Asperger - Leben in zwei Welten
knüpfen, weil sie sich die dafür notwendigen Fähigkeiten aneignen konnten. Anderen Menschen wird dabei allerdings kaum auffallen, wie viel geistige Energie, Unterstützung, Verständnis und Ausdauer dafür notwendig waren, um so weit zu kommen.
Probleme bei der Partnersuche und in der Partnerschaft
Die Partnersuche stellt sich meist schwierig dar, beispielsweise legen die Betroffenen oft nur wenig Wert auf ihre äuÃere Erscheinung, sie machen sich keine Gedanken darüber, wie sie auf ihr Gegenüber wirken. Dies lässt sie auf das andere Geschlecht nicht unbedingt von Beginn an attraktiv wirken. Zudem sind sie allein meist nicht in der Lage, auf einen fremden Menschen zuzugehen, sondern in der Regel darauf angewiesen, dass der andere den ersten Schritt macht. Eine sehr schöne Hilfe erhielt Simone Pinke, die von ihren Freunden zu Spielabenden eingeladen wurde, zu denen man auch den Mann bat, den man als für sie geeignet ausgesucht hatte. Dass sich hieraus dann tatsächlich auch eine langjährige Beziehung entwickeln konnte, ist natürlich ein Glücksfall. Menschen mit Autismus fällt es schwer, ihr Interesse am anderen Menschen adäquat zu zeigen und auszudrücken. Die Kunst des Flirtens beherrschen sie allenfalls ansatzweise.
Sie wissen häufig nicht, wie sie sich bei einer Begegnung verhalten, worüber sie sprechen und wie viel sie über sich selbst erzählen sollten. Wenn ihr Spezialinteresse ins Spiel kommt, langweilen sie nicht selten ihr Gegenüber mit ausgedehnten Monologen, ohne dass ihnen dies jedochbewusst wäre. Mit den Themen anderer Menschen können sie dagegen meist nur wenig anfangen: »Tatsächlich trennten mich Welten von den Gleichaltrigen. Die Mädchen in meiner Klasse diskutierten begeistert über die neueste Mode, während ich mich in Sweatshirts aus dem Discounter, ausgebeulten Jeans und aufgetragenen Schuhen einer Tante wohl fühlte. Sie tanzten zu englischer Musik, lasen in der âºBravoâ¹ und redeten über Dinge, die ich nicht verstand« (Schuster 2007, 136â137).
Einen Partner finden können autistische Menschen auf dieselbe Weise, wie dies auch bei anderen Menschen der Fall ist, nämlich beispielsweise
während der Schulzeit, im Studium, am Arbeitsplatz;
auf gesellschaftlichen Ereignissen wie Partys oder Volksfesten;
bei der Ausübung von Freizeitinteressen;
über Stellenanzeigen in Zeitungen etc.;
im Internet (Community-Portale wie Facebook o. Ã., Single-Börsen, Foren, Chats etc.).
Gefühle aushalten und ausdrücken
Ein Gefühl der Zuneigung für das Gegenüber ist für die Betroffenen oft nur schwer auszuhalten, da sie es nicht kennen und zunächst häufig nicht richtig einordnen können. Alles Ungewohnte macht Angst und wird in der Regel anfangs als unangenehm empfunden, so auch unbekannte Emotionen. Man geht inzwischen jedoch davon aus, dass autistische Menschen Emotionen zwar anders erleben, dass diese Unterschiede aber geringer sind, als bislang angenommen wurde (Dziobek u. Bölte 2009, 137). Auffällig sind die Schwierigkeiten der Betroffenen beim Ausdrücken von Gefühlen, sie wirken dabei oft förmlicher oder gefühlloser, als sie in Wirklichkeit sind. Ihre Zuneigung zeigen sie beispielsweise »eher auf praktischer Basis: Wenn ich meinem Partner mal wieder einen Liebesbeweis zukommen lassen will, dann staube ich seine umfangreiche Engelsammlung ab« (Carstensen 2009, 49). Dies wird auch in den beiden Berichten beschrieben.
Missverständnisse vermeiden und ausräumen
Eventuelle Missverständnisse sollten offen angesprochen werden, denn hinter vermeintlichen Provokationen steht oft einfach ein zunächst unverständliches Verhalten, das häufig nachvollziehbar wird, wenn man es sich erklären lässt: »Alles, was jahrelang als bloÃe Ignoranz und Egoismus ausgelegt worden war, erschien auf einmal in einem völlig anderen Licht« (Schmidt 2009, 572). Ein abendlicher Spaziergang am See kann beispielsweise von einem nicht autistischen Menschen als sehr romantisch empfunden werden, während der Partner mit Autismus ihn vielleicht eher als Möglichkeit sieht, die Wasserqualität oder die Pflanzenwelt zu studieren, um dann erfreut die Veränderungen des Ãkosystems mitzuteilen.Der nicht autistische Partner könnte sich gekränkt fühlen, weil seine romantischen Gefühle nicht erwidert werden, was er dem
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