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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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zu werden, Macht zu erlangen, Unsterblichkeit durch eine Zeile in den Geschichtsbüchern – sie alle versammelten sich wie die riesigen Elefanten und die gefährlichen Tiger, die sie ja auch waren. Der Boden der Arena erbebte unter ihren Schritten, sie strichen umher mit einem grausigen Lächeln, bei dem sie die Säbelzähne bleckten. Die Kardinäle, jene Männer, die taten, was getan werden mußte, damit einer von ihnen den Thron Petri besteigen konnte. Und auch ihre Handlanger waren hier und die Drahtzieher und die Geschäftemacher und die Schieber. Elefanten, Tiger, Horden von Hyänen und Schakalen, aber weit und breit kein Lamm.
    Mein Gott, es war eine aufregende Zeit.
    Elizabeth gefiel die Beobachtung des Politisierens, des Intrigierens, wenn die Nerven der Kandidaten durch die Haut schimmerten, die aufgerauht war vom Nahkampf; die Blicke über die Schulter, die Angst vor dem symbolischen Dolch im Rücken, in der Dunkelheit des Beichtstuhls; ein falscher Schritt, ein Wort ins falsche Ohr, und eine Karriere ging zum Teufel. Wer verstand es am besten, die Versammlung der Kardinäle zu manipulieren? Wer konnte am besten drohen und schmeicheln und schöntun? Würden die Amerikaner versuchen, ihre Macht und ihr Geld in die Waagschale zu werfen? Wer war der Bestechlichste, wenn die eine oder andere Versprechung gemacht wurde? Wer kannte die besten Oberkellner in den besten Restaurants von Rom? Wer wurde zu den wichtigsten Partys eingeladen? Wer mochte zu lange gewartet haben, bevor er zuschlug? Wen würden bloße Gerüchte vernichten?
    An diesem Morgen trug Schwester Elizabeth die marineblaue Jacke mit der scharlachroten Rosette am Revers, dem Symbol des Ordens. Sie war hochgewachsen und schmalgliedrig, mit schönen, geraden Beinen und einer sehr attraktiven Figur. Kardinal D’Ambrizzi fand, daß sie in der Uniform sehr sexy aussah, und er war auch nicht zu schüchtern gewesen, ihr das zu sagen.
    Sie ging gutgelaunt zur Messe, heiter und erwartungsvoll, durchströmt von einem Gefühl der Dankbarkeit. Sie würde heute noch D’Ambrizzi und einen amerikanischen Bankier, der den Kardinal besuchte, auf einer der Stadtrundfahrten begleiten, für die D’Ambrizzi berühmt war. Das war zudem eine gute Gelegenheit, D’Ambrizzi näher in Augenschein zu nehmen: Sie arbeitete an einem längeren Artikel über die papabili, der veröffentlicht werden sollte, sobald Calixtus gestorben war, und in dem die Meinungen eines Insiders über die wahrscheinlichen Favoriten umrissen werden sollten, unter denen der Name D’Ambrizzi heller erstrahlte als jeder andere. Sie schätzte die Chancen der Spitzenkandidaten wie beim Pferderennen auf zwei zu eins, oder acht zu fünf, wenn man das gesamte Startfeld berücksichtigte. Einer der Spitzenkandidaten war D’Ambrizzi, Saint Jack, wie Schwester Val ihn nannte.
    Sie hörte wie üblich die Morgenandacht in der kleinen Kirche, zündete eine Kerze an und sprach ein Gebet für Schwester Valentine. Elizabeth war geradezu begierig darauf, von Valentine zu hören, weil sie sich ernsthafte Sorgen um Val machte, seit diese ihre Recherchen aufgegeben hatte. Val mußte zur Zeit Höllenqualen erleiden, und das lag nicht nur an dieser Lockhardt-Geschichte. Elizabeth schätzte auch hier die Chancen auf etwa acht zu fünf, daß Val aus dem Orden austrat und diesen Mann heiratete. Möge Gott ihr Kraft geben. Nein, es war nicht diese Lockhardt-Geschichte.
    Der Grund für Vals Qualen lag irgendwo in all dem alten Zeug verborgen, über das sie nur vage Andeutungen gemacht hatte.
    Nachdem die Französinnen gegangen waren, hatte Elizabeth ein paar Stunden zur freien Verfügung. Sie verbrachte sie an ihrem Schreibtisch. Sie hatte die Rouleaus zum Schutz vor dem grellen Sonnenlicht heruntergezogen, und ihre Chefin vom Dienst, Schwester Bernadine, nahm im Vorzimmer sämtliche Anrufe entgegen. Elizabeth breitete die Akten, die sie über die papabili angelegt hatte, vor sich auf dem Schreibtisch aus. Langsam las sie ihre Notizen über die beiden chancenreichsten Kandidaten durch. Dann las sie das Textprogramm in ihren Apple II ein und wählte eine zweispaltige Darstellung auf dem Monitor. Schließlich tippte sie die Namen der beiden Männer ein und begann mit einer kurzen Charakterisierung.
     
    GIACOMO KARDINAL D’AMBRIZZI
    Vatikanischer Finanzmann, verantwortlich für Investitionen und Beteiligungen, Einfluß in der Vatikan-Bank, aber kein offizieller Mitarbeiter, daher nicht in den Skandal verwickelt; Mann von

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