Ashford Park
zurückkam.
«Und was für einen», sagte der Marquis. «Es gab eine Schlammschlacht vor Gericht, Scheidung wegen Ehebruchs. Die Leute haben vor dem Gerichtssaal Schlange gestanden, und die Zeitungen waren voll davon. Jedenfalls habe ich es so gehört.»
«Wow», sagte Clemmie. Und trotzdem war ihr Bild hängen geblieben. Clemmie würde die Engländer nie verstehen. «Das muss ich mir von meiner Großmutter genauer erzählen lassen.»
Sie fragte sich flüchtig, mit wem Grannys Cousine durchgebrannt war und ob sie mit dem neuen Mann glücklich geworden war. Irgendwie sah die Frau auf dem Gemälde so aus, so getrieben, als wenn Glück nicht zu ihrem Leben gehörte. Sie sah aus wie eine, die große Männer in den Untergang trieb, prächtiger Stoff für Romane und Gedichte, aber ungeeignet für ein glückliches Leben.
Dan hatte sie auch bezichtigt, ihn zu betrügen. Allerdings nicht mit einem anderen Mann, sondern mit der Kanzlei. Er sei es leid, nie zu wissen, wann er sie sehen würde, und immer an zweiter Stelle zu rangieren. Er hatte ihr eine dieser völlig idiotischen Fragen gestellt, nämlich: «Was ist dir eigentlich wichtiger?»
Wenn man sie stellen musste, hieß das wahrscheinlich, dass man die Antwort gar nicht wissen wollte.
«Wo ist das Telefon?», fragte sie.
Ihr Ton war offenbar brüsker als beabsichtigt, denn der Marquis wirkte leicht verunsichert. «Gleich hier», sagte er.
Sie befanden sich wieder im Foyer, wo sie sich angemeldet hatte. Es schien ihr Jahre her zu sein. Und jetzt musste sie sich immer noch mit Scott, dem nervösen Kollegen, auseinandersetzen, dann Paul beschwichtigen, danach oben, in ihrem Zimmer, einen Stapel Unterlagen durcharbeiten … Schon bei dem Gedanken daran hätte sie sich am liebsten irgendwo verkrochen, aber sie musste da nun einmal durch, es gab kein Pardon. Doch am Ende würde es sich lohnen. Sie würde Partnerin werden. Das sagte sie sich zumindest immer. Sie hatte sich nicht den Hintern aufgerissen, um es dann nicht zu schaffen.
Merk dir das, Dan.
«Pamela kümmert sich um Sie.» Der Marquis zeigte auf die junge Frau auf der anderen Seite des Empfangs. «Leitung drei?»
Die Frau nickte mit wippendem Pferdeschwanz, drückte auf einen Knopf und reichte Clemmie den Hörer.
Clemmie legte eine Hand über die Sprechmuschel. «Danke», sagte sie, zum Marquis gewandt. «Tut mir leid, dass ich Sie mit dieser Cousinengeschichte belästigt habe.»
Er lächelte flüchtig.
Clemmie drückte den Hörer ans Ohr. Zurück ins Leben.
«Clementine Evans», meldete sie sich kurz.
«Hallo?», rief jemand am anderen Ende. Es war eine Männerstimme, aber nicht die von Scott. «Clemmie?»
Es raschelte und knisterte in der Leitung. «Hallo?», sagte sie. «Wer spricht denn da?»
Einen verrückten Moment lang glaubte sie schon, es wäre Dan, der sie bis nach England verfolgte. Obwohl das nicht zu ihm gepasst hätte.
«Jon hier.
Jon
. Kannst du mich hören?»
«So gerade eben», sagte Clemmie. Wieso rief er an? Sie stützte sich mit einem Ellbogen an den Empfangstresen. «Was ist denn los?»
Sie hörte ein Geräusch, das wie ein tiefer Atemzug klang, aber vielleicht war es einfach die schlechte Verbindung. «Tut mir leid, dass ich dich stören muss.» Seine Stimme klang viel tiefer, als sie wirklich war, und die Worte waren verschliffen. «Granny Addie ist im Krankenhaus. Im Mount Sinai.»
«Was?»
Im Hintergrund konnte sie Sirenengeheul hören. Die Leitung drohte wieder zusammenzubrechen. Sie hörte nur: «… Mutter … dort … hat gemeint … noch nicht anrufen.»
«Was meinst du mit ‹noch nicht›?», fragte Clemmie scharf. «Was sagen die Ärzte? Wie geht es ihr? Was ist überhaupt passiert?»
Als Antwort bekam sie einen unverständlichen Redeschwall.
Clemmie riss am Telefonkabel. «Jon. Jon. Ich kann dich nicht mehr hören.»
Es klang, als tobte im Hintergrund ein Orkan, Pfeifen und Knacken, als stürzten Bäume um.
«Clemmie?» Seine Stimme klang wie das Röcheln Darth Vaders. «Tut mir leid.»
Wieder war er weg. Es war absurd. Da konnten sie einen Mann auf den Mond schießen, aber eine anständige Telefonverbindung brachten sie nicht zustande. Sie wusste nicht, ob es an Jons Handy lag oder an den Satelliten. Es war ihr auch egal, sie wollte nur irgendetwas kaputt schlagen.
«Jon», schrie sie ins Telefon. «Jon? Wie schlimm ist es?»
«Warte.» Es klang beinahe klar. «Ich gehe woandershin.»
Clemmie saß wie auf Kohlen, wickelte sich das Kabel so fest
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