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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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habe.
    Das Staatsbegräbnis – ich bezeichne es deshalb so, weil es genau das gewesen ist, nur ohne die offizielle Bezeichnung – für Hugh Driskill fand seinen Höhepunkt in der St. Paul’s Cathedral an der Fifth Avenue. Die Straße war von Nobelkarossen verstopft und gesäumt von den berittenen Polizisten in ihren auf Hochglanz gebrachten blauen Uniformen und glänzend polierten Stiefeln; die Sonne schien wie das klare, reine Licht des Herrn; die Fernsehleute verfolgten mit ihren Kameras jede Ankunft und machten auch Kardinal Klammer glücklich, weil er in den Abendnachrichten einen Nachruf verlesen durfte; der riesige Weihnachtsbaum im Rockefeller Center ragte über der Kunsteisbahn auf, und die Geschäftsinhaber mußten sich mit der bedauerlichen Situation abfinden, daß die Straße am Morgen des Heiligen Abend für ein paar Stunden abgesperrt war. Als jeder Ehrenredner seinen Sermon und seine abgedroschenen Phrasen zum besten gegeben hatte, wurde mein Vater fortgeschafft und von ein paar engen Freunden der Familie auf seinem letzten Weg begleitet, und die Reichen und Mächtigen kehrten zur Wall Street zurück und nach Albany und Washington und London und Rom. Sehr viele würden sich einige Tage später wieder in Rom versammeln, um der pompösen Bestattung von Calixtus und dem ganzen Drumherum beizuwohnen. Wir anderen hatten nicht die Absicht, so weit zu reisen. Unser Weg führte nur bis zur St. Mary’s Church in New Prudence.
    Ich vermißte Artie Dunn, der mich mit seinem Humor, seiner Intelligenz und kristallenen Klarsicht durch diese Stunden und Tage hätte leiten können. Ich vermißte Val – aber das war eine Wunde, die niemals mehr heilen und auf immer schmerzen würde. Ich mußte für den Rest meines Lebens damit fertig werden. Und natürlich vermißte ich Schwester Elizabeth. Aber sie war in Rom, sie gehörte nach Rom, und dennoch sah ich sie vor meinem geistigen Auge, stellte mir ihre Geschäftigkeit vor, jetzt, nach Calixtus’ Tod, da das große Spiel sich seinem Ende näherte, da die letzten Spielzüge gemacht wurden, bis man den Sieger krönte, den neuen Papst. Ich stand auf dem tristen, kleinen Friedhof, in Gedanken und Erinnerungen versunken. Es wehte ein eisiger Wind; der Himmel war klar und tiefblau; die Sonne tauchte in einen Hügelkamm aus silberglänzenden Wolken ein, wie schimmerndes Eis am fernen Horizont. Die Schatten auf dem verharschten Schnee wurden rasch länger. Peaches bereitete sich auf die Beisetzung vor. Margaret Korder war unter den Anwesenden sowie einige alte Freunde meines Vaters, ein ehemaliger Innenminister, ein pensionierter Intendant eines Fernsehsenders, einige der langjährigen Geschäftspartner meines Vaters und Drew Summerhays, der erlebt hatte, wie so viele seiner Kameraden gefallen und unter die Erde gebracht worden waren.
    Während wir darauf warteten, daß der Sarg vom Leichenwagen zum Grab getragen wurde, stand Summerhays neben mir. Er sah ein wenig selbstzufrieden aus, als würden wir ein anrüchiges Geheimnis teilen. Und das, würde ich sagen, traf ja auch zu, wenngleich ich nicht wußte, wieviel er von der ganzen Geschichte wußte. Er lächelte mich an, mit seinem altbekannten winterlich-frostigen Gesichtsausdruck, der jede Jahreszeit überlebte.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, flüsterte ich ihm zu. »Sie haben sich um alles gekümmert, um jede Kleinigkeit. Das kann ich niemals gutmachen. Ich wollte, ich könnte es.«
    »Oh, das können Sie, Ben, das können Sie.« Der Sarg wurde an uns vorbeigetragen. Peaches redete auf Margaret Korder ein. Summerhays schien nur mit Mühe den Impuls unterdrücken zu können, die sterblichen Überreste meines Vaters mit einem militärischen Gruß zu verabschieden. Dann sagte er: »Sehr bald schon bin ich an der Reihe. Ich habe einen Brief hinterlassen mit der Anweisung, daß Sie die Abwicklung der Formalitäten übernehmen. Das sollte keine allzu großen Schwierigkeiten machen, aber es wird ein paar Leute geben, die darauf bestehen werden, dabei zu sein und die einer Sonderbehandlung bedürfen. Wie gesagt, ich habe Ihnen bestimmte Instruktionen erteilt. Sie werden dafür sorgen, daß alles reibungslos über die Bühne geht. Ich werde von da oben ein Auge auf Sie haben.« Er hakte sich bei mir ein, als wir zum frisch ausgehobenen Grab gingen. Mein Vater wurde zwischen Val auf der einen und Mutter auf der anderen Seite zur Ruhe gebettet. »Vergessen Sie das alles, alles, was wir seit dem Tod Ihrer Schwester erlebt

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