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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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der an ihrem Tisch stand und ein Gesicht machte, als wäre er lieber anderswo. Clemmie konnte ihn verstehen. Sie wäre auch lieber anderswo gewesen.
    «Miss Evans?» Er vermied es, Paul anzusehen. «Sie haben einen Anruf. Aus den USA .»
    Clemmie schob ihren Stuhl zurück. «Es geht wahrscheinlich um die Sache Cremorna.» Auch darin unterschieden sich echte Anwälte von ihren falschen Kollegen im Fernsehen. Sie sprachen nicht von einem ‹Fall›, sondern von einer ‹Sache›. Sie ließ ihre Serviette auf ihren Stuhl fallen und sah Paul an. «Entschuldigen Sie mich einen Moment.»
    «Hm», machte Paul, der eifrig nur mit den Daumen auf seinem BlackBerry tippte. Wahrscheinlich versuchte er, Gordon zu besänftigen, indem er mitteilte, er habe die beanstandete Kollegin gebührend zurechtgewiesen, und fragte, ob Gordon auf eine Runde Golf am Sonntag Lust habe.
    «Soll ich für dich bestellen?», fragte Harold mit einem vorsichtigen Blick zu Paul.
    «Das ist nett, danke. Ich nehme den schottischen Lachs.» Sie schob den unter dem Stuhl hervorragenden Tragegurt ihrer Computertasche zur Seite, um nicht darüber zu stolpern, und wandte sich dem Marquis zu. «Danke, dass Sie gewartet haben.»
    «Folgen Sie mir.» Er ging ihr voraus zum Foyer. Mit gesenkter Stimme sagte er: «Gehe ich richtig in der Annahme, dass das eine willkommene Störung war?»
    «Absolut», bestätigte Clemmie.
    Bis sie zum Tisch zurückkam, würde Paul so viel von seinem Sancerre getrunken haben, dass er milderer Stimmung sein würde. Sie arbeitete seit mehr als einem Jahr direkt unter Paul und wusste, dass er zwar leicht in Rage geriet und auch ausfällig werden konnte, doch meistens zog das Gewitter schnell wieder ab. Einen Tacker hatte er nach keinem mehr geworfen, seit ihm der Betroffene im zweiten Jahr mit einer Klage gedroht hatte.
    «Nochmals vielen Dank. Sie retten mich heute schon das zweite Mal.» Einem plötzlichen Verdacht folgend, fragte sie: «Ist wirklich ein Anruf für mich da?»
    «Ja», sagte er entschuldigend. Irgendwie hörte sich alles, was er sagte, halb entschuldigend an, auf eine selbstironische Art, die Clemmie fremd war. «Möchten Sie den Anruf hier am Empfang entgegennehmen, oder soll ich ihn auf Ihr Zimmer legen lassen?»
    Drei Stockwerke hoch? «Nein, lassen Sie nur, ich kann hier telefonieren. Es geht sicher schnell.»
    Der Kollege im vierten Jahr, der während ihrer Abwesenheit die Sache Cremorna betreute, neigte zur Nervosität. Er rief wahrscheinlich nur an, um zu fragen, ob er alles richtig gemacht und die i-Tüpfelchen auch an die richtige Stelle gesetzt habe.
    «Wie Sie wünschen», sagte der Marquis galant. Er hörte sich ein wenig an wie Wesley in
Die Braut des Prinzen.
Clemmie fragte sich, ob er es darauf anlegte. Wahrscheinlich nicht.
    Spontan sagte sie: «Ich muss das jetzt mal fragen. Was war denn mit meiner Großtante soundsovielten Grades? War es Kindbett?»
    «Kindbett?» Stirnrunzelnd schaute er unter einer nach vorn gefallenen braunen Haarsträhne zu ihr hinunter. «Ich verstehe leider nicht ganz …»
    «Ich meine, wie ist sie gestorben? Die Frau auf dem Porträt.» Es klang ziemlich krass, so formuliert. Aber aus irgendeinem Grund kam sich Clemmie im Umgang mit Engländern immer krass vor, krass und schreiend amerikanisch. Ihre Mutter verstand es, das auszunutzen. «Sie haben doch gesagt, dass sie nur zwei Jahre verheiratet waren.»
    «Ach so.» Der Marquis lachte. «Das stimmt, aber sie ist nicht gestorben. Jedenfalls damals nicht.»
    Clemmie war verwirrt. «Dann …»
    «Sie ist nicht gestorben. Sie ist mit einem anderen Mann durchgebrannt.»

Kapitel  11
London, 1920
    V ölliger Blödsinn», sagte Frederick.
    «Finden Sie?» Addie schaute ihn unter ihrem Hut hervor an, während sie versuchte, eine Nadel herauszuziehen, die in ihren Haaren festhing.
    Sie waren gerade von einem Vortrag in der London Literary Society zurück, und sie hatte es gewagt, ihn noch zu einem Glas ins Rivesdale House einzuladen. Sie war immer noch erstaunt und aufgeregt, wenn sie daran dachte, dass er hier neben ihr in Beas Eingangshalle stand, dass er sie zu einem Vortrag begleitet hatte und sie ihn jetzt in Gedanken Frederick nannte und nicht mehr Mr. Desborough.
    In den letzten Monaten war es ihnen zur Gewohnheit geworden, gemeinsam Diskussionen und Vorträge zu besuchen. Weitere Abendessen waren auf jenes erste spontane nicht gefolgt, dafür lange Spaziergänge im Park, Teestunden in einem Lyons bei steinhartem Gebäck,

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