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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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war, dem es freistand, sein selbstverdientes Geld zu behalten oder nicht, war er sicherlich wohlhabend. Und wie meine Schwester war auch er in der Öffentlichkeit so bekannt, daß die Kirche sich im Umgang mit ihm beträchtliche Zurückhaltung auferlegen mußte.
    Draußen fiel immer noch Schneeregen, und die Bürgersteige waren tückisch glatt. Aus den Schaufenstern starrte aller möglicher Schnickschnack für das bevorstehende Halloween hinaus in die Nacht. Hexen ritten auf Besenstielen; Schüsseln quollen über von Bonbons und Süßigkeiten; Kürbisköpfe grinsten mich mit zahnlosen Mündern an. Ich schlug den Weg nach Hause ein, wollte endlich mit Val vor dem brennenden Kamin im Long Room sitzen und versuchen, ihr dabei zu helfen, ihre Probleme aus der Welt zu schaffen.
    Das Haus lag noch immer still und dunkel da. Der gefrierende Schneeregen hatte die Auffahrt in eine Rutschbahn verwandelt. Ich parkte den Wagen mit der Schnauze zur Garage, ging im Scheinwerferlicht zu den Fenstern hinüber und blickte hindurch. In der Garage stand ein Wagen. Ich öffnete die Torflügel und ging hinein. Der Wagen war noch naß. Aber es hatte seit Stunden geregnet, und der Motor war abgekühlt. Ich ging zu meinem Wagen zurück, fuhr zum Haus und stieg aus. Es war halb elf, und allmählich begann ich mir Sorgen um Val zu machen.
    Ich weiß nicht genau, warum ich in den Obstgarten ging. Vielleicht hatte ich das Verlangen nach einem Spaziergang, zumal der Regen sich jetzt endgültig in Schnee verwandelt hatte, den ersten Schnee des Jahres. Die Stille war unwirklich nach dem Lärm im Nassau Inn.
    Ich verhielt meine Schritte und rief Vals Namen, aber meine Bemühungen wurden nur dadurch belohnt, daß irgendwo in der Ferne ein Hund zu bellen begann.
    Und dann stand ich im Obstgarten, bevor es mir so recht bewußt geworden war, und als ich mich umschaute, stellte ich fest, daß ich unter dem Baum stand, an dem sich vor langer Zeit ein Priester aufgehängt hatte. Es schien mir plötzlich, als hätte ich mein ganzes Leben mit den Geschichten verbracht, die sich um das Haus und den Obstgarten rankten – Geschichten über Geistliche, die aus den Wirren des Zweiten Weltkriegs hierhergekommen waren, und über Geistliche, die im Garten arbeiteten und die Messe für Mutter lasen, und über Geistliche, die mit meinem Vater Scotch getrunken hatten, und über den einen armen Teufel, der sich hier an diesem Baum erhängt hatte. All das waren Geschichten, denen die Kraft von Mythen innewohnte, Geschichten, in denen sich meine Familie widerspiegelte, ihre eigene Geschichte und ihre Sorgen und Freuden und – unvermeidlicherweise – ihre Einstellung zur Religion.
    Der Obstgarten hatte in den Familiengeschichten schon immer eine große Rolle gespielt, aber ich hatte dieses Fleckchen Erde nie sonderlich gemocht. Daß Val den Garten liebte, war der einzige Grund, warum ich mich so oft hier aufgehalten hatte. Als sie vier Jahre alt war, hatte ich ihr hier draußen – außer Sichtweite des Hauses – das Pokern beigebracht. Aber einmal hatte ich in einen Apfel gebissen und dann festgestellt, daß ich einen halben Wurm mitgegessen hatte, und seitdem war mein Verhältnis zum Obstgarten doch ziemlich getrübt.
    Wir hatten Fritz, den Gärtner, dazu gebracht, uns den Apfelbaum zu zeigen, an dem sich der Priester erhängt hatte. Ich konnte mich genau erinnern: Wir starrten den Baum an, als Fritz uns jenen Ast zeigte, über den der Unglückliche das Seil geworfen hatte, und dann hatte Fritz das Gesicht zu einer gräßlichen Grimasse verzogen und die Zunge ganz weit herausgestreckt und wild mit den Augen gerollt, und dann hatte er gelacht und gesagt, daß der Obstgarten vielleicht genauso verhext sei wie die Dachkammern, durch die unser Gespenst spukte. Ich hatte nie einen Zeitungsartikel oder ein Foto über die Tragödie und den armen, toten, in alle Ewigkeit verdammten Priester zu Gesicht bekommen. Einmal hatte ich meine Mutter danach gefragt, aber sie hatte die Frage rasch beiseite gewischt und gesagt: »Das alles ist vor Millionen von Jahren passiert, es war einfach furchtbar traurig, Benji«, und mein Vater hatte gemeint, daß es Pech für uns gewesen sei. »Er hätte sich den Obstgarten von jemand anderem aussuchen können, den Baum von jemand anderem. Eine Schande, daß er sich für unseren entschieden hat.«
    Allmählich kam es mir dumm vor, hier im Schneegestöber zu stehen und an den Priester zurückzudenken, der sich vor fast fünfzig Jahren hier

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