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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Preißmann
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unangenehm
empfunden wird, besteht nicht selten durchaus
der Wunsch nach guten Freunden und einem
verständnisvollen Partner.
Eigene Kinder?
    Im Erwachsenenalter machen sich viele autistische Menschen auch Gedanken, ob es für sie wohl möglich sein könnte, eigene Kinder zu haben, und in manchen Fällen gelingt dies auch (Schmidt 2009), wenn die äußeren Voraussetzungen günstig sind:
finanzielle Situation
stabile Beziehung
sichere Arbeitsstelle
zusätzliche Unterstützung durch Familienangehörige, Therapeuten, Sozialarbeiter etc.
    Für die meisten Betroffenen allerdings stellt nach reiflicher Überlegung eigener Nachwuchs eine so grundlegende Veränderung dar, die das eigene Leben so vollständig auf den Kopf stellt, dass die Realisierung des Kinderwunsches in vielen Fällen kaum möglich scheint. Was bleibt, ist jedoch die Sehnsucht, gerade dann, wenn im Freundes- und Bekanntenkreis Kinder erlebt werden. Besonders schwer ist es oft in den Sommermonaten, wenn man zuschauen muss, wie andere junge Eltern mit ihren Kindern draußen spielen. Vielleicht wird es irgendwann möglich sein, den Schmerz zu verarbeiten, den dieser Verzicht bedeutet, eventuell auch in Form eines Abschiedsbriefes.
Vom Kinderwunsch verabschieden
    Ich habe folgenden Brief an mein nie geborenes Kind geschrieben:
    Â»Mein Schatz,
    allmählich muss ich mich wohl endgültig von Dir verabschieden. Das fällt mir sehr, sehr schwer, und bis zuletzt hatte ich gehofft, dass es vielleicht doch noch klappen könnte mit uns beiden. Aber ich bin jetzt achtunddreißig, sodass es nun doch Zeit wird, mich von diesem Wunsch und damit auch von Dir zu trennen. Ich werde es nicht schaffen können, ein Kind zu haben.
    Es tut mir sehr, sehr leid, dass es Dich nie geben wird in meinem Leben. Ich glaube immer noch, dass ich Dir eine gute Mutter gewesen wäre, zumindest jedoch hätte ich mir große Mühe gegeben. Ich hätte alles für Dich getan. Ich hätte mit Dir gespielt und mich gefreut, wenn Du Spaß daran gehabt hättest. Wie andere Mütter auch hätte ich Fotos von Dir gemacht und sie immer wieder stolz angesehen. Ich hätte für Dich gesorgt und mit aller Kraft versucht, Dir eine gute Mutter zu sein. Aber ich hätte auch große Angst um Dich gehabt, vor allem dann, wenn ich Dichspäter für eine gewisse Zeit am Tag in den Kindergarten oder die Schule hätte geben müssen. Wahrscheinlich wäre ich ziemlich eifersüchtig gewesen, wenn Du eines Tages in Deiner Freizeit lieber mit Deinen Freunden zusammen gewesen wärst als mit mir, und vermutlich hätte ich dann versucht, sie zu vergraulen, auch wenn ich mir eigentlich nichts anderes als Glück und Freude für Dich gewünscht hätte. Ich weiß nicht, ob wir diese Zeit hätten ertragen können, sie wäre wohl sehr schwer gewesen für uns beide. Vermutlich wäre es auch schwer für Dich gewesen, eine solche Mutter wie mich zu haben, die in vielen Dingen nur ungenügend funktioniert. Du hättest Dich wahrscheinlich immer wieder für mich schämen müssen, und ich wäre sehr traurig und verzweifelt darüber gewesen.
    Vielleicht ist es also besser für uns beide, dass wir uns nicht kennen lernen werden. Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du eine andere Frau finden wirst, die Dir eine bessere Mutter sein kann als ich. Ich wünsche Dir von Herzen alles Glück dieser Welt. Es wird Dich niemals auf dieser Welt geben, aber es wird auch in Zukunft kein Tag vergehen, an dem ich nicht an Dich denke, an Dich, meinen Schatz. Du wärst mein größtes Glück gewesen, das Schönste, was mir die Welt hätte bieten können« (Preißmann 2009, 79).

Vernetzt leben
    Ist es das Schicksal vieler autistischer Menschen, allein zu bleiben, obwohl sie sich sehr einen zumindest gelegentlichen Austausch mit anderen wünschen? Oder gibt es außer festen Freundschaften noch andere Möglichkeiten, in Kontakt zu kommen und Gemeinschaft zu erleben? Nachfolgend werden Möglichkeiten und Chancen dargestellt, die aber auch dazu anregen sollen, eigene Lösungen zu finden.
Nachbarschaft
    In beiden Erfahrungsberichten in diesem Kapitel wird deutlich, wie schwierig es für Betroffene ist, mit Menschen der näheren Umgebung einen befriedigenden Kontakt herzustellen. Dabei kann eine funktionierende Nachbarschaft sehr wertvoll sein im Hinblick auf
wechselseitige Unterstützung (im

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