Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
Steinbildnis des stehenden Mannes. Sie erkannten nun auch die Details. Es war ein Greis, sein Bart reichte bis unter die Hüften. Gekleidet war er in eine weit geschnittene Robe, an seinem Gürtel hingen ein Buch und mehrere Säckchen und Fläschchen. Die knienden Gestalten waren ausnahmslos Ritter, schwer gepanzert und bewaffnet. Ihren Gesichtszügen konnte man entnehmen, dass sie verschiedenen Völkern angehörten. Es waren Zwerge, Elfen und Menschen vertreten, stolze Kriegerinnen neben hammertragenden Zwergen mit langen Bärten. Sie alle hielten ihre Häupter gesenkt. Es schien so, als brächten diese Krieger mit ihrem Kniefall ihre Treue gegenüber dem alten Mann in ihrer Mitte zum Ausdruck.
Bei Eriel kam nun wieder der Forscher durch. »Wenn dies die XIII. Legion ist, dann müssen das hier die Hauptleute sein und der stehende Mann kein anderer als Argo selbst.«
Als der Elf den Namen des großen Erzmagiers aussprach, wehte ein leiser Lufthauch durch die kathedralenartige Halle, der den Modergeruch für kurze Zeit vertrieb. Die Gefährten sahen sich ratlos an und in Wolfgars Augen konnte man abergläubische Angst lesen. Ari stellte sich vor Argo. Mirx flatterte auf ihre Schulter und gab leise Laute von sich. Die Dunkle schaute in das steinerne Antlitz des großen Magiers. Sie erkannte Güte, aber auch Härte. Viele Falten umrahmten das alte Gesicht. Ari durchzuckte eine Eingebung, sie beute sich vor und flüsterte der Statue ins Ohr: »Freiheit – das höchste Gut, das wir besitzen können.« Sie wartete, aber nichts geschah. Schließlich beschlossen sie, die Umgebung nach Hinweisen für ihr weiteres Vorgehen abzusuchen, fanden aber nicht den geringsten Anhaltspunkt. Da eine Ruhepause nötig wurde, einigten sie sich darauf, ein Lager aufzuschlagen und zu beratschlagen, was als Nächstes zu tun wäre.
Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, redeten sie noch ausführlich über die Geschehnisse dieses Tages. Sie wussten immer noch nicht, warum sie hier waren, aber in Rugors Brief stand, dass sie hier den Großmeister finden und ihn erwecken sollten. Die beiden Krieger Sai und Yasden waren sich einig, dass Argo das Oberhaupt des Ordens sein musste, aber Ari hatte so ein Gefühl, dass er es nicht war. Die anderen stimmten ihr mehr oder weniger zögernd zu. Sie mussten wohl ein Wesen finden, das sehr viel älter war als alle Völker gemeinsam und damit auch eine sehr große Macht in sich trug. Doch auf die Frage, wo so ein Wesen zu finden war, wusste niemand eine befriedigende Antwort. Argo jedenfalls schied aus, er war zwar mächtig, aber dennoch ein Mensch und gehörte somit zu den jüngeren Rassen in Tiro.
Wolfgar schnarchte vor sich hin und tat damit das einzig Vernünftige in dieser verfahrenen Situation – er schlief und sammelte seine Kräfte. Auch der Klingentänzer widmete sich seiner Meditation. Eriel lief aufgeregt zwischen den Steinstatuetten herum und folgte den nur für ihn sichtbaren magischen Fäden. Er erforschte das Geflecht des Zaubers, den Argo über sich und die Seinen gelegt hatte. Die Enrai staunte, mit wie wenig Schlaf der zerbrechlich wirkende Elf auskam. Sie schlenderte ein wenig durch die Halle und ließ ihren Blick schweifen, vielleicht hatten sie noch etwas übersehen. Eine Hand berührte Ari an der Schulter; es war Sai. Der Vampir machte einen ausgemergelten Eindruck. Er musste bald wieder trinken oder sein Zustand würde sich verschlechtern – und dann konnte die ganze Gruppe in Gefahr geraten.
»Geht es dir gut?«, fragte Ari ihren Freund, der blass und gehetzt wirkte.
Er nickte nur kurz und lächelte die Dunkle an, dann strich er über ihr weiß-silbernes Haar und ihre Wange. Ihre violetten Augen blitzen ob seiner Berührung. »Ich denke, Ari, du weißt, was ich für dich empfinde, oder kannst es zumindest erahnen.« Die Dunkle nickte und legte einen Finger auf seine Lippen, damit er nicht weitersprach.
Sai zog sie nahe zu sich heran und küsste sie leidenschaftlich. Sie erwiderte seine Zärtlichkeit stürmisch. Ihr ganzer Körper bebte und zitterte unter seinen Berührungen. Er war feinfühlig und fordernd zugleich, das gefiel Ari, und eng umschlungen sanken sie zwischen die modernden Möbel auf einen heruntergefallenen Wandteppich. Ari kicherte, als Sai versuchte, sich seiner Kleidung zu entledigen und mit einem Arm ungünstig darin hängen blieb. Das nutzte sie aus, um sich auf ihn zu setzen. Sie rieben ihre mittlerweile schwitzenden Körper aneinander, trieben auf einer
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