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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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etwas jung, um mit einem Mann zusammenzuleben?», erkundigte sich Clemmies Mutter.
    «Lieber jung als nie», erklärte Tante Anna vergnügt.
    Clemmie glaubte nicht, dass es eine Spitze sein sollte, aber es traf sie trotzdem. Ihre linke Hand fühlte sich ohne das Gewicht von Dans Ring sehr, sehr nackt an.
    Ihre Mutter rümpfte die Nase. «Nicht jeder macht Heiraten zum Beruf.»
    Tante Anna zwinkerte Clemmie zu. «Wir können ja nicht alle Anwälte werden, oder? Und wie läuft’s so, Kleine?»
    «Wahnsinnig viel zu tun», antwortete Clemmie schnell. «Donnerstag muss ich zu einer Verhandlung nach Dallas und in der Woche drauf nach London. Es ist verrückt. Wie hält sich Granny Addie?»
    «Komm und frag sie selbst», warf ihre Mutter ein, bevor Tante Anna etwas sagen konnte. Sie nahm Clemmie beim Arm und schob sie durch das Wohnzimmer, wo die Cocktailstunde noch in vollem Gang war.
    Hinter ihr zuckte Tante Anna mit den Schultern und winkte. Clemmie lächelte ihr zu.
    Im Wohnzimmer empfing sie ein Gedränge von Männern in Brooks-Brothers-Anzügen und Frauen im kleinen Schwarzen mit farbenprächtigen Tüchern um die Schultern. Die meisten waren verschiedenste Freunde der Familie, nicht Verwandte. Clemmies zwei Brüder hatten sich mit ihren Familien in Kalifornien niedergelassen. Sie erkannte eine ihrer Nichten, jetzt Anfang zwanzig, die bei irgendeinem Modedesigner ein Praktikum machte. Clemmies zweitältester Bruder hatte offenbar seine Frau als Abordnung geschickt, doch insgesamt war ihre Seite der Familie unterrepräsentiert. Onkel Teddy, Mutters jüngerer Bruder, war relativ jung gestorben, an einem Herzinfarkt, als er noch keine fünfzig gewesen war, aber seine Kinder und Enkel waren in umso größerer Zahl erschienen, um Granny Addie die Ehre zu erweisen.
    Nur eine fehlte. «Wo ist Granny Addie?», fragte Clemmie.
    Ihre Mutter sah müde aus. «Sie ruht sich ein wenig aus», antwortete sie. Sie war vor einigen Monaten zu Granny Addie gezogen, angeblich weil ihr Mietvertrag ausgelaufen war, doch Clemmie hatte den Verdacht, dass sie sich Sorgen um sie machte. Granny Addie wurde von Fachkräften betreut, einem Team von Krankenpflegerinnen, die sich abwechselten, doch Clemmies Mutter gehörte zu denen, die überzeugt waren, wenn man etwas ordentlich erledigt haben wolle, müsse man es selbst in die Hand nehmen.
    Jetzt wies sie mit einer Kopfbewegung zur Bar. «Hol dir etwas zu trinken, dann bringe ich dich zu ihr.»
    «Wie stark muss der Drink denn sein?», fragte Clemmie, doch ihre Mutter hatte sich schon abgewandt und tauschte gerade Luftküsschen mit einem von Onkel Teddys Sprösslingen.
    Clemmie ging zur Bar, die so aufgebaut war wie auf allen Festen Granny Addies seit Clemmies Kindheit. Die Flaschen waren im Lauf der Zeit geleert und durch volle ersetzt worden, und die Barkeeper wechselten von Party zu Party, aber sonst war alles wie immer. Flaschen und Gläser drängten sich auf einem Klapptisch mit einer weißen Decke darüber. Er stand immer in derselben Ecke, einem kleinen Alkoven zwischen einem Fenster zur 85 th Street und der Tür zum Fernsehzimmer. Auf der anderen Seite des Raums, jenseits einer großen Fensterwand, präsentierte sich die Hauptattraktion der Wohnung: ein weiter Blick über den Central Park.
    Hinter der provisorischen Bar drückte der Barkeeper gerade ein Limettenschnitz über einem hohen Glas aus, das mit Eis und einer klaren Flüssigkeit gefüllt war. Clemmie roch den Gin schon von weitem. Das mussten ja starke Drinks sein. Gut.
    Vor ihr wartete ein Mann, der mit dem Rücken zu ihr stand. Als er sein Glas entgegennahm, schob er diskret ein paar Dollarscheine über den Tisch.
    Wenn sie nicht schon vorher sicher gewesen wäre, hätte diese Geste alles klargemacht. Auf privaten Partys gab man keine Trinkgelder, doch Jon hatte das immer schon ignoriert, er wollte die Bedienungen fair behandelt wissen.
    Clemmie kämpfte gegen den kindischen Impuls zu flüchten und wünschte, sie wäre durch Dans Ring geschützt. Nicht dass sie Schutz brauchte. Sie waren jetzt erwachsen, über solchen Kinderkram hinaus.
    Sie wartete, bis er sich umdrehte und sie sah. Dann nickte sie. «Hey, Jon.»
    «Hey», sagte Jonathan und hob sein Glas. «Für dich auch einen?»
    «Gern, ja.»
    Sie wartete, während er mit dem Barkeeper sprach. Anders als die übrigen Männer im Raum trug Jon eine legere Khakihose mit Blazer statt eines Anzugs. Er hatte allerdings einen traditionellen blauen Blazer gewählt und war nicht im

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