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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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um Teddys willen.
    Doch Teddy war tot.
    Sie fragte sich, wie Bea jetzt aussehen würde, welche Zeichen das Leben in ihrem Gesicht hinterlassen hätte, Zeichen der Freude, des Kummers, all dessen, was dazwischenlag. Hätte sie mit der Zeit zu sich selbst gefunden? Wäre sie ruhiger geworden? Hätte sie die Tollkühnheit der Jugend abgelegt? Oder wäre sie den gleichen Weg gegangen wie so viele ihrer Freundinnen und hätte sich immer jüngere Liebhaber genommen, wäre zu einer Frau geworden, deren Eleganz nur noch Schminke und Illusion war, abhängig von den Drogen, die früher nur ein Zeitvertreib gewesen waren?
    Es war natürlich alles nur Spekulation. Bea war jetzt seit vierundvierzig Jahren verschwunden, drei Jahre länger, als Teddy gelebt hatte.
    Doch Addie musste selbst nach dieser langen Zeit immer wieder an den Aufschrei des Kindes in dem Basar in Nairobi denken und an einen verlorenen Schuh, der nicht blau, sondern grün hätte sein müssen.

New York, 2000
    C lemmie wartete vor dem Fakultätsbüro in der Fayerweather Hall und tat so, als interessierte sie sich für die Aushänge, die unter anderem ein Geschichte-Pictionary für Studenten im Hauptstudium anboten, Tutorenkurse für niedrigere Semester und zehn Dollar pro Sitzung für jeden, der bereit war, an irgendeinem Psycho-Experiment teilzunehmen.
    In ihrer festen Jeans und dem dicken Pulli kam sie sich wie verkleidet vor. Alle, ob Mann oder Frau, schienen hier in Einheitsuniform herumzulaufen, Jeans und Sweatshirt: die Frauen mit unordentlich hochgezwirbelten Haaren, die Männer zum Teil mit Spitzbärtchen, wie sie gerade angesagt waren. Eine gehetzte Studentin höheren Semesters, ganz in Schwarz, rannte mit einem Kaffeebecher in der Hand und einem Stapel Papiere im Arm an ihr vorbei. Es war ein Wunder, wie sie es schaffte, den Kaffeebecher geradezuhalten und gleichzeitig mit ungefähr fünfzig Essays zu kämpfen.
    Die Tür zum Büro stand einen kleinen Spalt offen, gerade so weit, dass sie die Stimmen von drinnen hören konnte, eine davon jung und unglücklich. Auf dem Schild an der Tür stand: JONATHAN SCHWARTZ . Und darunter, kleiner,
Associate Professor
.
    Die Tür öffnete sich weiter, und eine noch sehr junge Studentin mit einem L. L.-Bean-Rucksack über einer Schulter kam heraus. Sie ging an Clemmie vorbei, ohne sie zu beachten. Mit den Blockabsätzen ihrer Loafer schlurfte sie den Korridor entlang.
    Clemmie wartete, bis sie ein Stück weg war, bevor sie an die Tür klopfte.
    «Herein», sagte Jon. Seine Stimme klang sehr autoritär, überhaupt nicht nach Jon.
    Es war kein großes Büro. Das Mobiliar schien vor allem aus Büchern zu bestehen, die, so wirkte es, planlos in den Regalen gestapelt waren, manche in Plastikeinbänden, andere in den vergilbten Kunstledereinbänden früherer Ausgaben. Jon saß mittendrin an einem großen Schreibtisch mit einem Haufen Papiere vor sich. So umgeben von seinem Handwerkszeug und mit der Brille auf der Nase ähnelte er mehr denn je Indiana Jones. Natürlich ohne den Hut und die Peitsche.
    «Kommen Sie rein und setzen Sie sich», sagte er mit monotoner Stimme, während er sich eine letzte Notiz machte. Dann hob er den Kopf, und sein Gesichtsausdruck änderte sich. «Clemmie! Hey!» Er schien sich zu freuen, dachte sie. Er sprang auf und winkte sie heran. «Geht es um die Note, die ich Ihnen auf Ihre Zwischenprüfungsarbeit gegeben habe?»
    Clemmie schob mit dem Stiefel einen Stapel Bücher aus dem Weg. «Ist es schon Zeit für die Zwischenprüfungen?»
    «Wir sind mittendrin.» Jon kam hinter dem Schreibtisch hervor, um die Tür zu schließen und Bücher von einem Sessel zu räumen. «Sie haben heute Morgen die Noten bekommen. Seitdem werde ich hier mit einer interessanten Mischung aus Drohungen und Schmeicheleinheiten belabert.»
    «Schmeicheleinheiten?», sagte Clemmie. «Cooles Wort. Und lässt du dich von irgendwas erweichen?»
    Jon grinste. «Die Flasche Wein war ganz verlockend, aber dann hatte ich Angst, dass man das bei den Beförderungsgesprächen gegen mich verwenden würde.»
    Clemmie drehte ohne sonderliches Interesse ein Blatt Papier auf Jons Schreibtisch um, den Ausdruck einer Buchbesprechung aus einer Zeitschrift namens
Past & Present
. «Welche Note hast du ihm gegeben?»
    «Keine gute.»
    «Gemein.»
    «Er hatte nichts Besseres verdient, glaub mir.» Jon beugte sich ein klein wenig zu eifrig über den Schreibtisch. «Bitte. Setz dich doch. Kann ich dir irgendwas Gutes tun? Möchtest du was

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