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Ashton, der Heißbluetige

Titel: Ashton, der Heißbluetige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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ihr ein wenig schwindlig wurde, und begann den Weg wieder zurückzugehen, den sie gekommen war. Fast hatte sie den alten Weißdornbusch erreicht, als ein gedämpftes Kichern zu hören war. Erneut blieb sie so abrupt stehen, dass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte.
    Noch ein Liebespaar, dachte sie verzweifelt. Das leise, herausfordernde Lachen entfernte sich, aber wegen des Nebels war es ihr unmöglich zu sagen, in welche Richtung. Mit einem verlorenen Laut ließ sie sich an dem mächtigen Stamm des Weißdorns zu Boden sinken.
    Dumme Beltanebräuche.
    Sie würde einfach hier bleiben müssen, bis sich der Nebel lichtete oder der Mond heller schien oder irgendein wohlgesonnener Waldgeist sich ihrer erbarmte und sie aus seiner verzauberten Welt aus blauen Schatten und am Boden wallenden Nebelwolken, geisterhaftem Licht und zu Kopfe steigenden Düften der Nacht herausführte.
    Sie lehnte ihren Kopf gegen den Baumstamm und schloss die Augen, ließ sich von dem Zauber ihrer Umgebung einfangen, gab sich Träumen hin, zu denen sie kein Recht hatte, Dinge, gegen die sie sich gewehrt hatte, denen sie aber hier und jetzt nichts entgegenzusetzen hatte. Sie verzieh es sich.
    Schließlich war heute Beltanenacht, sie war allein, und sie wollte nicht die jungfräuliche Königin des jungfräulichen Monats Mai sein. Sie wollte Ash Merrick.
    Aus einem Augenblick wurden zwei, dann mehr. Der Mond stieg allmählich höher, während ein schmales, dunkles Gesicht und eine sehnige, schlanke Gestalt Rhiannons Gedanken erfüllten. Er ist wie Oberon, dachte sie, der König der Waldgeister. Aye, Ash Merrick gäbe einen passenden Herrscher über die dunkle Zauberwelt ab. Er würde leise, lautlos kommen, sich aus den Schatten schälen, eine Fleisch gewordene Versuchung . . .
    „Rhiannon.“
    Sie öffnete die Augen und sah ihn an, ohne das geringste bisschen überrascht zu sein. „Oberon“, flüsterte sie. Der dunkle Prinz des Waldes, nachtschwarzes Haar und Augen, die wie polierter Stahl glänzten.
    Er hatte sich neben ihr auf ein Knie niedergelassen, aber jetzt richtete er sich langsam auf. Der Nebel wallte um ihn, als er sich erhob, glitt von seinen Schultern wie ein Feenmantel und ließ im Mondlicht silbern schimmernde Feuchtigkeit auf seiner blassen Haut zurück.
    „Ash. “ Sie seufzte hingerissen und angenehm berauscht von Wein und Verlangen und seiner Schönheit. Sie lächelte, und er trat vor, wie von unsichtbaren Banden zu ihr gezogen. Ein leises Lachen entschlüpfte ihr, als sie sich vorstellte, dieses unsichtbare Band wäre ihr Lächeln. Aber sie glaubte es nicht wirklich, und so wurde ihr Lächeln traurig.
    „Ihr seid in Sicherheit“, sagte er.
    „Das dachte ich“, antwortete sie, nicht willens, ihre Träume gegen die Wirklichkeit einzutauschen. Solange sie hier blieben, auf dieser kleinen Insel, umhüllt von Nebel und Zauber, gehörte er ihr. Und war es das nicht, worum es eigentlich bei Beltane ging? Eine Nacht lang . . . Träumen und Wünschen, Verlangen und Hoffnungen nachzugeben? Und nie zuvor hatte sie dem Zauber nachgegeben. Sie verdiente ein Beltanenacht.
    „Ich dachte, ich wäre in Sicherheit“, wiederholte sie leise. „Doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.“
    Er legte seinen Kopf auf die Seite, und durch die Bewegung wurde sein Gesicht in Schatten getaucht, so dass seine Stimme, als er sprach, seltsam körperlos schien und durch die feuchte Luft erschreckend nahe klang. „Warum?“
    „Ihr seid hier, und ich bin es auch, und ich bezweifle, dass das sonderlich sicher ist“, erwiderte sie schlicht.
    Sie hörte, wie er scharf den Atem einsog. „Fürchtet Ihr, ich würde Euch ein Leid antun?“
    „Niemals.“
    Ein kurze, viel sagende Pause. „Das ist unklug, kleine Titania.“
    Titania. Oberons Königin. Vielleicht hatte er ihre Gedanken gelesen.
    „Unklug für wen?“ fragte sie und blickte in die Schatten, um in seiner Miene zu lesen.
    „Genau.“
    Seine Brust hob und senkte sich heftig, aber sonst stand er völlig reglos. Unwillkürlich wusste sie, er würde keine Geste machen und kein Wort sagen, sondern sie dazu zwingen, zu entscheiden, was als Nächstes geschah.
    In zwei Tagen würde sie heiraten und dann einem anderen gehören. In zwei Nächten würde er abreisen.
    Es ist Beltane, sagte sie sich mit verzweifelter Beharrlichkeit. An Beltane zählte die Wirklichkeit nicht. An Beltane verloren all die Regeln und Gesetze, die die übrigen Tage, Wochen, Monate regierten, ihre Gültigkeit.

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