Ashton, der Heißbluetige
schlängelte.
Gunna sagte nichts mehr und widmete ihre ganze Aufmerksamkeit der Aufgabe, das bestickte Brusttuch sorgfältig an Rhiannons Ausschnitt zu befestigen. Als sie fertig war, trat sie zurück und unterzog die junge Frau einer peinlich genauen Musterung. „Seid vorsichtig, Miss“, warnte sie. „Mir gefällt die Vorstellung von Euch allein dort draußen nicht.“
„Aber das werde ich nicht sein“, erwiderte Rhiannon leise und dachte unwillkürlich an Ash, wie er an seinem Fenster stand und von dort aus über sie wachte.
Rhiannon drückte das alte Tor auf und schritt vorsichtig über den schmalen Pfad, der zu den Klippen führte. Sie hatte schon eine gewisse Strecke zurückgelegt, als sie an einem Felsvorsprung ankam, der über das Meer herausragte. Ohne an das von Fia geborgte Kleid oder ihre dünnen Schuhe zu denken, kletterte sie hinauf und richtete sich auf.
Der Wind blies hier kräftig, wehte ihr die losen Strähnen ihres Haares ins Gesicht und fuhr ihr unter die schweren Röcke, hob sie über ihre Unterröcke. Weit unter ihr brach sich die Brandung an den Felszacken, die die Küste der Insel säumten, und die feine Gischt schimmerte schwach im Morgenlicht. Darüber nutzte eine Phalanx weißer Möwen den Aufwind, die Vögel ließen sich genau unter ihr von der Luft tragen.
Rhiannon schloss die Augen und breitete die Arme aus, ließ den böigen Wind um sich wehen, an ihrem Kleid zerren und stellte sich vor, sie könnte auch fliegen. Das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein, erfasste sie. Sie hatte das hier schon zuvor getan! Sie hatte auf einer erhöhten Stelle gestanden und auf dieses Meer hinausgeschaut, die Arme ausgebreitet und sich ausgemalt, sie flöge.
Sie erbebte, aber nicht von dem Entsetzen, das sie bei ihrer Ankunft hier zu überwältigen gedroht hatte. Sie erbebte unter den Gefühlen, die auf sie einstürmten. Sie hatte einmal die See geliebt. Sie hatte vergessen . . .
„Tretet zurück!“
Beim Klang seiner Stimme schlug Rhiannon die Augen auf und wollte sich umdrehen, doch ihr Absatz blieb in einer
Steinspalte hängen, und sie geriet ins Straucheln . . . Starke Hände fassten sie, rissen sie in die Höhe, dann wurde sie an eine breite Brust gezogen.
„Lieber Gott, was habt Ihr Euch dabei bloß gedacht?“ Ashs Stimme war leise und voller Wärme, sein Atem strich über ihr Ohr, und sie spürte seine Lippen auf der losen Strähne an ihrer Schläfe.
Der Griff um ihre Unterarme lockerte sich nicht. Zwischen ihren Schulterblättern konnte sie sein Herz an ihrem Rücken schlagen fühlen, die Muskeln seiner Schenkel an ihrem Gesäß spüren.
Und, der Himmel möge ihr beistehen, Gott möge ihr verzeihen, das war alles, was nötig war, um eine Welle heißen Verlangens mit solcher Macht durch ihren Körper zu schicken, dass sie sich beinahe in seiner Umarmung umgedreht und ihre Arme um ihn geschlungen hätte.
Was für eine Frau war sie, dass sie sich derart danach sehnte, unter diesem Mann zu liegen? War sie verrückt oder willensschwach oder so liederlich wie die Frauen, von denen Fia erzählt hatte, die, die Ash lechzende Blicke zuwarfen?
„Das dürft Ihr nicht! “ stieß er aus. Seine Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn. „Das könnt Ihr nicht. Gott, nicht hier. Nirgendwo!“
Sie zuckte unter seinen unerwarteten Worten zusammen, versuchte sich von ihm loszureißen, aber er hielt sie so fest, dass seine Finger sicher Male auf ihren Oberarmen hinterlassen würden. Plötzlich begriff sie, was er gesagt hatte. Lieber Himmel, er dachte, sie habe sich von den Klippen ins Meer stürzen wollen, wo sie sich doch in Wahrheit in Gedanken nach ihm verzehrt hatte!
Das war so komisch, dass sie lachen musste, und er schüttelte sie heftig.
„Verdammt. Verdammt sollt Ihr sein, wenn Ihr denkt, Ihr könntet mir auf eine so infame Weise entkommen.“
Sie wand sich in seinem Griff, aber er wollte sie nicht loslassen. Stattdessen wirbelte er sie herum und riss sie wieder an sich. Er nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger, zwang sie, den Kopf zu heben, zwang sie, ihn anzusehen. Seine Miene war wild. „Eher werde ich Euch an mein Bett fesseln und Euch Essen und Trinken die Kehle hinabzwingen, als dass ich zulasse, dass Ihr Euch ein Leid antut.“
Er meinte, was er da sagte. Seine mühsam im Zaum gehaltene Wut jagte ihr Angst ein, und er hatte ihr nie zuvor solche Angst eingejagt. Alle Überreste des Mannes, der er in Fair Badden gewesen war, waren verschwunden und hatten diesen Fremden
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