Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
einen Satz zurück und griff nach ihren Handarmbrüsten. Das ekelerregende Tier bäumte sich auf und drohte mit den Vorderbeinen. Ein bösartiges Fauchen war zu hören. Ari verzog angewidert das Gesicht und nagelte die Spinne mit vier Bolzen an den Baumstamm. Die langen Beine schlugen und zuckten noch wild, als das Biest schon längst tot war. Durch die unnatürlichen Geräusche aufgeschreckt, stiegen Scharen von Vögeln auf und stießen Warnlaute aus. Im Moment darauf quiekte und schrie die gesamte Umgebung. Ari entschloss sich, die Beine in die Hand zu nehmen und das Weite zu suchen, bevor noch schlimmere Kreaturen auf den Tumult aufmerksam wurden.
Sie wusste nicht genau, wie lange oder wie weit sie gelaufen war, aber das tierische Kreischen ließ endlich nach und sie gönnte sich eine Pause. Mit zittrigen Fingern löste sie Mirx’ Armreif von ihrem Handgelenk und rief den Falken zu sich. Diesem war anzusehen, dass er sich in der Umgebung der Mangrovensümpfe nicht wohl fühlte. Beleidigt funkelte er seine Freundin an und gab missgelaunte Töne von sich. Ari kraulte ihn unter dem Schnabelansatz, denn sie wusste genau, dass er so nicht lange böse sein konnte. Es beruhigte sie etwas, Mirx an ihrer Seite zu wissen, denn die großen Raubvögel konnten für sie eine nicht zu unterschätzende Gefahr darstellen. Mit dem Rücken an einen Baum gelehnt saß sie auf der feuchten, dampfenden Erde. Ihr Gesicht war schweißnass, hohe Temperatur und Feuchtigkeit ließen das Atmen schwerfallen. Sie schickte Mirx durch das dichte Blätterdach, damit dieser die Gegenderkundete. Irgendwo in der Nähe musste Mandrax’ Vertrauter leben, oder der alte Drache und sein Magier waren noch nicht im Besitz ihrer vollen Kräfte und bei dem Portalzauber war etwas schiefgegangen.
Die Laune der Dunklen verschlechterte sich zusehends. Sie verabscheute das Klima und konnte sich nicht vorstellen, was sie hier überhaupt sollte. Mandrax sprach von einem Freund, der hier hausen sollte, aber von diesem war keine Spur zu entdecken. Die goldene Karte aus dem Tempel der Mutter Erde kam ihr in den Sinn. In den südlichen Sümpfen hatte sich ein Diamant bewegt. Das musste ihr Ziel sein. Nur wusste sie im Moment nicht, wo sie genau war. Jede Richtung konnte die richtige sein – oder auch die falsche.
Die Zeit verging, ohne dass sie einen Anhaltspunkt auf den ominösen Freund des Drachen fand. Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu und tauchte den Urwald in geisterhaftes Zwielicht. Die Geräusche um sie herum veränderten sich. Die nachtaktiven Tiere erwachten, um auf Futtersuche zu gehen, sich zu paaren oder was man sonst als Bewohner der Mangrovensümpfe so machte. Es war Ari auch egal, sie schlug sich mit ihren eigenen Problemen herum. Ihre Kleidung war mittlerweile mit Schlamm und Dreck verkrustet. Die Insekten ärgerten sie und es fühlte sich an, als fräßen sie sie bei lebendigem Leib. Mehr als einmal zupfte sie sich dicke Egel und andere Blutsauger von ihrer alabasterfarbenen Haut. Mirx ließ sie ab und an durch seinen Ruf wissen, dass er noch da war. Als das Licht schon fast vollständig verschwunden war, erreichte sie einen kleinen See. Fauliges Wasser stand darin. Blasen kräuselten die Oberfläche. Beim Zerplatzen setzten sie ein gelbliches Gas frei, das nach verdorbenen Eiern roch. Ari bemerkte, dass sich keine Tiere oder Insekten in der Nähe aufhielten. Auch die Mückenpopulation schien hier deutlich geringer. Sie beschloss, hier die Nacht zu verbringen, und entfachte ein großes Feuer; es sollte zum einen neugierige oder hungrige Tiere fernhalten und zum anderen ihren Aufenthaltsort weithin sichtbar machen. Vielleicht war ja das Glück auf ihrer Seite und der Gesuchte kam zu ihr.
Mirx brachte eine Art Beutelratte mit sechs Beinen und einem ungewöhnlich großen Kopf als Abendessen mit. Ari sah sich das Biest mit gemischten Gefühlen an, entschloss sich dann aber, es wenigstens zu kosten. Gemeinsam würgten sie das scheußlich schmeckende Vieh hinunter. Der Falke fraß es roh und Ari zog es vor, das nach Jauche riechende Fleisch zu braten. Sie musste sich stark konzentrieren, um den Brechreiz, den das muffig-schmierige Fleisch auslöste, zu überwinden. Nachdem der ärgste Hunger gestillt war, verzichtete die Dunkle auf den Rest ihrer Mahlzeit und warf sie ihrem gefiederten Freund hin, aber auch dieser schien bereits genug davon zu haben.
Die Assassine saß am prasselnden Feuer und sah den Funken zu, wie siesich in den Himmel
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