Ashford Park
gestritten. Er wollte irgendwann in ein Haus ziehen. Sie konnte sich nicht vorstellen, irgendwo zu leben, wo sie nicht Stockwerke verschiedenster Menschen über und unter sich hatte. Es ging nicht darum, aus dem Kasten herauszukommen, es ging darum, sich einen größeren, komfortableren leisten zu können.
Clemmie folgte Jon ins Schlafzimmer. «Na, wenigstens hast du ein Rechteck. Ich hab nur ein Quadrat. Und es ist winzig.»
Das Schlafzimmer war in einem Stil eingerichtet, den man «frühen Umzugkarton» nennen konnte. Eine Leselampe und ein Wecker standen auf einem Karton, ein Buch und eine Brille lagen auf einem anderen. Ein paar Hosen und Hemden hingen im Schrank, aber Jons restliche Besitztümer schienen immer noch in Kartons zu hausen, die alle die gleiche Aufschrift trugen: Schlafzimmer.
«T-Shirt und Boxershorts, geht das?», fragte Jon, der angefangen hatte, in einem der Kartons zu kramen.
«Perfekt», sagte Clemmie.
Die Fenster hatten keine Rollläden. Die Wohnung lag nach hinten hinaus zu einem schmalen Häuserschacht. Gegenüber hatten die Leute ihre Rollläden heruntergelassen, durch die Ritzen fielen dünne Lichtstreifen. In der Wohnung hing dieser eigenartige staubige Geruch unbewohnter Räume. Das Licht wurde so merkwürdig von den nackten Wänden und den leeren Böden reflektiert, dass das Zimmer eher trüber als heller wirkte.
Erst als Jon «Alles sauber», sagte, merkte Clemmie, dass er ihr die Kleidungsstücke wohl schon länger hinhielt. «Ich habe bloß noch keine Kommode.»
«Oh, entschuldige. Ich war nur mal kurz weggetreten», erklärte Clemmie und nahm die Sachen an sich. «Danke, wirklich. Selbst wenn sie nicht sauber wären, wären sie immer noch besser als das, was ich anhabe.»
Jon sagte bedauernd: «Tut mir leid, eine Waschmaschine hab ich noch nicht.»
«Macht doch nichts. Ist doch alles wunderbar.» Seltsam verlegen ging sie ein paar Schritte in Richtung Badezimmer. «Die Dusche ist dort, oder? Danke.»
Der transparente Duschvorhang mit einem gelben Entenmuster war neu und steif und roch stark nach Plastik. Clemmie duschte schnell, massierte sich sein Head & Shoulders in die immer noch ungewohnt kurzen Haare und drehte das Wasser so heiß, wie sie es aushalten konnte. Es kam ihr vor, als ob sie sich desinfizierte, die letzten Tage, London, das Krankenhaus, alles von ihrem Körper spülte.
Das T-Shirt und die Shorts, die Jon ihr gegeben hatte, gehörten eindeutig ihm und waren nicht von Caitlin übrig geblieben. Jon war nicht viel größer als sie, aber er war breiter. Clemmie musste seine alte Turnhose ständig hochziehen. Das verwaschene Hemd klebte ihr feucht an der Brust. Sie hätte ihren BH wieder anziehen können, doch er war so schmuddelig wie der Rest ihrer Sachen. Und Jon hatte sie schon dürftiger gekleidet gesehen. Sie ließ den BH auf das Häufchen schmutziger Wäsche fallen.
Ihre feuchten Haare mit den Fingern kämmend, ging sie ins Wohnzimmer hinüber. «Jon?»
Eine Wand war ausgefüllt von einem Bücherregal mit einem offenen Kamin in der Mitte. Die Bretter waren leer, weil die Bücher alle noch in Kartons mit Aufschriften wie
Tudor-Stuart, 19 . Jahrh. Polit. Gesch.
oder
Kriegsdichter
verstaut waren. Ein Fernseher stand auf dem Boden neben dem offenen Kamin, noch nicht angeschlossen, und gegenüber ein Sessel, an den sich Clemmie noch aus College-Zeiten erinnern konnte. Das war die ganze Einrichtung.
Die altmodische Heizung knackte und verbreitete dampfige Wärme und einen leicht schwefeligen Geruch im Zimmer.
«Ich bin hier.» In der Küche pfiff ein Kessel. Das Geräusch brach abrupt ab, dann schaute Jon um die Ecke. «Tee? Oder was Stärkeres?»
«Was Stärkeres.»
«Gut. Ich trinke nicht gern allein.» Jons Kopf verschwand wieder in der Küche, aus der nun lautes Rumoren zu hören war.
Clemmie ging zur Tür. «Kann ich dir was helfen?»
«Hier gibt’s nichts zu helfen.» Jon drückte Eis aus einem Eiswürfelbehälter in einen erstaunlich eleganten Kübel mit zwei Ringen an den Seiten, die aus den Mäulern zweier Löwenköpfe herabhingen. «Hochzeitsgeschenk», sagte er kurz, und Clemmie schaute verlegen weg.
Sie hielt das Geschirrtuch hoch, das an der Kühlschranktür hing. Es war mit verwaschenen Bildern vom Big Ben und von knallroten Telefonzellen bedruckt. «Ich habe eine Freundin, die schenkt zu Hochzeiten immer nur Essbares, Pralinen, Torten und so was. Dann gibt’s bei der Trennung keinen Streit, sagt sie.»
«Kluge Frau», bemerkte Jon
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