Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
schraubten. Sie dachte über ihre Entscheidung nach und hoffte, dass sie richtig war. Würde die Menschheit vernünftig werden, wenn man das »Unkraut« vernichtete, oder lag es in ihrem Blut, böse und korrupt zu sein? Die anderen Völker waren doch auch schon von Narrond verführt worden und hatten sich alleine wieder besonnen. Der Hunger nach Macht und Gold war stark in den Reihen der Menschen. Es wurden immer und immer wieder Individuen geboren, die nichts anderes als Gier im Kopf hatten und darüber die anderen Wesen und Tiro vergaßen. Nur ihr eigener Vorteil zählte für sie. Sie merkte gar nicht, wie sie laut überlegte: »Alleine werde ich es nie schaffen, den Garten vom Unkraut zu befreien, aber Mandrax sagte mir ausdrücklich, dass die Rubinfalken nicht mein Weg sind. Ich brauche Unterstützung, nur dann kann ich erfolgreich sein. Es werden viele den Tod finden müssen, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist.«
Ari wurde durch ein Knacken im Unterholz aufgeschreckt. Ihre beiden Handarmbrüste flogen förmlich in ihre Hände und Mirx erhob sich in die Luft, um im Notfall von oben eingreifen zu können. – Stille. – »Unnatürlich«, ging es der Assassine durch den Kopf. Hinter ihr raschelte es wieder. Sie fuhr herum und zielte auf die sich bewegenden Äste. Aber jetzt tippte etwas auf ihre rechte Schulter und sie zuckte zusammen. Vorsichtig ließ sie die Armbrüste sinken und drehte den Kopf leicht, um aus den Augenwinkeln sehen zu können, wer sie wie einen Anfänger hereinlegte. Sie konnte jedoch nichts erkennen.
Eine hohe Stimme drang an ihr Ohr. »Mit dem ältesten Trick der Welt kann man heute noch eine Assassine der Enrai hereinlegen? Kein Wunder, dass dein Volk nicht mehr in seiner ursprünglichen Form existiert. Außerdem ist es unhöflich, seinem Gesprächspartner nicht in die Augen zu sehen, also würden sich Ihro Gnaden bitte umdrehen, damit ich sehen kann. was mir Mandrax diesmal geschickt hat.« Bevor sich Ari umdrehte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Ihr Plan, durch das Feuer entdeckt zu werden, war aufgegangen. Dies musste der Gesuchte sein. Langsam wandte sie sich um und wunderte sich über das, was sie nun sah.
Ein kleiner, menschlicher Junge von nicht mehr als zwölf Jahren stand vor ihr und grinste sie mit einem schelmischen Lächeln an. Er steckte in einer grün-schwarzen Kutte, die mit einem groben Strick um die Taille zusammengehalten wurde. Sein Gesicht war gut zu sehen, denn er trug die Kapuze nur halb über den Kopf gezogen. Ein blonder Haarschopf lugte darunter hervor. Der kleine Mann richtete seinen Stecken auf die Dunkle und sagte: »Ich habe dich überlistet und gefangen. Die Künste der Assassinen scheinen in den letzten Jahrhunderten verkümmert zu sein.«
Ari erwiderte das Grinsen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sei dir da mal nicht so sicher, Kurzer«, entgegnete sie schnippisch. Etwas traf denJungen in den Rücken und riss ihn um. Zappelnd und quiekend lag nun er auf dem Boden und versuchte, sich den Klauen von Mirx zu entziehen. Der Falke senkte seinen Kopf und funkelte den Wicht böse an.
Die Gegenwehr des Kindes erschlaffte. »Ich sollte es mir eigentlich langsam merken, dass die Rubinfalken ihren Namen nicht von ungefähr haben«, meinte der Kleine mit einem tiefen Seufzer.
Die Dunkle umrundete den Knirps und betrachtete ihn eindringlich. »Du willst also der Freund von Mandrax sein? Bist du nicht ein bisschen zu jung dafür? Ich möchte nicht noch mehr Zeit verschwenden, also bring mich bitte zu deinen Eltern!« Ari befahl Mirx, den Kleinen freizulassen, und half diesem auf die Beine. Dabei kniete sie sich zu ihm und sah ihm in die Augen. Sie waren eisblau und zwangen Ari, innezuhalten und genauer hinzusehen. Grenzenloses Wissen und die Weisheit tausender Winter lagen in den großen Kinderaugen. Ari sprang rückwärts hoch und holte tief Luft. Der Knabe jedoch tat nichts. Er stand nur da und betrachtete sie mit schief gelegtem Kopf. Auch sie konnte ihre Augen nicht abwenden.
Das Kind schien die Dunkle förmlich zu durchbohren, um tief in ihre Seele zu sehen. Ari hielt dem stand, sie fühlte, dass das hier eine erste Prüfung war. Da wurde sein Blick auch schon weicher und es brach das Schweigen. »Verzeih mir, wenn ich dir Angst eingejagt habe, aber meine Erscheinung entspricht im Moment nicht meinem wahren Selbst. Glaube mir, wenn ich dir sage, dass ich der bin, den du suchst. Mandrax hat mir mittels Gedankenverbindung mitgeteilt,
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