Ashton, der Heißbluetige
Verhalten der Alten ergab plötzlich Sinn und brachte Rhiannon zum Lachen. „Ich werde Lord Carr nicht heiraten. “
„Ehrlich nicht?“ fragte Gunna.
„Ehrlich“, entgegnete Rhiannon, die alte Frau ungerührt musternd.
„Sie sagen, Master Ash hat Euch hergebracht“, sagte Gunna nach einem kurzen Zögern.
Der Name ließ Röte in Rhiannons Hals und Gesicht steigen. „Ja.“
„Carrs Marionette.“ Bei dem Klang von Fias Stimme fuhren beide Frauen herum. Sie stand auf der Türschwelle, an den Rahmen gelehnt. „Armer Ash.“
Gunna ignorierte den glatten, falschen Tonfall ihres Schützlings und ging auf die Worte selbst ein statt darauf, wie sie geäußert wurden - ein Beispiel, dem zu folgen Rhiannon ratsam erschien.
„Carr sollte besser Acht geben“, bemerkte Gunna und wandte sich wieder dem Kleid auf dem Bett zu. „Mir scheint, Lord Carr wird nicht mehr viel Nutzen aus dieser besonderen Marionette ziehen können, wenn er nicht endlich eine der Belohnungen hergibt, die er Master Ash dauernd vor die stolze Nase hält. Hier, Miss, lasst mich die Decke nehmen. Wir sollten Euch besser ankleiden.“
„Ash wird tun, was auch immer er tun muss“, erwiderte Fia und kam näher, als Rhiannon gehorchte. Gunna hinkte durch das Zimmer, um eine Schüssel und einen Krug Wasser zu holen. „Ash würde nie etwas tun, das Raine schaden würde.“ „Raine? Carrs jüngerer Sohn?“ konnte Rhiannon sich nicht abhalten zu fragen. Derjenige, von dem es hieß, er habe die Nonne vergewaltigt?
„Ihr wisst nichts, nicht wahr, Miss Russell?“ sagte Gunna. Sie tauchte ein weiches Tuch in das Wasser, rieb Seife darauf und reichte es Rhiannon. „Von Ash und Raine.“
„Nein“, antwortete Rhiannon knapp, ihre Stimme hinter dem Tuch gedämpft, während sie sich das Gesicht wusch.
„Es ist eine interessante Geschichte“, fuhr Gunna fort. Sie nahm das verschmutzte Tuch und goss mehr kaltes Wasser in die Schüssel für eine gründlichere, dringend nötige Körperwäsche. Sogar nur mit gewaschenem Gesicht fühlte sich Rhiannon gleich besser.
„Und eine, für die wir im Augenblick keine Zeit haben“, warf Fia ein. „Carr wünscht sie auf der Galerie zu treffen, bevor die Stunde um ist.“
„Was?“ fragte Rhiannon, und ihr Blick flog zu der Uhr auf dem Kaminsims. Das waren kaum fünfzehn Minuten.
Fia zuckte die Schultern. „Ich habe ihm gesagt, es wäre in Ordnung.“
Rhiannon schaute an sich herab. Sie trug immer noch dasselbe schmutzige Hemd, das sie seit fünf Tagen anhatte. Sie hatte jetzt keine Zeit mehr, sich gründlich zu waschen, und Fia wusste das. So viel also zu ihrer letzte Nacht gezeigten Sorge, dass Rhiannon einen guten Eindruck machte.
Aber schließlich war Fia eine Merrick. Zweifellos hatte sie ihre eigenen Beweggründe. Nun, sollte sie doch.
Rhiannon mochte zehn Jahre lang nicht mehr in Schottland gewesen sein, aber auf dem Schlachtfeld der Highlands aufgewachsen zu sein brachte im Kampf erprobte Kinder hervor - und das in jeder Beziehung.
Am Ende eines weiteren langen Flures öffnete der Lakai schließlich eine Tür. Rhiannon raffte die grünen Röcke ihres geborgten Kleides und trat ein.
Ash Merrick stand breitbeinig in der Mitte des Raumes, die Hände hinter seinem Rücken verschränkt, die schwarzen Haare lässig im Nacken zusammengebunden. Er musterte sie wachsam. Seine ganze Körperhaltung war angespannt.
Bei seinem Anblick stockte ihr der Atem. Sie hatte nicht erwartet, ihn zu sehen, und er sah so verflucht gut aus. „Euer Vater hat nach mir geschickt. Wo ist er?“ Sie hörte sich verärgert an. Besser das als verwirrt.
„Fia sagte, Ihr würdet eine Audienz mit Carr bekommen. Und das werdet Ihr auch. “
„Ich habe Euch nichts zu sagen.“ Sie unterdrückte das in ihrer Stimme anklingende Entsetzen. „Wir haben einander nichts zu sagen.“
„Ich vermisse Euch.“ Seine Worte kamen als leises, kaum wahrnehmbares Flüstern, mehr ein widerwilliges Eingeständnis als eine Erklärung.
Erstaunt riss sie den Kopf hoch. Was auch immer sie erwartet hatte, das hier war es nicht gewesen.
Eingeständnis? Lüge! Er war ein hemmungsloser Lügner, der alles sagen würde, was ihm nützlich erschien. Er wollte eine gefügige Gefangene, keine schwierige. Hatte sie nicht längst bewiesen, wie anfällig sie für ihn und seine süßen Worte war?
Nicht mehr. Nie wieder.
Sie hob ihren hitzigen, verärgerten Blick und sah ihm geradewegs in die dunklen, unergründlichen Augen. „Wie unangenehm für
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