Ashton, der Heißbluetige
mageres Mädchen, das nach der Schlacht von Culloden geflohen und auf der Suche nach Clansleuten war, bei denen es Unterschlupf finden konnte.
Obwohl Edith Fraiser nur eine Cousine zweiten Grades von Rhiannons Mutter war, hatten die Fraisers sie bei sich aufgenommen. Als ein wohlhabender, angesehener Squire nahm Richard Fraiser einen hohen Rang in Fair Baddens ländlicher Gesellschaft ein. Von Anfang an hatte er Rhiannon wie eine Tochter des Hauses behandelt und sie in den Genuss aller Vorteile seines Wohlstandes und seines Ansehens kommen lassen.
Die uneingeschränkte Zuneigung ihrer Pflegeeltern hatte Rhiannons blutgetränkte Erinnerungen vertrieben. Nur des Nachts - und das auch nur noch selten - wankten Schreckgespenster blutend über das verwüstete, brennende Land, wanden Onkel und Cousins sich unter der Folter, die der Rache des Schlächters Cumberland an jenen anheim gefallen waren, die die Sache von Bonny Prince Charlie unterstützt hatten. Tagsüber erinnerte sich Rhiannon kaum noch an das Leben, das sie vor Fair Badden geführt hatte.
Sie lebte in Fair Badden, als ob es schon immer ihr Zuhause gewesen sei, und sie war immer akzeptiert worden und zufrieden gewesen. Sogar ihr schottischer Akzent war über die Jahre verschwunden. Dann, vor zehn Monaten, war ihr Pflegevater gestorben. Edith und Rhiannon hatten einander
Halt gegeben und gemeinsam die langsame Heilung gefunden, wie sie so nur geteilter Schmerz bringen kann.
Edith strich Rhiannon fürsorglich durchs Haar, ordnete die Flechten und rieb ihr einen Schmutzfleck von der Stirn. Danach gab sie ihr einen herzlichen Kuss auf die Wange und ließ sich von ihr umarmen. Schließlich drehte sie die Pflegetochter an den Schultern herum und versetzte ihr einen leichten Stoß.
„Ab mit dir“, sagte sie, Rhiannon den Flur hinabscheuchend. „Deine Freunde werden dir nicht weglaufen, solange es genug Kuchen zu essen und Ale zu trinken gibt. “ Ihr Lächeln wurde listig. „Und dein Verehrer wird auch ohne die Aussicht auf Süßigkeiten warten, da Küsse verlockend genug sind, möchte ich wetten.“ Sie schmunzelte über Rhiannons verlegene Miene und blieb vor der Tür zur Bibliothek stehen. „Geh.“
„Ihr kommt nicht mit hinein?“ erkundigte sich Rhiannon erstaunt.
„Nein.“ Ein besorgter Ausdruck verdunkelte Ediths weiche Züge. „Der Gentleman hat darum gebeten, dich ein paar Minuten lang alleine zu sehen. Er sagte, er hätte Neuigkeiten, die deine Zukunft beträfen. Ich denke - ich hoffe vielmehr -, er ist ein Anwalt, der aus London mit der Nachricht einer vergessenen Mitgift für dich kommt, vielleicht ein wenig Geld von deiner lieben Mutter, für dich zurückgelegt. Ich wünschte nur, ich hätte selbst etwas, das ich dir geben könnte, aber das haben wir ja schon oft besprochen.“
Rhiannon nahm Ediths Hände. „Ihr habt mir schon so viel gegeben, mehr als ich Euch jemals zurückzahlen kann.“
Beunruhigt schnippte Edith ein Blatt von Rhiannons Schulter. „Geh schon! Ich werde hier auf dich warten, wenn du herauskommst. “ Sie öffnete die Tür und schob die Ziehtochter über die Schwelle.
Ein Mann saß in nachlässiger Haltung in Squire Fraisers Lieblingssessel, einen Fuß von sich gestreckt, das andere Bein angezogen, die Hände über dem flachen Bauch verschränkt. Er hielt sein Gesicht abgewandt und sah aus dem Fenster. Alles, was sie von seinem Kopf erkennen konnte, war ein wenig sorgfältig frisierter Zopf kohlschwarzen Haares, der von einem schlaffen Band gehalten wurde.
Er trug einen Samtrock in tiefem Burgunderrot über einem weißen Leinenhemd. Brüsseler Spitze fiel ihm anmutig über seine Hände bis zu den ersten Knöcheln seiner langen schlanken Finger, und mehr Spitze bauschte sich unter seinem Kinn. Seine Hosen waren eng und aus ockerfarbenem Rehleder gefertigt. Seine dunklen Lederstiefel reichten ihm bis über die Knie und lenkten den Blick auf seine muskulösen Schenkel. Die Spitze seines Degens, der in einer ledernen Scheide an seinem Gürtel hing, berührte den Fußboden neben ihm.
Er hätte großartig ausgesehen, wäre seine Erscheinung nicht so unordentlich gewesen. Der burgunderrote Rock war staubbedeckt und das Leinenhemd alles andere als frisch. Die Spitze, hauchzart wie ein Spinnennetz, war an einem Ärmel zerrissen und beschmutzt. Seine Stiefel zierten unzählige Spritzer und Kratzer, und die Scheide, in der sein Degen steckte, war in ähnlich schlechtem Zustand.
Er sah nicht im Geringsten so aus, wie sich
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