Ashton, der Heißbluetige
in London zu sein, um diesen neusten Klatsch so rasch wie möglich zu verbreiten, wagten sie es dennoch nicht, abzureisen, aus Furcht, es zu verpassen, wenn etwas noch Unerhörteres geschähe.
Erwartungsvolle Stille senkte sich über die Menge, als Baron Paughvilles Reitknecht den Hof betrat. Sein Oberkörper war entblößt und mit Öl eingerieben, sein Schädel kahl geschoren und ebenfalls eingeölt, um für seinen Gegner schwerer zu fassen zu sein. Es ging das Gerücht, er sei auf dem Festland ein Ringer gewesen. Und was noch bedeutsamer war: Er war Schotte. Die Gelegenheit, englische Knochen zu brechen und auf englisches Fleisch einzuschlagen, wäre allein schon Anreiz genug gewesen, auch ohne die prall gefüllte Geldbörse, die Carr dem Gewinner versprochen hatte.
Ash Merrick stand, sich locker mit der Menge unterhaltend, am Rand der Absperrung, den Anschein von Liebenswür-digkeit erweckend. Verstohlen musterte er den Reitknecht, seine langen, dicken Arme, die kurzen, gebeugten Beine und seinen leicht gebückten Gang. Es würde schwierig werden, den Schotten aus dem Gleichgewicht zu bringen und zu Boden zu werfen, wo Straßenkämpfe - und Kämpfe unter Gefängnisinsassen - gewonnen oder verloren wurden.
Noch vor drei Tagen wäre sich Ash seines Sieges sicher gewesen. Wenn auch sonst nichts, kam ihm wenigstens das Überraschungsmoment zugute. Seine Gegner, die alle aus den Ställen hier oder von den umliegenden Feldern stammten, verrichteten körperliche Arbeit. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass ein Adliger so erbarmungslos und so prompt auszuteilen verstand. Die vergangenen drei Tage hatten sie eines Besseren belehrt.
Aber es war nicht die Überraschung allein, die ihm einen Vorteil verschaffte. Er hatte nicht nur skrupellos zu kämpfen gelernt, sondern auch furchtlos. Er konnte sich gegen jede Ablenkung von außen abschotten, Schmerzen eingeschlossen, und sich so völlig auf seinen Gegner konzentrieren, bis es nur noch sie beide gab.
Was den heutigen Tag von den vorangegangenen unterschied, war sein körperlicher Zustand. Er war einfach der vor ihm liegenden Aufgabe nicht mehr gewachsen. Obwohl sein Kampfgeist ungebrochen war, konnte selbst der stärkste Wille nicht drei Tage brutaler Prügel aufwiegen. Die drei vorherigen Siege hatten ihren Preis gefordert.
Er vermutete, eine seiner Rippen war angeknackst. Ohne jeden Zweifel waren zwei Finger an seiner linken Hand gebrochen. Sein linkes Auge war geschwollen, das Ergebnis einer näheren Bekanntschaft mit dem Absatz eines Mitstreiters gestern, und lila Striemen bedeckten seinen Oberkörper. Heute war sein letzter Kampf, gleichgültig, was sein Vater ihm dringend anempfahl.
Der Gedanke an Carr brachte ein Lächeln auf Ashs Lippen.
Sein Vater hatte eine Menge Geld verloren, indem er gegen seinen Sohn gewettet hatte, während er selbst einen schönen Gewinn hatte einstreichen können. Sein Lächeln verblasste. Heute jedoch . . . heute wollte er die Sache bloß hinter sich bringen und überleben.
„Was jetzt?“ wandte sich der schottische Reitknecht an die Menge. Er schritt zu dem abgesteckten Teil des Hofes und
schaute Ash erwartungsvoll an. ,,Is' da'n Zeichen für Anfang oder Ende?“
Ash sah sich nach Donne um. Der elegante Schotte hatte in den vergangenen Tagen für ihn die Wetten abgegeben. Als er ihn nicht entdecken konnte, klopfte er dem neben ihm stehenden Mann auf die Schulter. Der junge Mann wich erschrocken zurück. Ash grinste.
„Kein Grund zur Sorge . . . Himmel, wenn das nicht Hurley ist!“ rief Ash. „Hurley, mein Lieber, seid so nett und gebt für mich eine Wette ab, ja? Fünfzig Pfund darauf, dass ich gewinne.“ Er ergriff Hurleys behandschuhte Rechte und zwang die verkrampften, lavendelfarben umhüllten Finger auseinander, um ihm eine prall gefüllte Börse in die Hand zu drücken und die Finger wieder darum zu schließen. „So ist's ein guter Junge. Und da Ihr ein so zuvorkommender Bursche seid, lasst mich Euch einen Rat geben. Ich an Eurer Stelle würde nicht nachziehen. Meine Wette dient lediglich als zusätzlicher Anreiz, wisst Ihr?“
„N-n-nein“, stammelte Hurley. „Ich meine . . . j-j-ja. Ich meine, ich bin sicher, Ihr werdet gewinnen, Merrick.“
„Wie Ihr wollt. Ich habe Euch gewarnt.“ Die kleine Zerstreuung hatte ihren Reiz verloren, und Ash wandte sich, ohne einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden, von Hurley ab. Am besten brachte er alles so schnell wie möglich hinter sich.
Mit einer
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