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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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hätte den Schüler schließlich auch einfach als faul und unwillig bezeichnen und sein Verhalten als Provokation interpretieren können.
    TIPP
    Sprachliche Missverständnisse vermeiden
    Sowohl Lehrer als auch Mitschüler sollten im Kontakt mit einem autistischen Schüler auf eindeutige Formulierungen achten. Auf Ironie, Redewendungen oder mehrdeutige Äußerungen verzichtet man besser oder aber man erklärt auch gleich deren Bedeutung. Werden Anweisungen nicht klar und eindeutig formuliert, wird der autistische Schüler diese oftmals nicht richtig verstehen und nicht adäquat befolgen können.
    Beispiel zwei: »Im Unterricht wird ein Schüler (F.) gefragt, ob er schöne Ferien hatte. Da er nach vier Sekunden noch immer keine Antwort gegeben hat und sich leicht auf die Seite dreht, weg von der Fragenden, wird der nächste Jugendliche nach seinen Ferienerlebnissen gefragt. Dieser antwortet blitzschnell: ›Ja, klar. War schön, erholsam, aber zu kurz.‹ F. ist eine Minute später noch immer am Überlegen, ob er schöne Ferien gehabt hat, daher verpasst er die Pausenklingel: Was versteht die Lehrerin unter ›schön‹? Würde man das, was ich erlebt habe, als ›schön‹ bezeichnen?« (Huber 2009, 252).
Konzentration und Aufmerksamkeit
    Da die Betroffenen oft Schwierigkeiten mit Konzentration und Aufmerksamkeit haben,
sind kurze schriftliche Zusammenfassungen des Unterrichtsstoffes sinnvoll, damit dieser nochmals zu Hause durchgelesen werden kann. Viele autistische Menschen sind darauf angewiesen, sich einiges zu Hause im Selbststudium beizubringen, da das schulische Lernen durch die ständige Anwesenheit vieler Menschen und durch den oft erheblichen Hintergrundlärm für sie erschwert ist;
sollten wichtige Informationen, die auf jeden Fall gelernt werden müssen, dabei hervorgehoben werden. Das ist sinnvoll, da autistische Kinder oft nur schlecht erkennen können, welche Informationen im jeweiligen Zusammenhang von Bedeutung sind. Sie werden oft von unwichtigen Details abgelenkt;
sind große Klassen, Räume mit vielen verschiedenen Bildern oder ähnlichen Gegenständen für Schüler mit Autismus eher weniger geeignet, da sie dadurch leicht abgelenkt werden (z. B. abgestellter alter Computer im Klassenzimmer im Bericht von Sascha Dietsch) und eine ungünstige Akustik sowie viele verschiedene Gerüche zu einer Reizüberflutung ihrer empfindlichen Sinne führen können;
sollten ganz konkrete Aufgaben gestellt werden. Den Betroffenen fällt es beispielsweise bei Aufsätzen oder Textinterpretationen schwer, das Wesentliche zu erfassen, während ihnen Rechtschreibung und Grammatik oft weniger Probleme bereiten, da es hier feste Regeln gibt, die sie lernen können. Bei Textaufgaben im Fach Mathematik gelingt es autistischen Schülern oft nicht, zwischen den wichtigen Informationendes Textes und den absichtlich eingebauten Verwirrungen zu unterscheiden. Vielleicht kann man ihnen andere Aufgaben anbieten, die genauso gut geeignet sind, ihre Mathematikkenntnisse zu überprüfen.
Nachteilsausgleich
    Für einige problematische Situationen des Schulalltags müssen für den Schüler mit Autismus Sonderregelungen getroffen werden, die dann auch verbindlich sind. Dabei ist zu beachten,
dass die Anforderungen in den einzelnen Fächern dadurch nicht herabgesetzt werden;
dass der gewährte Nachteilsausgleich also keine Bevorzugung des autistischen Schülers darstellt, sondern vielmehr lediglich dazu dient, ihm gleiche Chancen auf einen erfolgreichen Schulabschluss wie seinen Mitschülern zu gewähren;
individuell für jeden einzelnen Schüler herauszufinden, wo genau seine größten Schwierigkeiten liegen und welche sinnvollen Hilfen es für ihn geben kann. Alle autistischen Menschen sind schließlich verschieden, neben vielen Gemeinsamkeiten gibt es noch viel mehr Unterschiede;
dass auch unkonventionelle Lösungen durchaus sinnvoll sein können.
    Der erste Ansprechpartner für einen notwendigen Nachteilsausgleich ist der zuständige Lehrer, an den sich die Eltern des betroffenen Schülers wenden sollten. Sinnvoll wird es sicher sein, wenn man bereits ganz konkret die größten Schwierigkeiten benennen kann, um dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Auch autistische Schüler selbst können oft wertvolle Hinweise geben, welche Maßnahme für sie hilfreich ist.
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