Assassini
bekanntermaßen großem diplomatischen Geschick; Pragmatiker, kultiviert, sieht aber wie ein Bauer aus; untersetzter, muskulöser alter Klotz á la Johannes XXIII. u. macht aus seiner weltlichen Einstellung keinen Hehl, stellt sie im Gegenteil nach besten Kräften zur Schau; geselliger, freundlicher Mann mit Krokodilslächeln und schweren Lidern; eiserner Wille; betont oft die Notwendigkeit, in Krisenzeiten Gelassenheit zu wahren; starker Esser und Trinker u. liebt das süße Leben. Pragmatischer Progressiver, was die Problemkreise Geburtenregelung, Rechte für Homosexuelle, weibliche Geistliche betrifft – er ist Vorschlägen zugänglich und diskussionsbereit; es kursieren glaubwürdige Gerüchte, daß er die Absicht hat, einige der moralisch fragwürdigsten Investitionen der Kirche rückgängig zu machen; unterstützt tatkräftig Organisationen und Gruppierungen, die in totalitären Staaten für die Menschenrechte eintreten; in gewissen Kreisen befürchtet man, daß er auf seine alten Tage zu weich/liberal geworden ist. Alter Freund des katholischen amerikanischen Finanzmagnaten H. Driskill.
Was hat er im Haus der Driskills in Princeton nach dem Krieg gemacht? Ein Geheimnis.
Welcherart waren seine Beziehungen zu Driskill während des Krieges? Hat die Kriegsjahre bei Torricelli in Paris verbracht.
MANFREDI KARDINAL INDELICATO
Besäße der Vatikan einen CIA/KGB, wäre er der Geheimdienstchef; hochgewachsen, dünn, asketisch, düster, glattes schwarzes Haar (gefärbt?); trägt sehr schlichte schwarze Anzüge -kein Pomp, kein Prunk, kein Aufhebens; zurückgezogenes Leben; nur von seiner Clique umgeben; in der Laienwelt kaum bekannt; während des Krieges treuer Gefolgsmann Pius’; in den dreißiger Jahren Verbindungen zu Mussolini. Vornehm, altehrwürdige Familie mit langer Ahnenreihe von Geistlichen; Bruder war hohes Tier in der Industrie, wurde von den Roten Brigaden ermordet; Schwester ist mit der Filmschauspieler-Legende Octavio Russo verheiratet; Indelicatos private Kunstsammlung ist von unschätzbarem Wert (Nazibeute?); sein Hobby: Schach, spielt mit Vorliebe berühmte Großmeisterpartien nach. Konservativer Traditionalist, sogar die Kurie fürchtet ihn; Fürsprecher einer reichen, mächtigen Kirche, die tief in der Welt der Realpolitik verwurzelt ist; er und D’Ambrizzi standen sich in den Vorkriegsjahren, als beide ihre Karriere begannen, ziemlich nahe. D’Ambrizzi hat sich mehr zum Humanisten hin entwickelt, während Indelicato seinen ursprünglichen Idealen verhaftet geblieben ist und sie eher noch schärfer vertritt. Ein Jünger Pius’, nach dessen Vorbild er eine Eigenschaft besonders stark entwickelt hat: Arroganz. Hat den Krieg an Pius’ Seite in Rom verbracht; hat nach eigener Aussage daran mitgearbeitet, gemeinsam mit Pius Rom zu ›retten‹.
Während sie sich noch fragte, was sich hinter den fragmentarischen Hinweisen auf Charakter und Werdegang dieser beiden Männer verbergen mochte, wurde sie von Schwester Bernadine wieder an den Terminkalender erinnert. Unten vor der Tür wartete Monsignore Sandanato mit der Limousine.
Sie fuhren in einem Mercedes mit vatikanischem Kennzeichen -Kevin Higgins, ein Bankier aus Chicago mit Beziehungen zu höheren Kreisen, Kardinal D’Ambrizzi, Schwester Elizabeth und Monsignore Sandanato, der hinter dem Steuer des Wagens saß. Higgins war ein alter Freund von Elizabeth’ Vater und begrüßte sie herzlich. Er hatte Rom seit vielen Jahren nicht mehr besucht, und es hätte keine größere Freude für ihn geben können, als in Begleitung des Kardinals und der Tochter seines Freundes diese Stadt wiederzusehen, wie er betonte. D’Ambrizzi hatte Elizabeth mit einer onkelhaften Umarmung begrüßt, während Sandanatos Begrüßung förmlich, korrekt und zurückhaltend gewesen war. Der Kardinal hatte neben der schwarzen Limousine gestanden, das breite Gesicht der Sonne zugewandt, in angeregter Unterhaltung mit Higgins, als der Monsignore Elizabeth zum Wagen geleitete.
Die Fahrt durch das Verkehrsgewühl auf den heißen, staubigen Straßen wurde immer wieder durch Pausen mit längeren Spaziergängen an verschiedenen Sehenswürdigkeiten unterbrochen. D’Ambrizzi hakte Elizabeth unter, als wäre sie eine Stellvertreterin Vals, die ihn so oft begleitet hatte, und wanderte langsam und gemächlich umher, unermüdlich redend und erklärend; Higgins unter Sandanatos Obhut im Gefolge. Der Monsignore war wie ein dunkler Schatten, stets bereit, eine Tür zu öffnen
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