Assassini
üblich gehandhabt wird.«
»Könnten Sie sich jetzt der Frage zuwenden«, sagte ich, »wer Simon Verginius gewesen ist? Was es mit dieser Pius-Verschwörung auf sich hatte? Wer der bedeutende Mann im Zug war, auf den Simon ein Attentat …«
»Und welcher Hund in welcher Nacht gebellt hat? Jetzt hören Sie sich wie Sherlock Holmes an, Mister Driskill.«
»… und kennen Sie die Identität eines Mannes, der den Decknamen Archduke getragen hat?«
»Ich komme mir wie ein Kellner vor, der eine Bestellung entgegennimmt. Aber, aber« – Calder hob seine grobknochige Hand und winkte ab, als er sah, daß ich mich entschuldigen wollte –, »denn wenn wir nicht über die alten Zeiten reden – warum hätten wir uns dann treffen sollen? Und es geht nur um damals, das kann ich Ihnen versichern. Tja, wo sollen wir anfangen? Ich erzähle Ihnen einfach, was ich weiß … einverstanden, Father?« Er blickte zu Dunn hinüber, und der nickte.
»Alles beginnt mit Simon Verginius«, sagte ich.
»Und hört vielleicht auch mit ihm auf, ja? Also gut … Die Einsatzbesprechung des Ambrose Calder, ehemals Diener des Dritten Reiches, wird fortgesetzt.« Plötzlich knallte er die Handfläche auf die Tischplatte. »Achtung!« Zum erstenmal hörte er sich wie ein Deutscher an. Vorher hatte in seiner Stimme auch nicht der Hauch eines Akzents gelegen, allenfalls ein unbestimmbarer mitteleuropäischer Einschlag. Aber jetzt klang er wie ein Preuße. »Wirrr haben Mittel und Wege, Herrschaften, Leute zum Reden zu brrringen …« Er lachte. »So was hat man den Deutschen in den alten amerikanischen Spielfilmen immer gern in den Mund gelegt … Ich war einer dieser Deutschen.« Er seufzte. »Vor langer Zeit. Also, kommen wir zu Simon Verginius …«
Dunn konnte der Verlockung nicht mehr widerstehen und nahm sich eine der Davidoffs. Elizabeth saß am Kamin, die Beine übereinandergeschlagen, die Hände um die Knie gelegt. Ihre grünen Augen schienen sich nicht von Calders außergewöhnlichem Gesicht lösen zu können. Sie war offenbar von der bulligen Kraft und Energie dieses Mannes fasziniert.
»Sie wissen ja bereits, daß Simon auf Geheiß von Papst Pius nach Paris gekommen war, mit einem speziellen Auftrag … um eine Gruppe Assassini zu rekrutieren. Keine leichte Aufgabe, aber in Kriegszeiten leichter als in Zeiten der Ruhe und des Friedens. Der Begriff ›Pius-Verschwörung‹ bezieht sich gewiß nur darauf, daß der Heilige Vater die Assassini dazu benutzen wollte, geheime kirchenpolitische Vorstellungen durchzusetzen. Simon Verginius hat seine Aufträge über Bischof Torricelli erhalten, der sozusagen als Mittelsmann fungierte. Der Bischof hat sowohl die Kontakte zur Besatzungsmacht aufrechterhalten als auch zum Maquis, der Resistance. Pius wollte auf Nummer Sicher gehen, daß die Kirche ihren Anteil an der Beute erhielt, insbesondere an den Kunstschätzen, aber auch an Gold, Juwelen, was weiß ich. Aber vor allem ging es um Kunstgegenstände. Der Gedanke, daß Pius und Göring sich beim Streit um einen Tiepolo in die Haare gerieten, hat mich immer irgendwie erheitert. Die beiden waren ausgesprochene Gierhälse. Sie hätten das Gemälde eher auseinandergerissen, als es dem anderen zu überlassen.
Simon hat sich in der Folgezeit immer stärker von den Nazis abgewandt. Das haben wir gewußt. Das habe ich gewußt. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, daß Simon jemals mit ganzem Herzen bei der Sache war, was seinen ursprünglichen Auftrag betraf. Es lag einfach nicht in seiner Natur, nach Paris zu kommen und für die Nazis Dreckarbeit zu erledigen. Pius hat da einen Fehler gemacht – der alte Bastard hat nicht viele Fehler gemacht, aber dieser hier hatte noch jahrelange Nachwirkungen. Er hat sich den falschen Mann ausgesucht.«
»Das war ein großer Fehler«, sagte Elizabeth.
»Ein großer Fehler« wiederholte Calder. »Die Plünderungen, die Morde, die Verbindungen zwischen Nazis und Kirche – das alles bildete eine ideale Basis für die Möglichkeit der gegenseitigen Erpressung. Sie konnten einander als ehrlich hinstellen, oder unehrlich, falls Ihnen das lieber ist, solange die Beteiligten beider Parteien am Leben blieben und sich an die Abmachungen hielten. Nun, einige leben noch und haben sich an die Abmachungen gehalten, und Simon kennt sie alle …«
»Also lebt Simon noch? Mit Sicherheit?« Dunn räusperte sich, um zu zeigen, daß er auch noch bei der Sache war.
Calder lächelte. »Simon hat sie damals alle gekannt, nicht wahr?
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