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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Preißmann
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autistischen Partner mitteilen sollte.
Unterschiedliche Bedürfnisse nach körperlicher Nähe
    Problematisch ist für Menschen mit Autismus in der Regel auch die körperliche Nähe, vor allem dann, wenn es sich nur um leichte, zärtliche Berührungen handelt, wie es auch Nicole Höhlriegel beschreibt. »Berührungen, vor allen Dingen jene, auf die ich mich nicht vorbereiten kann, sind mir unangenehm und lösen eine große Unruhe in meinem Innen-Erleben aus. Manchmal machen sie mir auch Angst, weil ich mit dem Gefühl, das sie in mir auslösen, überfordert bin und dieses gedanklich nicht zuordnen kann« (Kiefner 2011, 56). Wichtig ist daher die Möglichkeit, sich bei Bedarf auch in einer Partnerschaft zwischendurch zurückziehen zu können, was eventuell auch getrennte Wohnungen nötig macht. Das bedeutet »aber nicht, dass wir unseren Partner nicht lieben oder nicht mehr lieben« (Carstensen 2009, 31). Vielmehr kann auch in der räumlichen Distanz oft Nähe erlebt werden. Obwohl natürlich die gemeinsame Gestaltung des Alltags nicht zu kurz kommen darf, sind hier also gegenseitige Freiräume wichtig mit der Möglichkeit, auch getrennte Aktivitäten zu planen. Das bedarf aber der Abstimmung mit dem Partner, damit die Beweggründe nachvollziehbar sind und keine Eifersucht aufkommt.
Immer wieder Kompromisse suchen
    Beziehungen zwischen autistischen und nicht autistischen Menschen sind insgesamt immer wieder von der Suche nach Kompromissen geprägt, mit denen beide Seiten leben können. Dabei müssen die Partner jeweils doch deutliche Zugeständnisse an die andere Seite machen, was ein Analysieren und Kommunizieren der eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Schwierigkeiten notwendig macht. Insbesondere zu Beginn stellt eine solche Beziehung daher stets aufs Neue große Anforderungen an beide Partner, und in nicht wenigen Fällen ist auch bei längeren Partnerschaften die Notwendigkeit beschrieben, sich Hilfe bei einer Paarberatung zu holen, wobei der Therapeut in diesem Fall Kenntnis vom Asperger-Syndrom und den speziellen Schwierigkeiten haben sollte, um effektiver helfen zu können.
Besondere Qualitäten anerkennen
    Die speziellen Probleme, mit denen Menschen mit Autismus zu kämpfen haben, machen es für sie nicht einfacher, einen geeigneten Partner zu finden. Aber vielleichtmachen sie es leichter, eine tiefe und ehrliche Beziehung zu führen, wenn der richtige Partner erst einmal gefunden ist. All die Eigenschaften der Betroffenen, die in der für den autistischen Menschen oft so fremden Welt manchmal nicht unbedingt auf den ersten Blick als Qualitäten erkannt werden, kann man in eine solche Liebesbeziehung einbringen (Preißmann 2009, 81). Dadurch ist der Partner oft bereit, über viele kleinere Schwierigkeiten in der Beziehung hinwegzusehen:
Ehrlichkeit
Ernsthaftigkeit
Treue
Loyalität
Exklusivität der Zuneigung
Verständnis
ein vielleicht etwas altmodischer Sinn für Romantik
Zeit
vorsichtige Zärtlichkeit
Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft
    Und insgesamt muss man sich verdeutlichen, dass die meisten Berichte von Partnerschaften autistischer Menschen von solchen Betroffenen stammen, die »keine frühe Diagnose und entsprechend keine frühzeitige Hilfe zur Förderung ihrer sozialen Fähigkeiten erfahren haben. Diese Menschen wussten ihr Leben lang, dass sie anders sind, und haben entsprechende Tarn- oder Kompensationsmechanismen entwickelt. Mit ihnen konnten sie einen gewissen oberflächlichen sozialen Erfolg erreichen, doch wirken sie sich in einer intimen Beziehung eher nachteilig aus. Wenn in Zukunft Menschen mit Asperger-Syndrom zunehmend frühzeitig Hilfe und Verständnis erfahren, werden auch immer mehr von ihnen erfolgreich langfristige Beziehungen erleben, in denen beide Partner glücklich sind« (Attwood 2008, 369).
    Dass eine Partnerschaft auch für die Betroffenen eine sehr beglückende Erfahrung darstellen kann, beschreibt Jerry Newport in seinem Bericht: »Wir nahmen einander in die Arme, und ich schloss die Augen und legte meine Wange auf ihre Schulter. Es war, als umarmte ich ein ganzes Leben voller Hoffnungen und Träume. Mir war schwindlig. Alles, was ich mir je im Leben gewünscht hatte, hielt ich in meinen Armen. Der Augenblick war so vollkommen, dass ich beinahe in Ohnmacht fiel« (Newport u. Newport 2005, 17).

    Obwohl der Körperkontakt oftmals als

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