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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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wissen. Was ist passiert?» Beim letzten Wort versagte ihr fast die Stimme, als sich alle Ängste und Befürchtungen der letzten zehn Stunden Bahn zu brechen drohten.
    John drückte die Augen fest zu und öffnete sie wieder. Er sah Clemmie nicht an, sondern hielt den Blick auf die Windschutzscheibe gerichtet. «Donna hat sie neben dem Bett auf dem Boden gefunden», berichtete er mit tonloser Stimme. «Sie hatte sich den Kopf an der Kante der Nachttischschublade angeschlagen. Sie vermuten, dass sie etwas herausholen wollte und dabei das Gleichgewicht verloren hat und aus dem Bett gefallen ist.»
    «Aber es war doch nur ein kleiner Rums.» Doch noch während sie es sagte, wurde ihr klar, dass es für eine Frau von neunundneunzig Jahren so ein ‹nur› nicht gab.
    Jon schüttelte hilflos den Kopf. «Das ist alles, was man bis jetzt weiß. Sie halten es für möglich, dass sie einen Herzinfarkt hatte und dann gefallen ist, oder dass sie gefallen ist, sich den Kopf angeschlagen und dann einen Herzinfarkt bekommen hat. Wir wissen gar nichts.» Er schien genauso frustriert und zornig zu sein wie Clemmie. Dann fasste er sich und sagte hastig: «Aber sie tun, was sie können, Clemmie. Es ist ein gutes Krankenhaus. Und deine Mutter würde etwas anderes gar nicht akzeptieren.»
    «Hm», machte Clemmie. Ihre Mutter konnte die reinste Bulldogge sein, wenn sie wollte, absolut stur. Doch Clemmie ging anderes durch den Kopf. Sie stellte sich Granny Addie vor, wie sie hilflos neben ihrem Bett auf dem blassblauen geblümten Teppich lag, über ihr die offene Nachttischschublade mit dem Bild von Bea. «Wie lange hat sie dagelegen? Bevor Donna sie gefunden hat?»
    Jon nahm seine Brille ab und polierte die Gläser mit dem Saum seines Hemdes. Es war ein blau-gelbes Polohemd, das beinahe so mitgenommen aussah wie Clemmies Kostüm. «Es kann nicht länger als eine halbe Stunde gewesen sein», sagte er müde. «Donna schaut seit der Sache im letzten Sommer regelmäßig nach ihr.»
    «Nach was für einer Sache?» Clemmie fuhr so scharf herum, dass ihr Körper gegen den Gurt prallte.
    Hätte er jetzt gesagt ‹Weißt du das nicht?›, dann hätte sie ihm vielleicht eine runtergehauen. Doch er sagte: «Sie hat allein ferngesehen. Die Sendung hat ihr nicht gefallen, sie wollte die Fernbedienung nehmen und hat sich zu weit vornübergebeugt. Donna war in der Küche und hat das Essen gemacht, sie hat sie nicht gehört.» Er schlug verärgert mit der flachen Hand aufs Lenkrad. «Die Wohnung ist einfach viel zu groß.»
    «Kein Mensch hat mir was gesagt», beschwerte sich Clemmie. Jon, der in einem anderen Staat gelebt hatte, wusste es. Sie, gerade einmal vierzig Blocks entfernt, nicht.
    «Vielleicht hättest du fragen sollen.» Jon schaltete den Motor wieder ein. «Verdammt, das tut mir leid, Clemmie. Das war fies von mir. Aber …» Er suchte nach Worten. «Aber die letzten zwei Tage waren lang.»
    «Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.» Clemmie lehnte sich steif zurück und starrte zur Sonnenblende hinauf. Er hatte ja recht. «Ich schlaf jetzt mal eine Runde, okay?»
    «Clem …»
    «Alles in Ordnung», sagte sie schnell und hielt die Augen geschlossen. «Fahr einfach los.»
    Das BlackBerry an ihrer Hüfte brummte und brummte.

Kapitel  13
New York, 1999
    D u kannst nicht hierbleiben.»
    «Was?», fragte Clemmie verschlafen. Sie musste wieder einmal unter ihrem Schreibtisch eingeschlafen sein. «Ich wollte nicht … ich bin gleich …»
    Der Absatz ihres Schuhs scharrte über einen Fliesenboden, und sie wurde widerstrebend ganz wach. Ihr Mund war klebrig, und sie hatte Rückenschmerzen.
    Das war nicht ihr Büro. Sie brauchte einen Moment, um sich zu erinnern, wo sie war, verkrampft in einem unbequemen Sessel, in einem grauen Zimmer, dessen Neonbeleuchtung es nur noch grauer erscheinen ließ. Ein staubiger Weihnachtsstern stand auf einem Beistelltisch, und oben um den Fensterrahmen war Glitzerschmuck drapiert, der sich an einer Ecke gelöst hatte und traurig herunterhing. Auf dem Tisch neben dem Weihnachtsstern stand eine elektrische Menora, die nicht eingesteckt war. Eine Birne fehlte. Jemand hatte Engel und Schneeflocken aus Papier ans Fenster geklebt, aber das weiße Papier war schon schmutzgrau.
    Ihre Kontaktlinsen klebten in ihren Augenwinkeln. Als sie zwinkerte, sah sie zwei Jons, beide verschwommen.
    «Du hast geschlafen», sagte er überflüssigerweise.
    Hinter ihm, zwischen den Schneeflocken, konnte Clemmie den im Zwielicht

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