auf ihn
loszugehen. Zumal dieser Mistkerl die Ursache für den Korb war, den sie erhalten
hatte, von… von Dunc…
Jetzt stand er fast vor ihnen, Gabriel in seiner
vollen Größe. Der Wind blies ihm einige Strähnen ins Gesicht, raschelte ungestüm
in seinem dunklen Mantel.
/ Ja, drück deiner Schwester nur einen Kuss
auf die Stirn. Weiß sie von dir und…?
Küsse sie brüderlich und dabei belassen wir es
einfach. Du siehst mich nicht und
ich sehe dich nicht. Bin ich doch sowieso nur ein Ding niederen Ranges…
nicht mehr wert als ein Stück Fleisch, das du jetzt nicht an dich reißen kannst!
Wie ist das eigentlich… Sind wir Frauen Ersatz für Männer wie euch? Oder seit
ihr unser Geschlecht im Laufe der Jahre einfach leid geworden, weil ihr jede ins
Bett gezogen habt, die euch über den Weg gelaufen ist? Seid ihr die Nächte mit
uns so leid, dass ihr Abwechslung in euresgleichen sucht und…/
Sherryls Gedanken brachen jäh ab, da ein
eiskalter Blick sie traf.
Durchdringend.
Hasserfüllt?
Nein.
Gleichgültig! Und abwesend.
/Er scheint mit den Gedanken ganz woanders zu
sein./
„Es ist zu kalt hier draußen für dich,
Bernadette!“, war schließlich alles, was er sprach. Mit einem gläsernen Lächeln /so abwesend/ legte er seinen Mantel um die Schultern seiner Schwester,
lief langsam weiter. – Ebenso gleichmäßig und erhaben, wie er ihnen entgegen
gekommen war.
„Komisch!“, befand selbst Bernadette. Sie
starrte ihrem Bruder mit gekräuselten Brauen hinterher, wobei sie den Mantel am
Kragen umklammerte, dass er ihr nicht von den schmalen Schultern rutschte.
Sie überlegte noch einen Moment, zuckte dann mit
den Schultern.
„Komm! Gehen wir endlich zurück aufs Zimmer. Ich
werde langsam müde und die kommenden Nächte sollte ich viel schlafen, um auf der
Hochzeit nicht wie eine alte Frau auszusehen. Ich muss mich ausruhen!“
Sherryl wusste nicht, wer ihr diese Worte in den
Mund gelegt hatte. Sie wusste nur, dass sie nicht nach dem lebenslustigen und
fast unbedarften Mädchen… der jungen Frau klangen, die sie in den letzten Tagen
kennen gelernt hatte.
Noch einmal wandte sie sich nach hinten und
beobachtete wie Gabriel in der schwarzen
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