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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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vorsichtig. Sie war ständig auf der Hut. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Sie hatte Angst?«
    » Oui. Sie hatte eine … ganz bestimmte Angst. Vor irgend jemandem, vor irgend etwas. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch, das war mein ganz persönlicher Eindruck. Ihre Schwester hat mit keinem Wort erwähnt, daß sie Angst hatte. Ich habe sie nur beobachtet und habe mir gedacht, ja, sie ist vor irgend etwas auf der Hut. Als rechnete sie damit, einen Verfolger zu sehen, sobald sie einen Blick über die Schulter warf.«
    »Was hat sie von Ihnen gewollt? Nur eine Unterkunft?«
    »Sie ist hierhergekommen, um einen Mann namens Klaus Richter zu finden. Sie hat mir gegenüber nur erwähnt, daß sie ihn wegen irgendwelcher Recherchen sprechen müsse. Für ein geplantes Buch. Herrn Richter zu finden war kein Problem. Ich kenne den Mann. Ein guter deutscher Katholik, ein regelmäßiger Kirchgänger.« Sie lächelte. »Er besitzt eine Import-Export-Firma unten am Westhafen und ist ein bekannter und angesehener Geschäftsmann in Alexandria. Ein passionierter Golfspieler; ich habe sein Foto schon öfter in der Zeitung gesehen. Und er ist sehr, sehr deutsch. Fleißig und diszipliniert. Er ist ein einflußreiches Mitglied in der German Old Guard – einer Vereinigung von Veteranen des Afrikakorps, die nach Kriegsende und Gefangenschaft nach Ägypten zurückgekehrt sind, um hier zu leben. Richter wird von der ägyptischen Regierung sehr geschätzt, schon seit Nassers Zeiten. Ich glaube, Richter hat ihm vor vielen Jahren mal als Vermittler bei Waffengeschäften geholfen.«
    »Und Val ist den weiten Weg nach Ägypten gekommen, nur um sich mit ihm zu treffen?«
    »Es hatte den Anschein.« Schwester Lorraine blickte auf die Uhr. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, Mister Driskill, ich habe noch andere Verpflichtungen. Aber falls Sie noch weitere Fragen haben …« Sie zuckte die Achseln. »Oder falls Sie einfach nur reden möchten, rufen Sie mich an.«
    Sie gab mir die Adresse von Richters Büro. Kaum hatte ich sie verlassen, fühlte ich mich allein. Ich hoffte, daß sich die eine oder andere Frage auftat, um einen Grund zu haben, Schwester Lorraine noch einmal zu besuchen.
    Die graue Lagerhalle der Global Egypt Import-Export war eine von vielen ihresgleichen im geschäftigen, lärmenden Handelshafen: riesige Ladekräne rumpelten über die Schienen zu den Frachtschiffen; Zahnräder kreischten; Rufe und Schreie in Arabisch, Deutsch, Französisch und Englisch drangen an mein Ohr, und die Luft war erfüllt vom Geruch nach Öl und Benzin.
    Ich schätzte Klaus Richter auf Anfang Sechzig. Er war gebaut wie ein Mercedes – schwer, massig und unverwüstlich. Er trug sein weißes Haar kurz geschoren, wahrscheinlich nicht viel anders als damals im Afrikakorps. Das gebräunte Gesicht wurde von sonnengebleichten gelblichen Brauen beherrscht. Er trug eine alte, makellos saubere Fliegerjacke, ein blaßblaues Baumwollhemd, dessen obere Knöpfe offenstanden, so daß Büschel seines dichten weißen Brusthaares zu sehen waren, sowie Wüstenstiefel und Khakihosen mit messerscharfer Bügelfalte. Außerdem eine goldene Breitling-Armbanduhr, die so ziemlich alles anzeigte bis auf die Ergebnisse der US-Footballmeisterschaft. Als seine Sekretärin mich in Richters Büro führte, war er gerade damit beschäftigt, einen Golfball in einer Vertiefung im grünen Teppichboden einzulochen. Sie und ich stutzten, er schlug in aller Seelenruhe, lochte ein. Ich hörte das leise ping, als der Ball in die kleine Blechschüssel fiel.
    »Ein Julius-Boros-Schläger«, sagte ich.
    Er blickte auf, lächelte breit. »Julie hat mir diesen Putter vor zwanzig Jahren geschenkt. Er ist immer noch der beste, den ich je besessen habe.« Er lächelte immer noch, aber seine Augen nahmen einen fragenden Ausdruck an. »Möchten Sie mich geschäftlich sprechen, mein Freund? Oder sollen wir nur ein wenig über Golf reden?« Er hatte einen deutschen Akzent, aber ich hätte darauf gewettet, daß er mehrere Sprachen beherrschte. Ich stellte mich vor und sagte ihm, daß ich ein privates Anliegen hätte. Er gab seiner Sekretärin mit einem Kopfnicken zu verstehen, das Büro zu verlassen.
    Richter durchquerte das riesige, holzvertäfelte Zimmer und schob den Schläger in seine Schutzhülle. »Ich habe schon überall Golf gespielt, sogar in Augusta und Pebble Beach. Und alle großen Turniere in Schottland. Herrliche Plätze, herrlicher Rasen. Und wo lebe ich? Im größten Sandkasten der

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