Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
wartete keine Antwort ab. Mit schmerzverzerrtem Gesicht wandte er sich um und hielt auf das Areal hinter dem schwarzen Thron zu.
Rugor klopfte Sai auf die Schulter und fragte nach Ari. Ein Schatten legte sich auf die Miene des Kriegers. »Das ist eine lange Geschichte, die ich dir gerne erzählen werde. Nur so viel fürs Erste: Sie traf eine schwere Entscheidung, die die Menschheit vor der Vernichtung bewahrt hat. Aber sie musste dafür einen hohen Preis bezahlen: uns alle zu verlassen und ihren eigenen Weg zu gehen. Ich hoffe, wir werden sie wiedersehen.«
Rugor nickte kurz. Sein Gesicht war nachdenklich. »Sie wird mir fehlen. Ich hatte mich so an den kleinen Wildfang gewöhnt. Aber lasst uns nun die nötigen Vorbereitungen treffen. Die Festung ist in Bedrängnis und ich weiß nicht, wie lange wir sie halten können.«
Die Gefährten gingen zu ihren Leuten und gaben den Befehl zum Abmarsch. An der Oberfläche musste eine Festung verteidigt werden.
Der Seelenwanderer
arben in allen Schattierungen flogen an Ari vorüber. Bizarre Formen bildeten sich in dem milchigen Strudel ihrer immateriellen Reise, nur um Augenblicke später wieder zu zerfasern oder andere Gestalt anzunehmen. Oben und unten verschmolzen zu einer dünnen Linie. Rechts und links waren nicht mehr existent. Es fühlte sich an, als ob sie überall gleichzeitig war und doch nirgends wirklich. Angst machte sich in ihr breit. Bei ihrer ersten Portalreise war es nach wenigen Augenblicken vorbei gewesen, doch diese hier fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Sie spürte, wie sie sich langsam in der Unendlichkeit auflöste. Ari gab ihren inneren Widerstand willenlos auf und ließ sich nun einfach treiben. Langsam wich das Gefühl der Angst einer angenehmen Wärme und Zufriedenheit. Unvermittelt ging jedoch ein Ruck durch ihren Körper und Panik keimte wieder in ihr auf. Sie wollte diesen neuen, wohligen Zustand nicht aufgeben, diesen unbeschreiblichen Frieden nicht verlieren. Aber die bunten Farben verblassten und alles wurde in ein strahlendes Weiß getaucht. Direkt vor ihr erschien ein kleiner schwarzer Punkt, der sich stetig und schnell ausbreitete, bis er sie wie ein großes Maul vollends verschlang. Sie spürte, wie Körper und Geist rasend schnell aufeinander zustrebten und ihre Person in einem dunklen Korridor nach vorne gerissen wurde.
Einem Pfeil gleich wurde die Dunkle aus dem Portal geschleudert und landete unsanft auf morastigem Waldboden. Mit ausgebreiteten Armen und Beinen versuchte sie, ihre Rutschpartie zu beenden. Ihr Atem ging schwer. Eine unerträgliche Hitze umgab sie und ein unangenehmer Film aus Feuchtigkeit legte sich augenblicklich auf ihre Haut. Fremdartige Geräusche drangen an ihr Ohr. Sie rappelte sich auf und sah sich um. Große, mangrovenartige Bäume standen um sie herum. Die Wurzeln, die wie Arme in der Erde steckten, waren dick und stark. Sie hielten die Bäume über dem Boden, so dass sie vor Überschwemmungen geschützt waren. Die Anordnung des Wurzelgeflechts erinnerte Ari an eiserne Gitterstäbe oder die Beine einer Riesenspinne. KleineTümpel, in denen brackiges, stinkendes Wasser stand, waren wie ein unregelmäßiges Muster über den Boden verstreut. Der Fäulnisgeruch raubte ihr fast den Atem. Insekten tanzten auf der Wasseroberfläche und erzeugten immer wieder kleine Kreise. Dies erweckte den Anschein von Regentropfen.
Ari hob unwillkürlich den Kopf und blickte zum Himmel, um zu sehen, ob es tatsächlich regnete. Aber die großen Urwaldriesen verbanden sich zu einem undurchdringlichen, dichten Blätterdach. Bunte Vögel in den Baumkronen sangen, zwitscherten und pfiffen fremdartige Lieder. Kleine, niedliche Vögel flogen und flatterten herum, aber auch solche, vor denen sie sich lieber in Acht nahm: Einige erreichten die Größe eines Kindes und ihre Krallen erinnerten in Länge und Schärfe an Krummdolche. Ari bewegte sich langsam, nutzte die Deckung hinter einem dicken Baumstamm, um nicht die Aufmerksamkeit der Riesenvögel auf sich zu ziehen. Dort wartete jedoch schon die nächste Überraschung: Eine Spinne, groß wie eine Katze, lauerte auf Beute. Acht schwarze, bösartig blickende Augen fixierten sie. Lange schwarze Haare bedeckten den angespannten Körper. Eine rötliche Zeichnung auf dem dicken Hinterleib erinnerte an eine grinsende Dämonenfratze. Die Mundwerkzeuge arbeiteten ohne Unterlass und giftiger, gelblicher Schleim tropfte in dicken Tropfen aus der Fressöffnung.
Die Assassine machte erschrocken
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