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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Diejenigen, die mit den Besatzern kollaboriert hatten, mußten in ständiger Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen durch rachsüchtige Vigilantenkomitees leben. Morde waren in Paris und Umgebung an der Tagesordnung.
    In dieser vergifteten Atmosphäre stellte der vom Vatikan entsandte und inzwischen längst eingetroffene Mann seine Nachforschungen an – was den Mord an Pere Guy LeBecq betraf, den Ungehorsam der von Simon geleiteten Killertruppe, und den gescheiterten Versuch, jenen Mann zu töten, der mit dem Zug in Paris eintreffen sollte, mit anderen Worten: Er sollte herausfinden, auf welche Art und Weise die Assassini die ihnen vom Heiligen Vater übertragenen Aufgaben und Befehle mißachtet hatten.
    Der vatikanische Ermittler, der verdeckt arbeitete, dessen Identität nur wenigen Eingeweihten bekannt war und der seine Berichte nur an Bischof Torricelli leitete (der sich, wie Dunn und ich vermuteten, jedoch zumindest D’Ambrizzi anvertraut haben mußte – denn woher hätte dieser sonst seine Informationen beziehen sollen?), war ein kaltschnäuziger, rücksichtsloser und gefühlloser Monsignore, der, wie D’Ambrizzi schrieb, bald nur noch als der ›Collector‹, der ›Sammler‹ bezeichnet wurde, vermutlich aufgrund seiner Tätigkeit, die der eines Geheimdienstlers vergleichbar war, wobei er beharrlich das Ziel verfolgte, Beweise zu sammeln, Fakten, Hinweise. In D’Ambrizzis Augen war der Collector mit den Assassini vergleichbar, nur daß dieser Mann den Haß des Papstes auf die einst von Simon geleiteten Assassini verkörperte, da diese sich geweigert hatten, mit den Nazis zusammenzuarbeiten. Die Verachtung und die Abneigung, mit der D’Ambrizzi den Collector behandelt hatte, war, zumindest in seinen Memoiren, deutlich zu spüren, jedenfalls nach Aussage Dunns, der D’Ambrizzis Manuskript ja gelesen hatte. Monatelang sprach der Collector mit jedem, der Pere LeBecq gekannt hatte; er stellte seine Fragen ganz offen, sozusagen am hellichten Tag; doch auch in der Nacht, im geheimen; er stieg hinab in die Unterwelt zu Menschen, die ihm möglicherweise Hinweise auf die Assassini und deren gescheiterten Versuch geben konnten, den Mann im Zug zu ermorden.
    Es stellte sich heraus, daß Simon eine schwer zu knackende Nuß war; er behauptete steif und fest, nichts von einer geplanten Verschwörung gewußt zu haben, und schaffte es schließlich tatsächlich, daß seine Person nicht mehr mit dem Attentatsversuch in Zusammenhang gebracht wurde, so daß nur noch der Vorwurf bestehen blieb, den Befehl des Vatikans unterlaufen zu haben, mit den deutschen Besatzern zu kooperieren. In dieser Sache ließ der Papst nicht locker. Er berief den Collector nicht zurück, ließ die Angelegenheit nicht auf sich beruhen.
    Auch D’Ambrizzi blieb aufgrund seines profunden Wissens über die Aktivitäten der Assassini und seiner engen Kontakte zu Torricelli nicht vor den Nachstellungen des Collectors verschont. Ein dutzendmal, wenn nicht öfter, wurde er scharfen Verhören unterzogen, die manchmal bis zu sechs Stunden dauerten und in denen jede auch noch so kleine Begebenheit während der Kriegsjahre in Paris wieder und wieder durchgekaut wurde. Im Spätherbst des Jahres 1945 erkannte D’Ambrizzi immer deutlicher, daß der Vatikan – der Papst – den Collector unter zunehmenden Erfolgsdruck setzte: Der vatikanische Spürhund griff zu immer drastischeren Mitteln, den Mörder LeBecqs zu finden und die Hintergründe des fehlgeschlagenen Attentats aufzudecken. Wenn nötig, mußte die Schuld eben irgend jemandem in die Schuhe geschoben werden. Hauptsache, man konnte einen ›Verschwörer‹ vorweisen, der dann nach Rom gebracht werden sollte, wo ihn ein höchst Ungewisses Schicksal erwartete.
    Und dann verschwand Simon ganz plötzlich, von einem Tag auf den anderen. D’Ambrizzi bekam ihn nie wieder zu Gesicht.
    Als der Collector einsehen mußte, daß ihm ein Strich durch die Rechnung gemacht worden war, setzte er Bischof Torricelli unter Druck, dem vom Heiligen Vater ja schließlich die Verantwortung für die Assassini übertragen worden war, als der Papst Simon von Rom nach Paris entsandt hatte. D’Ambrizzi wußte allerdings, daß der Bischof ein höchst gewiefter kirchlicher Veteran war, mit allen Wassern gewaschen, gerissen und argwöhnisch und mit einer ausgeprägten Fähigkeit, sich in sein Schneckenhaus zurückzuziehen und abzuwarten, bis der schlimmste Sturm sich gelegt hatte, um dann unversehrt wieder zum Vorschein zu kommen. Und er

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