Ashton, der Heißbluetige
ankämpfte, der ihn zu überwältigen drohte. Er würde keine Schwäche zeigen, nicht vor St. John oder den anderen.
Ein paar traten unruhig von einem Fuß auf den anderen und schienen sich sehnlichst zu wünschen, woanders zu sein, waren aber von seiner Erzählung der alten Tragödie gefesselt.
„Fahrt fort“, drängte ihn St. John, dann fügte er hinzu, „wenn Ihr den Mut dazu habt.“
„Erlaubt mir, Euren . . . Wissensdurst zu befriedigen. Ich werde es vortragen“, erwiderte Ash, verlagerte sein Gewicht, legte sich eine Hand locker in die Hüfte, die andere schlug er sich vor die Brust. Sein Herz schlug dumpf unter seiner Handfläche.
Mit seiner theatralischen Haltung, dem melodramatischen Ton in seiner Stimme machte Ash sich über seine Zuschauer lustig, die ihre Faszination nicht verbergen konnten, und das gefiel ihnen gar nicht. Sie hatten ihn als Freund betrachtet, und keiner sah angesichts seines Sturzes gekränkter aus als Phillip. Ash begann vorzutragen:
Der älteste Sohn mit gezücktem Schwert Zieht er den Bruder vor sich aufs Pferd.
Er schwingt seine Klinge, Schreie gellen Von jenen, die ihm sich entgegenstellen.
Die Erde ist getränkt mit Blut,
Die Schotten fallen mit ungebroch'nem Mut,
Niedergemäht von übermächt'ger Hand Der stolzeste Clan vom Schottenland.
Als Stille sich über alles senkt,
Der teuflische Earl sein Pferd zu ihr lenkt,
Der jungen, verwaisten Tochter des Laird,
Die stöhnend die Toten sieht, schmerzverzerrt.
„Warum rettetest du meinen nutzlosen Sohn?“
Fragt er in leisem, kaum hörbarem Ton.
„Meine Brüder zu retten, das war mein Ziel,
Denen der Tod gewiss, wenn Euer Sohn fiel. “
Da lacht der Earl, so hässlich und hart,
Dass sogar manch Rotrock erstarrt.
„John McClairens Haupt ziert den Tower schon Seit letzter Nacht“, versetzt er voll Hohn.
Die Worte blieben ihm beinahe im Hals stecken, verdammend und dennoch wahr, aber nicht die ganze Wahrheit. Die Ballade ließ unerwähnt, wie krank ihn diese Tat gemacht hatte, wie grausam die McClairen Raine zusammengeschlagen hatten, die Zahl der Soldaten des Königs, die bei der Auseinandersetzung starben.
„Wollt Ihr auch den Rest hören?“ fragte er und hoffte verzweifelt, sie würden Nein sagen. „Ein paar Versionen hängen noch einen eher ermüdenden Ausklang an. “
„Handelt das Lied von Euch?“ erkundigte sich Phillip tonlos. „Stimmt es?“
„Ob es stimmt?“ wiederholte Ash. Würden sie ihm glauben, wenn er es abstritt? Er wollte nicht riskieren, sich durch das Lied zweifach verletzen zu lassen. „Himmel, nein. Ich kann die Tatsache bezeugen, dass mein Vater kein Teufel ist. Er ist nur allzu menschlich und leidet - wenn auch erst seit kurzem
- sogar unter Gicht. . .“
„Ist es so geschehen?“ erklang John Fortnums ernste Stimme, und sein wenig einnehmendes Gesicht verriet Enttäuschung.
„Ja. “ Ashs Zorn erlosch, als er das Entsetzen der Zuschauer sah, und es blieb nur Selbstverachtung übrig. Sie hatten nicht gewusst, was sie da taten. Er dagegen schon. Er hatte sie für seine Vergangenheit gestraft.
„Rhiannon wird so gekränkt sein“, murmelte John. „Sie hält Euch für einen netten Gentleman.“
Sie war zehnmal so viel wert wie jeder Einzelne von ihnen. Und sie wussten es nicht. Sie hatten keine Ahnung, dass sie einem Flüchtling Zuflucht gewährt hatten. Die gute, folgsame Rhiannon Russell. Willens, ihre Freiheit für Sicherheit einzutauschen. Und doch, unter dem pflichtbewussten Äußeren verbarg sich ein Herz aus gehärtetem Stahl, geschmiedet im
Krieg und seinen Folgen. Aber nie erprobt. Stattdessen lebte sie hier verborgen. Wie eine spanische Klinge, die in Wolle gehüllt und in eine Kiste auf dem Dachboden gesteckt worden war. Er wandte sich ab, plötzlich erschöpft, und wollte gehen.
„Es ist gut, dass sie nicht hier geblieben ist und das mit anhören musste“, sagte Phillip betrübt. „Nur gut, dass sie Blüten sammeln gegangen ist.“
Rhiannon war alleine im Wald? Ash fuhr herum. Er ging zu Phillip, griff ihn am Kragen und zerrte ihn halb aus seinem Sitz. „Was habt Ihr gerade gesagt?“
„Lasst mich los“, schrie Phillip. „Ich darf vielleicht sagen, dass Ihr eine herbe Enttäuschung seid. Erst finde ich heraus, dass Ihr ein verdammter, vom Teufel gezeugter Mörder seid, und jetzt ist Eurer Benehmen schlichtweg beleidigend.“ Er versuchte vergeblich, sich aus Ashs Griff zu befreien.
Ash schüttelte ihn. „Ist sie nicht nach Hause gegangen?“
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