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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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war klebrig von ihrem Blut und der Asche ihres Haares. Val war tot; ich hatte Mühe, wieder zu Atem zu kommen. Ich drehte ihren Kopf behutsam so, wie er gelegen hatte. Meine Schwester, mein liebster, bester Freund, der Mensch, den ich wie niemanden auf der Welt geliebt hatte, lag tot zu meinen Füßen.
    Ich setzte mich auf die Kirchenbank und hielt noch immer ihre Hand in dem verzweifelten und verrückten Versuch, sie zu wärmen. Mein Gesicht war vor Schmerz und Kummer wie eingefroren, und ich wehrte mich nicht dagegen; ich wollte nicht aufstehen, ich wollte nichts tun, ich wollte … nichts.
    Ein Anflug von Kälte, ein Windhauch nur, ließ irgend etwas flattern, irgend etwas, das sich unter einem Splitter an einer Kante der hölzernen Bank festgeklemmt hatte. Ich zog es hervor. Ein dreieckiger Stoffetzen, schwarz, imprägniert, als stammte er von einem Regenmantel. Ich schenkte ihm kaum Beachtung, hielt ihn einfach fest, damit auch meine andere Hand etwas zu tun hatte.
    Ich hörte, wie die Tür der Kapelle in den Angeln quietschte; dann erklangen Schritte auf dem Steinfußboden.
    Die Schritte näherten sich, verstummten neben mir, während ich noch versuchte, mein Zittern zu unterdrücken. Ich hoffte, Vals Mörder war zurückgekommen, um sich nun an mir zu versuchen.
    Ich würde ihn mit bloßen Händen töten. Ich hätte mein Leben dafür gegeben, ihn zu töten. Ich blickte auf.
    Peaches starrte auf mich hinunter. Es hatte nur eines kurzen Blickes bedurft, und jetzt spiegelten sich all seine Gefühle auf seinem Gesicht wider. Er war leichenblaß, ganz und gar nicht mehr die ewige Pfirsichhaut. Sein Mund war geöffnet, das Kinn hing schlaff herunter; er brachte keinen Laut hervor.
    Neben ihm stand Father Dunn und starrte ebenfalls auf Val. Sie sah ungeheuer einsam aus. »O Scheiße«, flüsterte er mit einer Stimme, in der unendliche Traurigkeit lag.
    Ich glaubte, er habe diese Bemerkung auf den Tod meiner Schwester bezogen, aber da irrte ich. Er beugte sich hinunter und nahm mir den schwarzen Stoffetzen aus der Hand.
    Es dauerte nicht lange, bis die Maschinerie des Todes klirrend und rasselnd auf Touren kam. Sam Turner, der Polizeichef, erschien mit einigen seiner Beamten, und kurz darauf trafen auch die Ambulanz und der Arzt mit seiner schwarzen Tasche ein. Sam Turner war, solange ich denken konnte, ein Freund unserer Familie. Man hatte ihn offensichtlich aus dem Bett und hinaus in diese kalte, höllische Nacht geholt: Sein fast weißes Haar stand ihm wirr um den Kopf, und ein grauer Bartschatten hob die schlaffen Altersfalten seines Gesichts hervor. Er trug ein kariertes Hemd, Windjacke und Kordsamthose und grüne Gummistiefel. Er drückte mir die Hand, und ich wußte, daß auch er Schmerz und Trauer verspürte. Er hatte Val schon als kleines Mädchen gekannt und hatte sie aufwachsen sehen, und jetzt war er durch Schnee und Regen und Kälte zur Kapelle hinübergestapft, nur um sehen zu müssen, welches Ende sie gefunden hatte.
    Peaches, mit schmalen Lippen und blassem Gesicht, machte Kaffee und brachte ihn in den Long Room. Er und Dunn hatten sich kurz entschlossen auf den Weg hierher gemacht, weil sie feststellen wollten, ob Val schon zurückgekehrt war: Peaches hatte sich Sorgen gemacht, weil bei diesem Wetter die Möglichkeit eines Autounfalls nicht auszuschließen war. Dann hatten sie das Licht in der Kapelle gesehen, waren hereingekommen und hatten mich dort sitzen sehen, wie ich die Hand meiner toten Schwester hielt. Während Peaches und ich Kaffee tranken, ging Dunn mit Sam Turner noch einmal zur Kapelle hinüber. Vielleicht erhoffte Dunn sich Anregungen für eine Szene seines neuen Romans.
    Turner war naß und durchgefroren, als die beiden zurückkamen. Er nahm sich eine Tasse dampfenden schwarzen Kaffee und schlürfte ihn geräuschvoll. Durch die Fenster sah ich, wie man Vals Körper, der auf einer Trage lag, eingewickelt in einen Leichensack aus Plastik, in den Notarztwagen schob. Die Schneeflocken schwebten langsam durch die Lichtbahnen, die aus dem Zimmer über den Vorhof fielen.
    »Großer Gott, es gibt nicht viel zu sagen, Ben. Ich werde die Tür der Kapelle versiegeln lassen und Spurensicherungsspezialisten aus Trenton anfordern. Sie haben nicht zufällig einen Verdacht, was passiert sein könnte, oder?«
    »Ich weiß nur das, was ich gesehen habe«, sagte ich.
    Ich mußte an Vals psychische Verfassung denken, als sie mich angerufen hatte, aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß das der richtige

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