Assassini
Warner-Brothers-Stil verfilmen wollten. Dieser geplante Film war der Grund dafür, daß Bill Donovan uns in Princeton besuchte, um mit Vater darüber zu reden.
Wie sich herausstellte, war die geplante Heldenfigur des Films eine nur dürftig verschleierte Ausgabe von Hugh Driskill. Eines seiner Abenteuer im besetzten Frankreich sollte der Aufhänger für die Handlung sein, irgendeine Geschichte über einen Burschen, der in die Freiheit geschmuggelt wird.
Für mich wurde es erst spannend, als an einem Wochenende plötzlich Gary Cooper in Princeton auftauchte. Er war als Hauptdarsteller vorgesehen, und ich drehte fast durch vor Aufregung. Ich kann mich erinnern, wie ich mit einem großen Glas Limonade auf der Treppe der Veranda saß und Cooper, Donovan und meinem Vater zuhörte, als sie sich über Filme und den Krieg unterhielten, und wie Cooper und ich anschließend zu den Tennisplätzen hinausfuhren, wo wir versuchten, meinen Aufschlag zu verbessern. Mein Gott, Sergeant York und Lou Gehrig halfen mir, an meiner Aufschlagtechnik zu feilen! Cooper erzählte mir, Bill Tilden hätte ihm gesagt, ein gutes Service wäre zu neunzig Prozent auf den richtigen Winkel beim Hochwerfen des Balles zurückzuführen. An jenem Abend holte der Schauspieler ein Skizzenbuch hervor und porträtierte mich und die kleine Val, und dann auch Vater und Donovan und D’Ambrizzi. Er erzählte mir, er habe immer vorgehabt, Cartoonist zu werden, bis er – mehr durch Zufall – zur Schauspielerei gekommen sei.
Ich habe ihn nie wieder gesehen, außer in seinen Filmen. So auch in Cloak and Dagger, der dann ein Jahr später, 1946, in die Kinos kam. Das Seltsame war – der Mann, den er in diesem Film verkörperte, erinnerte mich tatsächlich stark an Vater. Hollywood fügte der Geschichte den üblichen Anteil an Liebe und Schmalz hinzu, und zwar in Gestalt der jungen Schauspielerin Lilli Palmer, die ihr Debut gab.
Meinem Vater kamen immer mehr Zweifel hinsichtlich der Qualität des geplanten Films, denn ihm war zu Ohren gekommen, daß im Drehbuch mehr und mehr typische Hollywood-Elemente eingebaut wurden. Ich kann mich an einen Sommernachmittag erinnern, als Vater, sein Protegé, Curtis Lockhardt und Donovan auf der Veranda saßen. Ich hockte auf den Stufen und nuckelte an einer Flasche Kool-Aid. Donovan machte sich über meinen Vater lustig. Ich höre ihn noch lachen und sagen: »Tja, Hugh, dann können wir nur hoffen, daß man dich nicht als zu großes Arschloch hinstellt.« Vater grunzte und erwiderte: »Cooper würde man nie ein Arschloch spielen lassen.« Donovan sagte: »Erklären Sie’s ihm, Lockhardt, sagen Sie ihm, daß er an diese Sache glauben muß.« Lockhardt nickte. »Das stimmt, Hugh. Glauben!« Ich hörte ihnen zu und beobachtete meine kleine Schwester, die in ihrem neuen roten Badeanzug unter den Wasserstrahlen der Rasensprenganlage herumtollte und die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versuchte. Schon als Kind hatte sie ein Auge auf Lockhardt geworfen.
Hinter mir hörte ich meinen Vater sagen: »Mein Glaube stand nie außer Frage, meine Herren. Es sind Mister Warner und dessen Speichellecker, an die ich nicht glaube. Ihrem Aussehen nach bezweifle ich sehr, daß sie gute Katholiken sind.«
Donovan brach in schallendes Gelächter aus. Dann wechselte man das Thema und wandte sich der Frage zu, ob Mister Cooper sexuelle Beziehungen zu Miss Palmer unterhalte, die anscheinend eine ziemlich verschlossene junge Dame war. Ausgerechnet da wurde ich in den Garten gerufen, um Mutter zu helfen, die zwischen den Blumenbeeten kauerte und einen Schlapphut aus Stroh trug und eine Chesterfield rauchte und einen Martini trank und Unkraut jätete.
Es stimmt, daß mein Vater in seinem Leben sehr viele Feuerproben durchstehen mußte und daß er entsprechend gestählt war, doch an diesem späten Abend, als die Nachricht von Vals Tod über ihn hereinbrach, sah ich tiefer in ihn hinein als je zuvor, sah durch den Panzer aus Härte und Willenskraft, den er sich durch seine Erfahrungen und seine Lebenspraxis erworben hatte. All das half ihm, sich nach außen hin in der Gewalt zu behalten, aber es war sein Glaube, der nie in Frage gestellte Glaube, der ihn vor dem Zusammenbruch bewahrte. Das mußte ich dem alten Bastard lassen. Er nahm es wie ein Mann.
Er kam mit fragendem Gesichtsausdruck zur Eingangstür herein und sah riesig und zu allem bereit aus. Er war über einsneunzig groß und wog fast zweieinhalb Zentner, sein dichtes graues Haar
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