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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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jemals passieren.
    «Du rufst mich an, wenn sich etwas ändert?», drängte Clemmie. «Wenn Granny aufwacht oder …»
    «Ja, ja.» Ihre Mutter hielt hastig das Buch fest, das ihr vom Schoß zu rutschen drohte.
    «Ich bin bei Jon, wenn du mich brauchst.»
    «In Ordnung», sagte ihre Mutter und kehrte zu ihrem einsamen Wachdienst zurück.
    Granny Addie, in ihrem Krankenhausbett, blieb stumm.

London, 1920
    L iebes, was ist denn?» Bea holte Addie an der Garderobe ein.
    «Ich habe genug. Weiter nichts.» Addie kämpfte mit ihrem Mantel, stieß gewaltsam einen Arm in einen Ärmel und sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. «Ich
hasse
Nachtklubs. Ich geh nach Hause.»
    «Aber der Abend hat doch gerade erst angefangen.» Bea hielt Addie den Mantel. «Es ist dieser Desborough, stimmt’s? Was hat er getan?»
    «Nichts. Wirklich nicht, Bea. Er ist nur … ach, ich komme mir so dumm vor. Ich möchte nur nach Hause.»
    «Du fährst nicht allein mit dem Taxi.» Bea schnappte sich Geordie Pillbrook, der immer noch mit seinem unrechtmäßig erworbenen Feuerwehrhelm herumlief. «Meine Cousine fühlt sich nicht wohl. Sei nett und bring sie nach Hause, ja?»
    Wie die meisten Männer reagierte er brav auf direkte Befehle. Bei Marcus funktionierte das leider nicht mehr.
    Bea wollte nicht an Marcus denken. Es befriedigte weit mehr, sich für jemand anderen in die Schlacht zu werfen. Genau, sie war eine regelrechte … wie hieß diese Göttin gleich wieder? Die mit dem Brustpanzer und dem Speer, die sich so gut für hehre Standbilder eignete. Addie wusste es bestimmt.
    Was hatte dieser Schuft ihr angetan, dass sie so ein Gesicht machte?
    Frederick Desborough war nicht schwer zu finden. Mit einem Glas in der einen Hand und einer Zigarette in der anderen stand er lässig an eine Mauer gelehnt, die verkörperte Dekadenz. Rauch umwölkte sein Gesicht, als er an der Zigarette zog.
    «Welch ein erbauliches Bild britischer Männlichkeit», sagte Bea beißend. Sie nahm eine Zigarette aus ihrem Etui und schob sie in die Spitze. «Was haben Sie zu Addie gesagt? Sie sieht aus wie der wandelnde Tod. Wenn Sie sie verletzt haben, kratze ich Ihnen die Augen aus.»
    Er blickte zu ihren rotlackierten Fingerspitzen hinunter. «Die Nägel haben Sie dafür. Keine Sorge. Reine Güte hat mich zur Grausamkeit gezwungen.» Galant hielt er ihr sein Feuerzeug hin, wartete jedoch, bevor er es anknipste. «Das haben Sie doch alles eingefädelt. Sie haben nur auf diesen Augenblick gewartet.»
    «Im Augenblick», sagte Bea und schüttelte ihr kurzes helles Haar, «warte ich nur auf Feuer.»
    Das Flämmchen des Feuerzeugs flackerte im leichten Wind, und er hielt schützend die Hand darum. «Hören Sie auf mit diesen Spielchen. Wollen Sie wissen, was ich glaube?»
    Bea beugte sich zum Feuer hinunter. «Das werden Sie mir sicher so oder so sagen.»
    Er ließ das Feuerzeug zuschnappen und steckte es ein. «Ich glaube, Sie waren eifersüchtig.»
    Bea verschluckte sich am Rauch ihrer Zigarette und begann zu husten. Schnell tupfte sie sich die tränenden Augen, bevor das Kajal verschmierte. «Also wirklich, Mr. Desborough. Was bilden Sie sich ein.»
    Der Vorwurf rührte ihn gar nicht. «Nicht auf Addie», erklärte er, und ihr fiel auf, dass er die Worte ein wenig zu gewissenhaft bildete, zu genau artikulierte. «Auf mich. Es war noch nie jemand da, der Ihnen Addies Liebe streitig gemacht hat, nicht wahr?»
    «Sie machen sich lächerlich, Mr. Desborough», sagte Bea kalt. «Tun Sie mir einen Gefallen und gehen Sie jemand anders langweilen. Vorausgesetzt natürlich», fügte sie anzüglich hinzu, «Sie schaffen es, sich von dieser Mauer wegzubewegen, ohne lang hinzuschlagen.»
    Desborough lehnte sich wieder an die Mauer. «Keine Sorge. Sie haben gewonnen. Von mir ist nichts mehr zu fürchten. Ich habe mich höchst ehrenhaft ins Schwert gestürzt. Ich habe mein letztes bisschen Ritterlichkeit aufgeboten und sitze im Dunkeln.»
    Unverständliches Geschwafel. Bea fixierte mit hochgezogenen Brauen seinen leeren Becher. «Da hat sich wohl jemand etwas zu viel Adam and Eve zu Gemüte geführt.»
    «Sprechen Sie von der Erbsünde? Darin wate ich quasi. Oder vom Alkohol? In ihm auch. Wir leben in einer gefallenen Welt, und ich bin fest entschlossen, lang hinzuschlagen, bevor der Abend um ist.»
    «Lassen Sie sich von mir nicht stören», sagte Bea, aber anstatt zu gehen, musterte sie ihn neugierig. Die meisten Männer ihrer Clique waren unreife Jüngelchen, die

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