Ashford Park
respektiere nur ihre Abneigung dagegen, mich auf ihrem Rücken zu haben.»
«Sie merken, dass du Angst hast», sagte Bea, jetzt wieder viel mehr die Alte.
«Da haben sie ja auch recht.» Addie wedelte mit einer Hand den roten Staub weg, der von der Straße aufstob. «Weißt du noch, unsere heimlichen Reitstunden?»
Bea tat so, als zuckte sie zusammen. «Ich hatte keine Ahnung, dass ein Mensch so oft vom Pferd fallen kann. Aber du hast nicht aufgegeben.»
«Nur weil du mich immer wieder ermutigt hast.» Aus irgendeinem Grund schien es ihr ungeheuer wichtig, Frederick deutlich zu machen, wie aufmerksam Bea gewesen war. «Bea hat den Pferdeknecht bezirzt, den frömmsten alten Gaul im Stall requiriert und mich stundenlang in der Koppel herumgeführt. Sogar Dodo hat aufgegeben, aber Bea hat nicht lockergelassen.»
«Tatsächlich?», sagte Frederick, doch er schaute nicht Bea an, sondern Addie.
«Du kennst mich doch», meinte Bea nonchalant. «Ich liebe Herausforderungen. Ach, Schatz, schnell, schau da hinüber. Nein, die andere Seite. Hast du es gesehen? Da war ein Nashorn.»
Addie drehte sich nach hinten. «Ich hab’s verpasst. Kommen sie bis an die Straße?»
«Wenn sie glauben, dass sie ungestraft damit durchkommen, ja», antwortete Frederick. «Wir hatten hier ständig Scherereien mit den Telegraphendrähten, nachdem die Nashörner entdeckt hatten, dass die Masten ideale Kratzbäume abgeben. Sie drücken sich mit dem Hinterteil oder der Seite dagegen, und dann schubbern sie sich wie wild daran. Und als wäre das nicht genug, kamen auch noch die Giraffen vorbei und verhedderten sich mit ihren langen Hälsen in den Drähten. Es ist verdammt lästig, wenn einem eine Giraffe in die Quere kommt, während man gerade versucht, telegraphisch Nachschub zu bestellen.»
«Ja, ich kann mir vorstellen, dass das ein Problem ist», sagte Addie wohlerzogen, während sie versuchte, sich etwas zur Seite zu drehen. «Gibt es auch Löwen?»
«Die lassen uns im Allgemeinen in Frieden, wenn wir sie in Frieden lassen», antwortete Bea. «Dafür sind die Affen eine wahre Plage. Sie schnappen sich alles, was sie bekommen können, und plappern einem ohne Pause die Ohren voll. Man kommt sich vor wie bei einem Nähkränzchen. Du kannst es dir nicht vorstellen. Und die Hyänen erst! Ganz widerwärtige Biester.»
«Sie kommen nur noch selten in die Nähe des Hauses», bemerkte Frederick. «Im Gegensatz zu früher.»
«Stimmt, aber man kann sie hören», beharrte Bea. «Spätabends kann man sie lachen hören wie einen Haufen Irrer. Sie fressen Kadaver. Nicht nur von Tieren, sondern auch menschliche Kadaver. Nachts hört man sie, wie sie lauern und lachen.»
Addie spürte trotz der Hitze einen Kälteschauer im Rücken. «Du lieber Gott, das hört sich ja an wie etwas aus einem dieser Schauerromane, die wir früher gelesen haben. Weißt du noch?»
«Ja, aber wir konnten das Buch dann einfach zumachen», sagte Bea, und ihr Ton klang so verloren, dass Addie sie überrascht ansah, überrascht und mitleidig. Bea fasste sich schnell wieder und hob die Stimme, um das Motorengeräusch zu übertönen. «Siehst du Rosita und Geordie manchmal?»
«Rosita und wen? Ach so.» Überrumpelt von dem abrupten Themenwechsel brauchte Addie einen Moment, um zu verstehen, wovon Bea sprach. Die beiden hatten in jenen fernen Tagen zu ihrer alten Nachtklub-Clique gehört. Addie musste husten von dem roten Staub und wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. «Nein. Unsere Wege kreuzen sich eigentlich nicht. Ich gehe kaum noch ins Ritz.»
«Dann ist jetzt wahrscheinlich etwas Neues en vogue», sagte Bea neiderfüllt. «Wie ist denn dein Leben so als unabhängige Neue Frau an den Fleischtöpfen Londons?»
«Ach, nicht besonders aufregend», sagte Addie, die sich Fredericks Nähe intensiv bewusst war, obwohl er keinen Moment den Blick von der Straße wandte. «Ich gehe ziemlich viel in Konzerte. David ist sehr musikalisch. Und ins Theater, hin und wieder zu Vorträgen. Du würdest dich zu Tode langweilen.»
«David ist Addies Zukünftiger», erklärte Bea über Addies Kopf hinweg.
«Ach?», sagte Frederick.
«Wahnsinnig gescheit», fügte Bea hinzu. «Stimmt doch?»
Addie wand sich auf ihrem engen Sitzplatz. «Er unterrichtet am University College. Philosophie und Nationalökonomie und dergleichen mehr.»
«Wann ist die Hochzeit?», erkundigte sich Bea lebhaft.
«Wir haben noch keinen Termin festgesetzt.» Als sie merkte, wie sich das anhörte,
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