Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
zurück. Mein Wissen und meine Erfahrung wurden nun zu einem Fluch. Es ist nichts Schönes mehr an der Welt, wenn man die Hintergründe verstanden hat und feststellen muss, dass sich die Geschichte immerzu wiederholt. Es wechseln nur die Darsteller.«
Konrad stocherte wieder in der Glut herum. Auf seinem Gesicht breitete sich eine unendliche Traurigkeit aus. Er atmete tief ein und hob wieder zu sprechen an: »Glaube mir, Ari Schattenherz, ich würde etwas darum geben, wenn ich mich im nächsten Leben an nichts mehr erinnern könnte. Ich habe bereits vergessen, wie es sich anfühlt, etwas Neues zu entdecken. Den Reiz des Fremden zu spüren, wenn das Leben durch deine Adern pocht und du dich als Entdecker fühlst.« Eine einsame Träne rollte langsam über die mit Dreck verschmierte Wange. Er wischte sie ab und zwang sich zu einem Lächeln. »Aber vielleicht wird es mit dir ja anders. Soweit ich von Mandrax informiert wurde, geht es darum, dass Narrond von den Menschen ausgetrickst wurde und nun das ganze Gleichgewicht in Gefahr ist. Das könnte spannend werden. Bisher ist mir diese Situation nur zweimal untergekommen. Es ging jedes Mal schlecht aus. Solltest du es schaffen, die Menschen in ihre Schranken zu weisen, wäre das …« Mit einem Mal sprang der Kindliche auf und hopste um das Feuer. In seinen Augen loderte pure Energie. Unvermittelt ließ er sich auf Aris Schoß nieder. Seine Hände zitterten. »Das … das wäre einfach wunderbar.« Er drückte der verdutzten Dunklen einen feuchten Kuss auf die Wange und umarmte sie, dann flüsterte er ihr ins Ohr: »Ich danke dir schon jetzt. Dieses Gefühl der Vorfreude …, ich weiß schon gar nicht mehr, wann ich das zum letzten Mal spüren durfte. Danke! Danke!«
Ari lächelte und erwiderte die Umarmung. – Nach einer Zeit löste sie sich und stellte den kleinen Mann vor sich auf den schlammigen Boden: »Wir sollten mit der Ausbildung beginnen, die Zeit drängt.«
Verlegen kratzte sich Konrad am Kopf. »Du hast recht«, gab er zu. Er sah sich suchend um. Sein Blick blieb an dem Tümpel mit den stinkenden Gasblasen hängen. Er drehte sich zu Ari um, deutete mit seinem angekokelten Stöckchen in Richtung des verdreckten Wassers und befahl ihr mit ernster Miene: »Trink daraus! Jetzt sofort!«
Ari sah ihn verständnislos an, zuckte dann aber die Achseln und ging los. Sie kniete sich ans Ufer und schöpfte eine Handvoll des modrig riechenden Wassers. Ein kleiner fleischfarbener Wurm wand sich darin und versuchte über die Handkante zu entkommen. »Trink!«, erschallte es hinter Ari in gebieterischem Ton. Sie schloss die Augen und würgte alles hinunter. Sie spürte, wie sich der Wurm ihre Speiseröhre hinunterwand. Ekel übermannte sie und sie erbrachihren gesamten Mageninhalt in das brackige Gewässer. Von Übelkeitskrämpfen geschüttelt, drehte sie sich zu Konrad um und fragte ihn, was die Quintessenz aus dieser Lektion sei. Dieser brach in lautes Gelächter aus und wälzte sich auf dem Boden. Tränen der Schadenfreude liefen dem kleinen Schelm über die rosigen Wangen, er prustete und schüttelte sich und hielt sich den Bauch vor Lachen. Nachdem er sich endlich wieder gefangen hatte, sagte er zu der verständnislos dreinblickenden Ari: »Eigentlich wollte ich nur sehen, ob du es tatsächlich tust. Welchen erleuchtenden Sinn sollte es denn haben, aus diesem dreckigen Tümpel zu trinken?« Wieder lachte er hemmungslos. Die Assassine ging wutentbrannt auf den kleinen Bastard los. Konrad fuchtelte zwar wild mit dem Stöckchen, um sich zu verteidigen, kicherte aber immer wieder vor sich hin und stammelte dazwischen erklärende Worte: »Ari, tu nichts, was du nachher bereust. Du willst etwas daraus lernen? Dann lerne das: Ich sagte nie, dass ich dir etwas beibringen kann. Ich bin kein Lehrmeister. Ich sagte lediglich, dass ich viel Wissen und Erfahrung besitze. Ich kann dir Ratschläge geben und dich auf deinem langen Weg unterstützen. Doch eines sollest du gelernt haben: Vertraue nur dir selbst. Gehe deinen eigenen Weg und tue das, was du für richtig hältst. Du bist eine Assassine. Du arbeitest alleine, also verlass dich auf dein Urteil. Lebst du am Ende des Tages noch, hast du richtig gehandelt, wenn nicht, dann ist es deine Schuld und liegt alleine in deiner Verantwortung. Es gibt nichts Schlimmeres, als für die Fehler der anderen büßen zu müssen. Merk dir das, und jetzt sammle deine Knochen zusammen und beweg dich. Wir gehen zu meiner Unterkunft. Dort
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