Asmoduin: Nervensäge aus der Hölle
sah mich abwartend an.
»Uns bleibt nur eins: Wir müssen versuchen, in seiner Bibliothek ein Buch zu finden, das uns verrät, wie der dämliche Bann zu lösen ist, der dich hier festhält.«
Ich erwartete, dass Asmoduin über meinen Vorschlag lachen oder mich beleidigen würde. Oder beides, kurz hintereinander.
Stattdessen sah er mich mit schräg gelegtem Kopf an, dann nickte er. »Eure Ordnungshüter zählen zwar nicht zu den Hellsten, trotzdem sollten wir mit der Ausführung deines Plans vielleicht bis nach Einbruch der Dunkelheit warten.«
Als ich zustimmte, grinste er breit. »Wie wär’s bis dahin mit was zu spachteln, Schwabbel?«
Es war gegen dreiundzwanzig Uhr, als wir zu Sekundus’ Laden zurückkehrten. Mom hatte glücklicherweise für eine kranke Kollegin die Spätschicht übernehmen müssen. Damit hatten Asmoduin und ich freie Bahn.
Nachdem Mom die Wohnung verlassen hatte, setzte ich zunächst einen Riesenkessel Nudeln auf. Nudeln sind das einzige Gericht, das ich richtig gut draufhabe. Als Basis für die Soße nehme ich zwar Fertigpampe aus dem Glas, aber wenn ich sie erst mal mit Hackfleisch, angebratenen Zwiebeln, Champignons und sämtlichen Gewürzen aufgepeppt habe, die Mom im Schrank hat, würdet ihr für eine Kelle davon eure Seele verkaufen!
Asmoduin schien von meinen Kochkünsten ebenfalls recht angetan zu sein. Zwar fiel es ihm nicht im Traum ein, dies irgendwie zu zeigen oder mir gar für seine Verköstigung zu danken (außerdem würzte er für meinen Geschmack mit etwas zu viel Cayennepfeffer nach), aber dass er am Ende ganze sechs Teller Nudeln mit reichlich Soße verputzt hatte – zwei mehr als ich –, wertete ich als positives Zeichen.
Da es nach dem Essen noch zu hell war, um in Sekundus’ Geschäft einzusteigen, schlug ich eine Runde Autorennen auf der Xbox vor. Es zeigte sich allerdings rasch, dass Asmoduin ziemlich begriffsstutzig war, was die Steuerung anging, und außerdem viel zu jähzornig für jede Art von Wettkampfspiel. Als ich die dritte Runde mit einigem Vorsprung gewann und Asmoduins Controller zum schätzungsweise zehnten Mal mit Karacho in Richtung Bildschirm flog, gab ich es auf und schaltete stattdessen auf Fernsehempfang um.
Nach kurzem Zappen blieben wir bei einem Actionstreifen hängen. Mit großen Augen – und ausnahmsweise ganz ohne blöde Kommentare – hockte der kleine Teufel vor der Mattscheibe und verfolgte wie gebannt den grellen Reigen von Verfolgungsjagden, Explosionen und Feuergefechten. Glücklicherweise endete das Spektakel rechtzeitig, als ich aufbrechen wollte. Andernfalls hätte ich vermutlich ein echtes Problem bekommen, Asmoduin von der Mattscheibe loszueisen.
Die Straße vor Sekundus’ Geschäft lag verlassen da. Die Polizisten hatten die Eingangstür trotz zerstörter Schlösser provisorisch verriegelt und – was weitaus ärgerlicher war – mit rot-weißem Siegelband verklebt. Verschafften wir uns hier Zutritt, würde es spätestens am nächsten Tag jemand wissen.
»Wie kommen wir jetzt rein?«, wollte Asmoduin wissen, nachdem ich ihm den Sinn des polizeilichen Siegels erklärt hatte.
Ich erinnerte mich, bei meinem Besuch in Sekundus’ unterirdischer Bibliothek am hinteren Ende gedämpftes Licht gesehen zu haben, das nicht von seinen Hightech-Lampen herrührte. Wir umrundeten das Gebäude, und nach kurzer Suche wurde ich fündig: Ein knapp eineinhalb Meter tiefer Lichtschacht führte zu einem Kellerfenster hinunter, das ohne Zweifel in den Raum mit den Büchern mündete. Das Gitter am oberen Ende des Schachts war selbstverständlich von innen festgeschraubt. Sekundus war, was die Sicherung seiner Schätze anging, kein Narr.
Asmoduin betrachtete die Vorrichtung einen Moment lang, dann packte er zu, holte einmal tief Luft und riss den Gitterrost mitsamt Verankerung kurzerhand aus dem bröseligen Mauerwerk. Ich starrte ihn ungläubig an und fragte mich im Stillen, wie stark erst ein ausgewachsener Teufel sein mochte, wenn schon ein Schulkind aus Hel solche Kräfte entwickelte.
Da das Fenster am unteren Ende des Schachts ebenfalls verriegelt war, schickte ich Asmoduin vor. Er rutschte auf dem Hosenboden hinunter und trat die Scheibe ohne große Mühe aus dem Rahmen.
Mit angehaltenem Atem wartete ich auf das Aufjaulen einer Alarmsirene. Aber alles blieb still. Entweder hatte Sekundus sich bei der Sicherung des Fensters allein auf das Gitter verlassen, oder die Polizisten hatten seine Anlage beim Verlassen des Gebäudes nicht
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