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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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autistische Menschen oft eine unüberwindliche Hürde dar. Außer den motorischen Schwierigkeiten spielt hier zudem auch die mangelhafte Fähigkeit der Betroffenen zur Imitation eine Rolle.
Den Fokus im Sportunterricht mehr auf die körperliche Fitness und weniger auf den Mannschaftssport legen, wo die soziale Komponente zusätzliche Schwierigkeiten verursacht.
Man sollte dafür sorgen, dass der autistische Schüler nicht immer wieder im Sportunterricht den Demütigungen der Mitschüler ausgesetzt ist. Zum »Vorturnen« ist er meist denkbar ungeeignet.
Eventuell durch ein Attest eine Befreiung vom regulären Sportunterricht anstreben, wie es auch Marco Hoppe beschreibt. Optimal wäre natürlich eine individuelle Maßnahme als Ersatz.
Für längere Texte, die handschriftlich verfasst werden sollen, dem autistischen Schüler entsprechend mehr Zeit zur Verfügung stellen.
    Eine große Rolle spielen diese Schwierigkeiten beispielsweise dann, wenn in der Schule längere Texte handschriftlich verfasst werden sollen, was für die Betroffenen oft nicht in der geforderten Zeit zu leisten ist, sowie natürlich im Sportunterricht und bei entsprechenden Aktivitäten in Pause bzw. Freizeit.
Kommunikative Missverständnisse
    Autistische Menschen sind häufig in kommunikative Missverständnisse verwickelt, da sie meist ein wörtliches Sprachverständnis haben und deshalb viele Ausdrücke und Redewendungen missverstehen. In der Folge kommt es oft zu:
Ängsten oder schließlich zur Resignation
Aggressionen oder einem anderen unangemessenen Verhalten
einer Fehlbeurteilung des Betroffenen seitens der Umgebung
    Manchmal bekommen diese Missverständnisse aber auch eine amüsante Note. Ich hatte bei einer Fortbildung in einemkleinen Ort in der Eifel die Aussage, dass vor Ort spätestens um 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt würden, wörtlich verstanden. Das hatte mich erschreckt, denn ich wollte am Abend noch spazieren gehen. Zu meinem Erstaunen waren die Bürgersteige auch am Abend noch dort, wo sie hingehörten, und ich lernte, dass dies nur eine Redewendung war, die bedeutete, dass der Ort abends ziemlich ausgestorben wirkt.
    Die wörtliche Auslegung von Aussagen meiner Mitschüler führte während meiner Schulzeit zu diversen Klassenbucheinträgen und auch einer sehr schlechten Note im Fach »Betragen«, das es damals bei uns noch gab. Einmal hatte ich beispielsweise das Schreibmäppchen einer Mitschülerin in den Müll geworfen, weil sie genau das sagte. Der Reißverschluss klemmte, sie mühte sich, ihn zu schließen, was ihr nicht gelang. Schließlich gab sie entnervt auf und rief, dieses blöde Mäppchen sollte man am besten in den Mülleimer werfen. Als ich das Mäppchen für sie entsorgte, erntete ich eine wüste Beschimpfung. Ich verstand damals überhaupt nicht, was ich falsch gemacht hatte. Ich hatte niemanden, der mir so etwas erklärt hätte.
    Wichtig ist daher die Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen, unverständliche Verhaltensweisen zunächst erst einmal zu hinterfragen, statt vorschnell zu urteilen und zu verurteilen, um so die Chance zu erhalten, das Gegenüber als eine durchaus liebenswerte Persönlichkeit wahrzunehmen.
    Nachfolgend sollen zwei Beispiele für zunächst unverständliche Verhaltensauffälligkeiten von Schülern dargestellt werden, die zum Nachfragen anregen sollten: »Eine Lehrerin arbeitete im Einzelunterricht mit einem Jugendlichen mit autistischer Behinderung. Sie unterrichtete ihn in Englisch. Der Jugendliche sollte sich am Ende der Stunde seine Schuhe anziehen, trotz mehrfacher Aufforderung verharrte er jedoch regungslos. Die Lehrerin war sich unsicher, ob der Schüler, der ihr eben noch komplizierte Sätze ins Englische übersetzt hatte, sie provozieren oder von ihr bedient werden wollte oder ob er vielleicht plötzlich eine Abneigung gegen seine Schuhe entwickelt hatte. Sie hatte vor dem Unterricht beobachtet, dass er seine Schuhe selbstständig gewechselt hatte. Nachfragen der Lehrerin bei ihrem Schüler ergaben, dass der Jugendliche nach großen intellektuellen Anstrengungen so erschöpft war, dass er auch einfache Handlungen nicht mehr allein ausführen konnte« (Schirmer 1999, 86–87). Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig für das Verständnis das aktive Hinterfragen des Verhaltens ist. Man
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