Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
lächerlich und behinderte den Träger im Kampf nicht. Die Handschuhe waren wie auch die Stiefel aus dünneren Blechen gefertigt, um dem Träger mehr Gefühl zu lassen. Aber in ihrer Schutzwirkung standen sie dem Rest in nichts nach. Um die Hüfte war ein schlanker, nüchtern wirkender Schwertgurt geschlungen, dessen Schnalle wie ein weit geöffnetes Maul aussah. An den spitzen Zähnen waren Rubine eingearbeitet, sodass es wirkte, als ob Blut an ihnen klebte. Das Schwert schließlich war etwas Besonderes. Es steckte in einer schlichten schwarzen Lederscheide, die mit einem Silbersporn am Ende ihren Abschluss fand. Die darin verborgene Klinge musste sehr breit und doppelseitig geschliffen sein.
Eriel sah von dem Schwert des Störenfrieds zu dem Rugors. Man hörte förmlich das Goldstück in seinen Gedanken fallen, als ihm die Ähnlichkeit in der Machart der beiden Schwerter auffiel. Der Magier gab Wolfgar, der neben ihm stand, einen sachten Stoß und bedeutete ihm mit einem Blick, sich in die Nähe des Eindringlings zu stellen. Dieser verstand und schob sich vorsichtig immer weiter Richtung Ausgang. Derweil bereitete der Magier einen mächtigen Schutzzauber vor, den er bei Bedarf mittels eines einzigen Gedankens heraufbeschwören konnte. Während Eriel unbemerkt die feinen magischen Fäden zu einem Netz verwob, starrte Rugor ungläubig auf den schwarzen Ritter, die Fäuste geballt. Dieser trat vor und setzte den Helm ab. Eine lange schwarze Mähne fiel auf die Schulterstücke der Panzerung. Sie rahmten ein schier überirdisches Gesicht ein, das zu einer Frau gehörte, die an Schönheit alles übertraf, was die Anwesenden bisher gesehen hatten. Lasziv schüttelte sie ihr Haar und sah in die Runde. Ihre Haut war weiß wie feinster Alabaster und ihre Augen stechend orangerot. Sie strahlten die süße Verheißung der Sünde aus und glommen wie die Glut eines Vulkans kurz vor dem Ausbruch. Sie setzte ein entwaffnendes Lächeln auf, das spitze Eckzähne entblößte, stellte ihren Helm auf den Tisch und stützte sich, genau wie Rugor auf der anderen Seite, auf der Platte auf.
Hinter ihr waren noch zwei schwer gepanzerte Vampirritter ins Zelt gekommen, die, mit Zweihändern bewaffnet, hinter ihrer Herrin Stellung bezogen. Mit einer Stimme, die einem zärtlichen Traum glich, hob die Schöne zu sprechen an. Verführung und Gefährlichkeit schwangen in den Worten, die alleMänner und auch manche Frau in ihren Bann schlugen: »Baron Rugor, wir haben uns lange nicht gesehen. Wie viele hundert Winter waren es? Drei, vier oder gar mehr? Es war nicht sehr schön und auch nicht standesgemäß, mich einfach in unserer Burg zurückzulassen ohne eine Nachricht über deinen Verbleib. Ich hatte ein Recht darauf, schließlich bin ich deine Gattin, oder hast du das vergessen?« Ein Raunen ging durch das ganze Zelt. Die Vampirin war völlig unbeeindruckt, schlug lasziv ihre hypnotisierenden Augen auf und sah ihren Gemahl fest an, dabei lächelte sie unwiderstehlich.
Alle Blicke richteten sich nun auf Rugor, der sich seine nächsten Worte wohl zu überlegen schien. »Ich grüße dich! Du siehst noch immer bezaubernd aus! Aber du weißt, warum ich dich damals verlassen habe und meinem Volk den Rücken kehrte.« Er ließ sich in seinen Stuhl fallen und suchte nach dem nächsten Satz. »Da es nun sowieso keine Rolle spielt, sollen es alle erfahren. Die Vampire sind kein eigenes Volk. Einige der infizierten Aristokraten der einzelnen Völker konnten es nicht ertragen, dass sie ihre Macht nicht weiter ausüben konnten. Sie wurden von ihren nicht infizierten Leuten vertrieben oder getötet. Viele der Überlebenden entkamen bis hinter den Schwarzholzwald, der weit im Südosten liegt. Sie versklavten die Bevölkerung, die sie dort antrafen – meist primitive Menschen –, und erschufen sich ein Reich der Dunkelheit. Sie regierten mit eiserner Faust und begannen, sich als Götter auf Erden zu fühlen. Ihre ›Untertanen‹ behandelten sie wie Vieh – und genau das waren sie auch. Heute noch erfüllen sie nur einen Zweck – sie sind lebendige Schläuche, die mit Blut gefüllt sind. Einige der alten Völker kennen noch die Geschichten der Vampirkriege. Mein Volk schwang sich damals in einem Anfall von Wahn auf, Tiro zu erobern und zu unterjochen. Aber die Drachen machten ihnen einen Strich durch die Rechnung. Mandrax war damals derjenige, der den König der Vampire erschlug und seine Gebeine einäscherte, auf dass er niemals wieder auferstehen
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