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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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Servietten abgeräumt wurden. Marjorie war eine Kämpferin. Addie wünschte nur, sie hätte nicht ganz so viel zu kämpfen gehabt. Sie hatte sich so viel Besseres für sie gewünscht, für beide Töchter von Bea. Doch wenigstens lebte Marjorie jetzt wieder in New York und nicht mehr mit diesem fürchterlichen Bill in Kalifornien. Und sie hatte Clemmie mitgebracht.
    Clemmie, von ihrer Mutter abgesandt, hielt ihr eine Platte mit Canapés hin. «Möchtest du einen Käsewindbeutel, Granny Addie?»
    Einen Moment lang sah Clemmie Bea so ähnlich, dass es sie erschütterte, nicht die Bea am Ende, sondern die Bea als Mädchen. Sie hatten auch solche Samtkleider gehabt, Sonntagskleider aus schwarzem Samt mit breitem weißem Spitzenkragen, unter denen sie dicke Strümpfe getragen hatten. Nanny hatte ihnen die Haare an den Seiten mit großen Samtschleifen hochgebunden.
    «Granny?», sagte Clemmie. Die Sprache stimmte nicht. Sie sprach amerikanisch, leicht nasal. Das war nicht Beas glasklare Stimme, es war überhaupt nicht Bea, es war Clemmie.
    «Nein, danke, Liebchen», sagte Addie. «Hast du Grandpa schon einen gebracht?»
    Clemmie machte sich gehorsam auf den Weg, sorgfältig darauf bedacht, die Platte gerade zu halten, damit das Gebäck nicht ins Rutschen geriet. Sie nahm ihre Pflichten als Serviertochter sehr ernst. Sie nahm alles sehr ernst, ganz anders als Bea, die schon damals, als sie und Addie noch Kinder gewesen waren, voll unbekümmerter Lust durchs Leben gestürmt war.
    Addie beobachtete, wie Clemmie Frederick von den Canapés anbot, und der Ausdruck der ungeheuren Liebe in seinem Gesicht zerriss ihr beinahe das Herz. Er beugte sich mühsam hinunter, um sich einen Käsewindbeutel von der Platte zu nehmen. Er konnte den Enkelkindern nie etwas abschlagen.
    Er war alt geworden. Wann hatten sich diese Linien so tief in seine Züge eingegraben? Wann hatte sein Rücken angefangen, sich so zu krümmen? Wann war sein Gesicht so welk geworden? Sie hatte diese Anzeichen des Alters nie vorher bemerkt. Erst jetzt, da Tonys Tod seinem Schritt die Sicherheit genommen und das Lächeln von seinem Gesicht gelöscht hatte, fielen sie ihr auf. Es war, als blickte man in einen Zerrspiegel. Auf der einen Seite war der Frederick, den sie in Erinnerung hatte, ewig einundzwanzig, ein junger Mann in Abendkleidung, der eine Maus in den Händen hielt. Auf der anderen dieser alte Mann, gekrümmt und hager, von einem krampfartigen Husten geplagt, der nicht weichen wollte. Sie hatte versucht, ihn zum Arzt zu schicken, doch er hatte behauptet, es sei nichts, der Husten werde schon weggehen. Doch er hustete immer noch, lange, schlaflose Nächte hindurch.
    Über Nacht waren sie alt geworden, wahrhaft alt. Unvorstellbar, dass Bea, wenn sie am Leben geblieben wäre, jetzt auch alt wäre. Addie erinnerte sich noch, welch panische Angst Bea im reifen Alter von achtundzwanzig Jahren davor gehabt hatte, ihre Jugendfrische zu verlieren. Vielleicht war es gut, dass sie davor bewahrt geblieben war, ihre Züge erschlafft und ihren Körper von Fehlgeburten erschöpft zu sehen, erleben zu müssen, dass ihre Kinder vor ihr starben, eine Qual, die kaum zu ertragen war.
    In den langen glücklichen Jahren hatte Addie oft Mitleid mit Bea verspürt, weil ihr alles genommen worden war – Mitleid und eine leise Furcht, als könnte sie, wenn sie nicht achtgab, bei einem Blick über die Schulter unversehens Bea hinter sich bemerken, die ihr folgte, um ihren Tribut zu fordern, den Preis für die vielen Jahre des Glücks, für den Mann und die Kinder, die Addie ihr gestohlen hatte.
    War Teddy der Preis?
    Absurd. Solche direkten Entsprechungen gab es nur in viktorianischen Märchen, ein Kind für ein Kind, ein Verlust für einen Verlust. Und trotzdem schien es erschreckend stimmig. Sie hatte sich immer so um Teddy geängstigt in all den Jahren, bis sie ihre Familie von Nairobi nach New York gebracht hatte, hatte immer Angst um Teddy gehabt, sich um seinen Platz im Leben gesorgt. Sie hatte sich manchmal so schuldig gefühlt, weil sie froh war, dass ihre Cousine tot war, ihre Cousine, die Addie einmal mehr als jeden anderen auf der Welt geliebt hatte. Sie hatte sich schuldig gefühlt, als sie nur einen panischen Schrecken bekommen hatte, als Anna in Nairobi im Basar plötzlich Beas Namen gerufen hatte. Addie hatte sich geweigert, die Möglichkeit, dass Bea noch lebte, auch nur einen Moment in Betracht zu ziehen. Sie hatte Augen und Ohren verschlossen – alles für Teddy,

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