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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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aufgeregt. Jetzt gerade wäre es angenehm gewesen, jemanden dicht neben sich zu haben und seine Wärme zu teilen.
    Vielleicht hätte sie Dan heiraten sollen.
    Vielleicht hatte sie ja alle ihre Chancen verbraucht. Vielleicht war er ihr letzter Mann überhaupt gewesen. Clemmie wälzte sich auf die Seite und fröstelte, als sie eine kalte Stelle berührte. Wirklich geliebt hatte sie ihn zwar nicht, aber sie hatte ihn gerngehabt. In einer kalten Nacht allein in einem schmalen Bett war es leicht, sich zu sagen, mit einem Mann zusammen zu sein, auch wenn es der falsche war, sei besser als gar niemanden zu haben.
    Sie schob den Kopf tiefer ins Kissen. Fröstelnd fiel sie in einen unruhigen Schlaf, in dem Bilder von Dan sich mit dem fernen Gesicht der Frau auf dem Bild in Grannys Nachttischschublade vermischten.

London, 1919
    I hre Mutter hielt sie auf, als sie zur Toilette wollte.
    Bea entschuldige sich mit einem gequälten Lächeln und verdrehten Augen bei Camilla und Mary. «Ja, Mutter?»
    Ihre Mutter bedeutete ihr, mit auf die Seite des Saals zu kommen. Ihr eisernes Lächeln der Höflichkeit war ungetrübt, beinahe so starr wie ihre Haltung, doch ihre Stimme verriet, dass ihr nicht nach Lächeln zumute war. «Hast du eben Rivesdale einen Korb gegeben, als er dich aufgefordert hat?»
    Ja, das hatte Bea getan, und zwar ganz bewusst, doch sie glaubte nicht, dass es ihrer Mutter gegeben war, die Feinheiten ihrer großartigen Flirt-Strategie zu schätzen. «Topper Bingham ist mir auf die Schleppe getreten. Ich muss sie wieder hochstecken.»
    Ihre Mutter war nicht besänftigt. «Pass nur auf, dass du Rivesdale nicht verprellst», warnte sie. Nach einem Blick in die Runde tat sie die Sprösslinge ihrer adeligen Freunde mit einem geringschätzigen Naserümpfen ab. «Etwas Besseres wirst du nicht finden.»
    Ach, diese liebevollen mütterlichen Worte, die einem das Herz bis ins Innerste erwärmten. Bea streckte sich wohlig, Brust heraus, Schultern zurück. «Aber vielleicht etwas Schlechteres.»
    «Beatrice», sagte ihr Mutter scharf.
    «Ja, Mutter.» Es war einfacher nachzugeben, als mit ihr zu streiten. Gott, wäre jetzt eine Zigarette schön, aber ihre Mutter war strikt gegen Rauchen. Sie wäre entsetzt, wenn sie wüsste, dass Bea rauchte.
    Aber na ja, Mutter war dieser Tage praktisch nur noch entsetzt, seit der Krieg die Welt aus den Fugen gerissen, eine ganze Generation heiratsfähiger junger Männer beinahe ausgelöscht und die alten Regeln und Gebote gelockert hatte. Aber nur bei den anderen. Mutter selbst blieb unbeugsam. In ihr Korsett eingeschnürt wie Queen Mary, machte sie die Runde der immer selben Salons in den immer selben Häusern und tat so, als bemerkte sie die Lücken, den grellen Lippenstift, die neumodische Musik gar nicht. Wenn sie es nicht zur Kenntnis nahm, war es nicht da. Die neuen Moden ließen sie kalt. Jazz, das war diese ‹Katzenmusik› in irgendwelchen Nachtlokalen, in denen sich die missratenen Kinder anderer Leute herumtrieben.
    Sie wollte nichts davon hören, dass Bea einen Beitrag zu den allgemeinen Kriegsanstrengungen der Bevölkerung leistete. Das war etwas für die Töchter anderer Leute, die aus weniger guten Familien stammten und deren Heiratsaussichten trüber waren. Auf die Neuigkeit, dass die Tochter der Herzogin von Rutland sich zur Krankenpflegerin ausbilden ließ, hatte sie mit Schauder und Entsetzen reagiert. Mit den falschen Leuten verkehren, sich mit fremden Männern abgeben, sich Infektion aussetzen – niemals.
    Stattdessen hatte sich Addie gemeldet. Addie war entbehrlich. Das hatte ihre Mutter zwar nicht direkt gesagt, aber Bea wusste, dass sie es dachte. Wenn Addie derbe Ausdrücke von den Soldaten übernahm oder sich mit der Spanischen Grippe ansteckte, so war das nicht schlimm. Von ihr erwartete schließlich keiner, dass sie durch eine vornehme Heirat die Familienehre hochhielt. Auch Dodo hatte mit angepackt, verwundeten Soldaten Kompressen aufgelegt, sie aufgemuntert und ihnen zugeredet wie kranken Pferden, unermüdlich und immer gut aufgelegt. Dodo hatte in den Krankenzimmern mehr Beliebtheit genossen als je in einem Ballsaal. Sie hatte eine ganze Anzahl von Heiratsanträgen bekommen. Die meisten waren indiskutabel. Doch einige überraschenderweise nicht.
    Wer hätte gedacht, dass Dodo den Sohn eines Grafen an Land ziehen würde? Eines irischen Grafen, aber doch eines Grafen. Er war ein jüngerer Sohn, als Dodo ihn sich angelte, aber eine wohlplatzierte Bombe hatte das

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