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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Preißmann
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können durchaus auch schöne Erfahrungen darstellen. Vielleicht kann dann als Unterstützung im Vorfeld der geplante Tagesablauf in Erfahrung gebracht werden, um etwas mehr Sicherheit zu haben.
Regelmäßige klare und eindeutige Rückmeldung ist wichtig; nach Möglichkeit sollte es sich dabei immer wieder auch um ein positives Feedback handeln. Menschen mit Autismus reagieren auf (auch gut gemeinte) Kritik oft sehr empfindlich und beziehen diese häufig auf sich als Person.
Konstante Bezugspersonen sind häufig unverzichtbar. In einigen Bereichen sind autistischen Menschen einfach Grenzen gesetzt, sodass sie auf solche Leute angewiesen sind, die ihnen in diesen Fällen unterstützend zur Seite stehen und die Dinge erklären, die sie vor allem im sozialen Kontext nicht verstehen. Manchmal können sich daraus sogar Freundschaften entwickeln, wie es auch Nicole Höhlriegel beschreibt.
Welche Tätigkeiten sind besonders geeignet?
    Es kommen für Menschen mit Autismus besonders solche Tätigkeiten in Betracht, bei denen bestimmte Aspekte im Vordergrund stehen (Baumgartner et al. 2009, 72–73). Also Tätigkeiten,
die nur wenig Flexibilität und Kreativität erfordern;
die in Art und Umfang vorausgesagt werden können;
mit wenig Publikumsverkehr und Kundenkontakt;
die nur wenig Team- und Kooperationsfähigkeit erfordern;
die keine Führungs- und Leitungsfähigkeit notwendig machen;
mit geringen Anforderungen an Multitaskingfähigkeiten, die in Ruhe und ohne Zeitdruck nacheinander erledigt werden können;
in einer ruhigen, gleich bleibenden Umgebung, die routinemäßig ausgeführt werden können (z. B. Scannen, Sortieren und Versenden von Informationen);
mit klaren Verläufen und klaren Vorgaben bezüglich Zielsetzung und Ausführung (ausgehende Post, Archivierung etc.)
bei denen es nicht auf Geschwindigkeit, sondern auf Details und Genauigkeit ankommt (Dateneingabe, Korrektur von Texten etc.);
bei denen man ein gutes Detailgedächtnis braucht;
die ohne komplexe soziale Interaktion ausgeführt werden können;
ohne allzu hohe (fein-)motorische Anforderungen.
    Insgesamt aber ist es sicher wichtiger, die Rahmenbedingungen für Menschen mit Autismus so zu gestalten, dass diese eine gute Arbeit leisten können. Dann kann eine erfolgreiche Tätigkeit in vielen verschiedenen Bereichen möglich sein. Das betonen die Schreiber der beiden Erfahrungsberichte ebenso wie viele andere Betroffene, die in vermeintlich »schwierigen« Berufen arbeiten. Auch hoch qualifizierte Tätigkeiten in Wissenschaft und Forschung sind dabei durchaus denkbar. Tony Attwood beschreibt Universitäten etwa als »Behindertenwerkstätten für Menschen mit sozialen Problemen« (Attwood 2008, 356).
    Umgekehrt ist leider auch bei exzellenten Fachkenntnissen ein Scheitern möglich, wenn es nicht gelingt, realistisch die Erwartungen einzuschätzen, die an die eigene Person gestellt werden. Das müssen auch nicht autistische Menschen oft schmerzvoll erfahren. Ein gutes Beispiel ist der ehemalige Fußballprofi Sebastian Deisler, der, obwohl als begnadeter Fußballer und »Ausnahmetalent« allseits bewundert, scheiterte, da er mit den sozialen und kommunikativen Anforderungen, die dieser Beruf eben auch mit sich bringt, nicht zurechtkam und schließlich aufgab. Auch Simone Pinke beschreibt, wie wichtig die Rahmenbedingungen und die Unterstützung durch ihre Kollegen für sie waren, die ihre Schwierigkeiten, aber vor allem auch ihre Ressourcen wahrnahmen und ihre wertvolle Arbeitskrafterkannten: »Ich hatte nach der Ausbildung das Glück, in einem kleinen Druckereibetrieb tätig sein zu können, in einem nur kleinen Kollegenkreis. Meine Arbeit war übersichtlich strukturiert und in gewisser Weise auch routiniert. Auf meinem Schreibtisch lagen die Aufträge, nach Auslieferungstermin oder anderer Priorität übersichtlich sortiert, sodass ich einen nach dem anderen bearbeiten konnte. Und wenn sich bei der Auftragsabwicklung für mich unlösbare Schwierigkeiten ergaben, so stand mir stets ein Kollege hilfreich und geduldig zur Seite, der mir vor allem unmissverständliche Erklärungen sowie auch direkte Arbeitsanweisungen in freundlichem Ton erteilte (…). Dem rücksichtsvollen Engagement meines Vorgesetzten und der wenigen Kollegen, die meine Stärken erkannt hatten und zu schätzen wussten, habe ich es zu verdanken,

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