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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Preißmann
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vorhandenen Fähigkeiten optimal genutzt werden konnten.
    Man beschritt dabei Neuland für den Bereich Autismus; bereits seit einiger Zeit existieren jedoch Integrationsfirmen, die Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen in den Arbeitsmarkt vermitteln. Hierbei zeigte sich, dass die Mitarbeiter durchaus in der Lage sind, in einer Leistungsgesellschaft zu bestehen. Sie werden intensiv eingearbeitet und auch später regelmäßig in größeren Abständen betreut, aber sie erhalten keine Zugeständnisse, sie müssen ihre Leistung genauso bringen wie alle anderen Arbeitnehmer. Alle Beteiligten profitieren von diesen Angeboten, wie ein Vorgesetzter berichtet: »Vier Monate lang musste man (dem Mitarbeiter) beinahe täglich neu erklären, wie die Waschmaschine funktioniert (…). Man braucht Geduld. Dafür habe ich jetzt einen Mitarbeiter, dem seine Arbeit wichtig ist und der Verantwortung übernimmt. Er macht sie besser als andere, weil er sie genau macht« (Sywottek 2010). In diesen Firmen herrscht ein Betriebsklima, das auch autistischen Menschen entgegen käme: »Hier muss ich mich nicht verstellen, und jeder springt für den anderen ein, wenn es ihm schlecht geht. Das nimmt den Druck, und mit der Zeit gewinnt man Sicherheit (…). Was heißt schon behindert? Die einen haben Kreuzschmerzen, die anderen eine Depression (…). Beide sind zeitweilig in ihrer Leistung eingeschränkt. Die Übergänge sind doch fließend« (ebd.). Vielleicht wird es künftig möglich sein, solche Angebote auszubauen und sie in größerem Ausmaß auch für autistische Menschen nutzbar zu machen.

Stress erkennen, abbauen und vorbeugen
    Die Stressbelastung, insbesondere bei berufstätigen Menschen, steigt stetig. Menschen mit Autismus sind aufgrund ihrer speziellen Schwierigkeiten, aber auch aufgrund der Tatsache, dass sie sich in vielen Bereichen von ihrer Umgebung unterscheiden und oft isoliert sind, verstärkt psychisch belastenden Situationen ausgesetzt. Das Thema Stress wird durch die Bemühungen, die Betroffenen in Arbeitsprozesse einzugliedern, in Zukunft noch bedeutender.
    Das Gehirn eines jeden Menschen hat nur begrenzt Energie zur Verfügung. Sein Gewicht beträgt lediglich etwa 2 % des Körpergewichts, gleichzeitig aber benötigt es etwa 20 % der Energie des gesamten Organismus. Daher arbeitet es nahezu ständig an seiner Kapazitätsgrenze und gilt als besonders störanfällig (Schirmer 2010, 102).
    Da autistische Menschen aufgrund der schwachen zentralen Kohärenz Zusammenhänge, Regeln und Ordnungen von Informationen nur unzureichend erkennen können, sind sie auch nicht oder nur seltener als andere Menschen in der Lage, die Möglichkeiten der energiesparenden Verknüpfung von Daten zu nutzen. Zudem kosten beispielsweise Veränderungen und unerwartete Ereignisse oder aber der Aufenthalt in einer sehr reizintensiven Umgebung besonders viel Energie. Sie werden von Menschen mit Autismus als besonders stressig empfunden, da sie wesentlich mehr Aufmerksamkeit erfordern als Routinetätigkeiten. Die Betroffenen stoßen aber bereits bei der Alltagsbewältigung häufig an ihre Grenzen, sie sind also oft überfordert, wenn es gilt, sich auf unerwartete Situationen einzustellen, Neues zu entdecken und zu erlernen oder auf Veränderungen angemessen zu reagieren. In diesen Zeiten kommt es besonders häufig zu einer Überladung des Gehirns mit Daten und nachfolgend zum Zusammenbruch seiner Energiezufuhr (»Overload«). Nicole Schuster, eine junge Frau mit Asperger-Syndrom, kennt diese Zustände, versucht ihre Ursachen zu ergründen und beschreibt diese Momente als sehr quälend: »Ich erlebe meinen Overload-Zustand, wenn zu viele Reize auf mich einprasseln. Die Grenze, was zu viel ist, ist nicht immer gleich (…). Ein Zuviel an Reizen ist eine quälende Belastung (…). Jeder, der mit Overload-Zuständen Erfahrung gemacht hat, weiß, wie furchtbar sie erlebt werden können« (Schuster 2007, 57).
Routinen und Rituale entlasten
    Als Ausweg, quasi als Erholung, werden von Menschen mit Autismus Stereotypien und Spezialinteressen verfolgt, die die Aufmerksamkeit für die Umgebung reduzieren und die dadurch mit nur geringem Energieaufwand geleistet werden können. Sie stellen also eine ganz gesunde Reaktion dar. Es ist daher wichtig, insbesondere in anstrengenden Zeiten in den Tagesablauf

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