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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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Jon.
    «So ziemlich das Gleiche wie du.» Clemmie streckte sich nach der Schminktasche, die auf dem obersten Bord ihres Badezimmerregals lag.
    «Ach?» Jons Ton war bemüht neutral.
    «Sie hat mir ein Bild von der ganzen Bande in Ashford Park gezeigt.» Der Name war ihr immer noch fremd, so fremd wie die Vorstellung, dass Granny einmal dort gelebt hatte, Welten von einem popligen kleinen Apartment in New York entfernt. «Wer kommt auf die Idee, ein Kind Dodo zu nennen? Das ist ja schlimmer als Clementine.»
    «Ja, sie hatten komische Spitznamen», stimmte Jon zu. «Das gehörte zu dem ganzen Getue dazu, diesem Dünkel der Exklusivität. Sie kreierten ihre eigene Sprache und änderten sie, sobald es den Anschein hatte, als zöge der Pöbel nach.»
    «Darüber schreibst du?» Sie zupfte an der Schminktasche, und der Stapel Waschlappen daneben geriet ins Rutschen. Hastig schob sie ihn wieder zurück.
    «Unter anderem.» Das klang entschieden ausweichend.
    «Hey, keine Sorge, ich habe nicht vor, dir deine Ideen zu klauen.» Der Stoß Waschlappen rutschte ihr langsam, aber sicher entgegen. Verdammt. Clemmie knallte den Stapel auf den Toilettendeckel. Sie würde ihn später hochlegen. «Ich hatte nur keine Ahnung, dass du dich, na ja, mit solchen Themen beschäftigst.»
    Sie hatte sich nie weiter Gedanken darüber gemacht. Sie besaß ein Exemplar von Jons erstem Buch, unberührt und ungeöffnet, ein Weihnachtsgeschenk von Tante Anna. Natürlich signiert. Der kleine Aufkleber mit der Aufschrift
Vom Autor signiert
vorn auf dem Einband war der Beweis. Den Titel wusste sie nicht mehr, und auch nicht, wo sie das Buch hingelegt hatte.
    «Ist schon okay», sagte Jon trocken. «Du hast ja immer so viel zu tun.»
    «Ja, natürlich, aber …» Wieso gingen ihr diese Worte plötzlich auf die Nerven? Sie benutzte sie, weiß Gott, oft genug. Doch sie jetzt von einem anderen vorgehalten zu bekommen, war ihr unangenehm. Spontan sagte sie: «Würdest du mir einen Gefallen tun? Du bist doch den Rest der Woche noch hier, nicht?»
    «Was für einen Gefallen? Werde ich ihn hinterher bedauern?»
    «Ha, wer denkt denn hier wie ein Anwalt?», stichelte Clemmie. «Keine Angst, es ist ganz harmlos. Würdest du mal nach Granny sehen? Sie war heute viel besser drauf, aber … ich weiß nicht.»
    «Kein Problem», war alles, was er sagte, doch mit so viel ruhiger Selbstverständlichkeit, dass Clemmie sich gleich tausendmal besser fühlte.
    Komisch war das manchmal im Leben. Wenn ihr vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, sie würde einmal bei Jon Unterstützung suchen, hätte sie ihn für verrückt erklärt.
    Sie stopfte die Schminktasche in eine Ecke des Koffers und streckte ihren schmerzenden Rücken, als sie sich aufrichtete.
    «Danke, Jon. Ehrlich. Es ist gut, dass du wieder hier bist.» Schweigen. Peinlich. Clemmie hob die Stimme und sagte scherzhaft: «Nur ein Bruder wäre besser als du.»
    Einen Moment blieb es still, dann prustete er ins Telefon. «Und was sagt das über deine richtigen Brüder?»
    «Die hat mein Vater abbekommen seit der Scheidung», erwiderte Clemmie. «Ich wollte nicht …»
    «Schon okay, Clem.» Clemmie wurde rot bei dem Spott in seiner Stimme, der trotz des Knisterns in der Leitung ihres launischen Telefons deutlich zu hören war. «Ich habe nicht vor, jedes Mal in Tränen auszubrechen, wenn jemand von Scheidung spricht.»
    «Das ist mir schon klar. Auf jeden Fall vielen Dank, dass du für mich nach Granny Addie schaust.»
    «Hör auf, mir zu danken. Ich hätte sowieso nach ihr gesehen.»
    Und das stimmte wahrscheinlich. «Gut polieren, den Heiligenschein, Jon.»
    «Das habe ich vor. Schlaf gut.»
    «Du auch», sagte Clemmie und legte auf.
    Bravo, heiliger Jon, Schutzpatron der Großmütter. Was besagte es, dass er ein besserer Enkel war als sie, obwohl er ja nicht einmal ein Blutsverwandter war.
    Abgesehen von jener einen Bemerkung neulich hatte Jon ihr nie etwas über seine Großeltern erzählt. Er redete nicht viel von seiner Familie. Er hatte sich die meiste Zeit an ihre gehalten. Zum ersten Mal fragte sich Clemmie, wie man sich fühlte, so am Rand einer Familie, zu der man eigentlich nicht gehörte?
    Wie Granny Addie damals in Ashford. Nur ohne das ganze aristokratische Brimborium.
    Clemmie war sechs gewesen, als Tante Anna Jons Vater geheiratet hatte. Sie war zu jung, um Jon anzuschwärmen, doch alt genug, um ihn als unwillkommenen Konkurrenten im Familienkreis zu sehen. Bis dahin war Clemmie das einzige

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