Ashford Park
Perlenvorhang gehabt. Die Haken steckten noch in der Zimmerdecke. Sie sahen aus wie eine übertriebene Kunstinstallation. Clemmie hatte sich nie die Mühe gemacht, sie entweder zu entfernen oder etwas an ihnen zu befestigen. Manchmal hängte sie an ihnen ihre Wäsche zum Trocknen auf.
Im Erker hatten nur ein Einzelbett und eine schmale Kommode Platz. Das übrige Leben spielte sich im Wohnzimmer ab. Dort gab es immerhin eine Couch, ein Bücherregal und einen Tisch, der eigentlich als Spieltisch gedacht war, je nach Bedarf aber zu Küchen-, Ess- oder Schreibtisch umfunktioniert wurde. Er diente als Ablage für Schriftsätze, Akten, Post und diverse andere Dinge, die keinen festen Platz hatten.
Ihr Anrufbeantworter blinkte. Er hatte vier Nachrichten für sie. Alle von Dan.
Ach, verdammt. Sie hatten ihr in der Kanzlei gesagt, dass er angerufen hatte, aber sie war mit Arbeit zugeschüttet gewesen. Hm, genau darüber hatte er sich jedes Mal beschwert, wenn sie zusammen waren. Dass sie sich niemals Zeit für ihn nahm.
Welche Zeit? Wann denn?
Sie lag schließlich nicht irgendwo am Strand faul in der Sonne. Nicht jeder konnte sich seinen Lebensunterhalt damit verdienen, dass er mit Leuten, die in Einsen und Nullen kommunizierten, regelmäßig Football spielte.
Lieber Gott. Sie wäre bestimmt nicht so gehässig, wenn sie nicht das dumpfe Gefühl hätte, dass er recht hatte. Sie hatte sich keine Zeit für ihn genommen. Vielleicht weil sie gar nicht gewollt hatte, vielleicht weil sie
ihn
in Wirklichkeit gar nicht gewollt hatte.
Was war sie nur für ein Mensch?
Sie zog gerade ihren Koffer unter dem Bett hervor, als das Telefon wieder läutete. Einen Moment hielt sie inne, dann ließ sie den Anrufbeantworter annehmen. In der jetzigen Stimmung würde sie Dan entweder komplett fertigmachen oder ihn anbetteln, zu ihr zurückzukehren. Beides war nicht gut.
«Hallo, Clemmie, Jon hier. Ich wollte dir nur sagen, dass ich eine Wohnung gefunden habe. Nächste Woche fahre ich noch mal nach Greensboro und bin dann ab …»
Clemmie hob ab. «Hallo?»
«Oh, hi.» Im Hintergrund arbeitete der Anrufbeantworter brav weiter. «Ich wusste nicht, dass du zu Hause bist.»
«Ich wollte erst hören, wer es ist. Wegen Dan.»
«Ende der Nachricht», verkündete der Anrufbeantworter.
«Ah ja», sagte Jon. «Wie schon gesagt, ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich ab zwanzigsten Dezember wieder in New York bin.»
Clemmie klemmte sich den Telefonhörer zwischen Kopf und Schulter und begann, Blusen in ihren Koffer zu legen. «Musst du nicht irgendwo unterrichten?»
«Ich habe dieses Semester ein Sabbatical.»
Sabbatical oder Scheidungsurlaub? Sie war vertraut genug mit dem Universitätsbetrieb, um zu wissen, dass man so ein Sabbatical lange im Voraus beantragen musste.
«Macht es das leichter oder schwerer?», fragte sie.
Er brauchte nicht nach einer Erklärung zu fragen, was sie damit meinte. «Leichter», sagte er, «weil ich dann den Rest des Jahres nicht mehr nach Greensboro muss. Aber ganz allgemein? Schwerer?»
«Wann fängst du wieder an zu unterrichten?» Clemmie ging zur Kommode. Abflug Mittwoch, Ankunft Donnerstag. Das hieß, sie brauchte Unterwäsche für die Zeit von Donnerstag bis einschließlich Sonntag.
«Im nächsten Semester. Aber nur einen Kurs. Ich arbeite im Moment an einem Buch.
Niedergang und Fall
– Fragezeichen.
Der englische Adel nach dem Ersten Weltkrieg
.»
«Knackiger Titel». Sie ließ die praktische weiße und beige Unterwäsche liegen und griff nach einem Spontankauf: Pinkfarbene Seide mit Spitzenbesatz. Warum nicht?
«Hab ich von Evelyn Waugh.»
Sie ließ die Unterwäsche in den Koffer fallen und holte einen Schlafanzug. «Wenn du schon auf Waugh zurückgreifst, dann wär
Brideshead aufgewärmt
doch gut.»
Sie hörte Jon von irgendetwas abbeißen und kauen. Ihr Schlafanzug war aus Flanell und mit wolligen rosa Schafen bedruckt. Sie warf ihn in den Koffer. «Du schreibst also wirklich über Grannys Leute?»
«Und du glaubst wirklich nicht, dass ich mir das ausgedacht habe?»
Clemmie stieß den Koffer zur Seite, um an ihm vorbei ins Bad gehen zu können, wo in den Fugen zwischen den Kacheln befremdliche Kulturen wucherten. Wenn sie es als Anwältin nicht schaffte, konnte sie vielleicht ihr Badezimmer an die Wissenschaft verkaufen.
Sie machte Licht und bemühte sich, die Seifenablagerungen am Waschbecken zu übersehen. «Ich war direkt an der Quelle.»
«Und was hat sie dir erzählt?», fragte
Weitere Kostenlose Bücher