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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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einem Ton, der Clemmie frösteln machte.
    «Ich war damals zu klein, um etwas zu unternehmen. Mein Vater und Addie hatten das letzte Wort.» Tante Anna starrte an Clemmie vorbei in weite Fernen. «Aber ich wusste immer, dass meine Mutter noch lebt. Später habe ich nach ihr gesucht.»
    «Und, hast du sie gefunden?», fragte Clemmie.
    «Nein.» Tante Anna drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus. «Nein, ich habe sie nicht gefunden.»

Kapitel  26
New York, 1971
    D anke, das ist sehr freundlich von Ihnen.»
    Wenn nur noch eine Person ihr beteuerte, wie leid es ihr tue, würde Addie anfangen zu schreien. Sie würde schreien und schreien, bis die Porzellanfiguren auf dem Kaminsims in Stücke sprangen und das Glas in den Fenstern splitterte und der Wind aus dem Park durch die leeren Rahmen pfiff.
    Ihr Sohn war tot. Ihr Kind. Was war daran recht oder gerecht? Er war an einem Herzinfarkt gestorben, hatte man ihr gesagt, in der U-Bahn. Eben hatte er noch mit seinem Aktenkoffer und seinen Papieren auf der Bank gesessen. Im nächsten Moment hatte er auf dem Boden gelegen und keuchend um Hilfe gerufen, die nicht gekommen war.
    Warum Teddy? Er war eines der strahlenden Geschöpfe des Lebens gewesen, gutherzig, fast zu gutherzig, offen und liebenswürdig. Zugegeben, er hatte eine Frau von erschütternder Niveaulosigkeit geheiratet, aber an so etwas starb man nicht. Von Langeweile bekam man keinen Herzinfarkt. Er war ein großer, robuster und herzlicher Mensch gewesen, der gern einmal ein Glas trank, aber ebenso gern Golf und Tennis spielte. Er hätte sie alle überleben müssen.
    Hatte es in ihrer Familie je Herzprobleme gegeben? Addies Herz schlug noch stark und kräftig, auch wenn es sich anfühlte, als wäre es für immer gebrochen. Über ihre Eltern konnte sie nichts sagen, denn sie waren zu früh gestorben. Sich vor Augen zu führen, dass diese beiden, die in ihrer Vorstellung immer alt gewesen waren, bei ihrem Tod jünger gewesen waren als Teddy. Es überlief sie kalt, wenn sie daran dachte, dass sie älter war, als ihre Eltern geworden waren, älter, als ihr Sohn je werden würde, ihr Sohn, ihr Sohn, ihr einziges Kind.
    «Wenigstens werden Sie immer eine Erinnerung an ihn haben», sagte die besonders dümmliche Frau von Addies Börsenmakler mit sentimentalem Blick zu Teddys Kindern, die brav an der Seite ihrer Mutter standen: die Mädchen in adretten schwarzen Kleidern, Ed in einem schwarzen Anzug, der zu kneifen schien.
    «Ja», sagte Addie. «Sie sind ein großer Trost.»
    Sie erinnerten sie überhaupt nicht an Teddy. Sie waren Pattys Kinder. Addie hatte Patty nie gemocht.
    Sie mochte sie auch jetzt nicht, obwohl man hätte meinen sollen, wenigstens die Trauer würde sie verbinden. Doch Pattys Gejammer hatte Addie nur maßlos gereizt, kein Wort über Teddy, über den Verlust, den der Tod ihm zugefügt hatte, nur Selbstmitleid: wie sollte sie jetzt weiterleben, wo Teddy tot war? Addie hatte ihr mechanisch die Hand getätschelt und ihr egoistisches Geschrei, ihr unablässiges ‹Ich, ich, ich› ausgeblendet. Welch egoistischer Schmerz.
    Doch ihr eigener Schmerz war wahrscheinlich auch egoistisch. Jeder Schmerz war letztlich egoistisch.
    Sie trauerte um all das, was Teddy hätte erleben können und nicht mehr erleben konnte: Nie würde er seine Enkel auf den Schoß nehmen können, nie wieder würde er auf dem Tennisplatz den Ball schlagen, nie wieder würde er die Sterne leuchten sehen. Sie trauerte um die Kinder, die nie gelebt hatten, die kleinen Geschwister, die Teddy nie kennengelernt hatte. Zwei waren es gewesen, eins kurz nach dem anderen, noch kaum ausgebildet, noch nicht einmal als kleine Menschen erkennbar, zu früh geboren für Grabsteine, kleine Bündel, die aus dem Haus getragen und im Garten beerdigt wurden. Teddy hatte man nur gesagt, dass Mami krank sei. Er hatte auf ihrer Bettkante gesessen und ihr in seiner Kindersprache etwas erzählt, während sie versucht hatte, ihn die Tränen nicht sehen zu lassen, die ihr über das Gesicht liefen.
    Nach der letzten Fehlgeburt hatten die Ärzte in Nairobi ihr eröffnet, sie könne keine Kinder mehr bekommen. Sie hatte Frederick gesagt, es mache ihr nichts aus. Drei seien mehr als genug. Sie hätten ja ihre zwei Mädchen und einen kleinen Jungen.
    Ihre zwei Mädchen. Sie hatten stets sorgsam darauf geachtet, alle drei Kinder gleich zu behandeln. Jedenfalls hatten sie es versucht. Frederick kostete es keine Anstrengung, denn er liebte sie alle gleich, seine Kinder,

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