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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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in der Tür, als Elizabeth sich umwandte, mich auf die Wange küßte und sagte: »Es ist gut, Sie wiederzusehen, Ben. Und das alles tut mir so furchtbar leid.«
    Ich schloß die Tür und ging zu Bett.
    Nach meiner ersten Begegnung mit Elizabeth – die Erinnerung an Pete’s Tavern und den verschneiten Gramercy Park noch frisch im Gedächtnis –, hatte ich mich mit Val zum Frühstück im Waldorf getroffen. Elizabeth war noch nicht aufgestanden. Val wollte wissen, ob ich mich am vergangenen Abend gut amüsiert hätte, und das konnte ich ihr nur bestätigen.
    »Und warum machst du dann so ein langes Gesicht?« fragte sie.
    Ich tat die Frage mit einem Achselzucken ab. »Der nächste Morgen führt einen in die rauhe Wirklichkeit zurück. Vielleicht habe ich mich gestern abend zu gut amüsiert. Vielleicht ärgert es mich, daß ich es nicht schaffe, immer so gut gelaunt zu sein. Vielleicht ärgert es mich, daß ich älter werde.«
    »Du und Elizabeth, ihr scheint euch gut zu verstehen.« Sie lächelte strahlend. »Das freut mich. Elizabeth und ich sind uns so nahe, weißt du. Sie ist wie mein anderes Ich.«
    »Vor allem ist sie hübsch. Wie du.« Ich grinste.
    »Männer«, sagte sie. »Immer haben’s die Kerle auf Elizabeth abgesehen. Du wärst nicht der erste, der sich in sie verknallt. Ist nicht ihre Schuld, aber es hat sie vorsichtig gemacht. Sie ist die Schönheit der gesamten römischen Presse. Daß sie Nonne ist, macht es für die Kerle nur noch verlockender und aufregender, mit ihr zu flirten. Das macht ihr ganz schön zu schaffen. Und darum freue ich mich so, daß sie gestern mal ausgehen konnte und ein bißchen Spaß gehabt hat.«
    »Wird sie Nonne bleiben?«
    Meine Schwester ließ sich mit der Antwort Zeit, knabberte nachdenklich an einem Stück Croissant herum. »Die eigentliche Frage ist, ob wir alle Nonnen bleiben, Ben. Wir sind die ersten einer neuen Generation von Ordensschwestern. Ohne tiefe Bindungen an die alten, eingefahrenen Wege. Wir haben uns dafür entschieden, in der Ordenswelt zu leben – aber nach den Regeln der wirklichen Welt. Auf die eine oder andere Weise sind wir allesamt Aktivistinnen, und keine von uns weiß, ob oder wie lange die Kirche uns noch für in ihrem Sinne vertretbar hält. Wir sorgen dafür, daß alle Bürokraten in der Kurie Magengeschwüre bekommen. Wir zwingen die Kirche, sich zu wandeln, und wir legen uns dabei keine Zurückhaltung auf, sondern machen kräftig Druck … aber die Kirche kann jederzeit Gegendruck ausüben. Wenn sie erst mal wütend genug auf uns ist, dann sollten wir lieber auf der Hut sein. Jeder, der diesem Koloß in die Quere kommt – auf welche Weise auch immer – sollte auf der Hut sein.«
    »Und was ist mit dir? Wirst du im Orden bleiben?«
    »Das hängt vom Druck ab, dem man ausgesetzt ist, nicht wahr? Du hast damals die Nase voll gehabt und bist gegangen. Mein Gefühl sagt mir, daß Elizabeth Nonne bleiben wird. Sie denkt in den Kategorien von Recht und Unrecht, Gut und Böse, und sie glaubt, daß die Kirche grundsätzlich gute Ziele verfolgt – aber ich? Ich weiß es nicht. Mir fehlt ihr intellektuelles Engagement, ihre philosophische Verzahnung mit der Kirche. Ich bin eine Unruhestifterin, ein egoistischer kleiner Hohlkopf, eine Giftziege. Wenn die Kirche mich so bleiben läßt, wie ich bin – so was wie ein quietschendes Rad im Getriebe – na ja, dann bleibe ich vielleicht bis zu meinem Tod Nonne.« Aus irgendeinem Grund streckte sie die Hand aus und ergriff die meine, als wollte sie mich schon jetzt trösten für einen Schmerz, der eines Tages auf mich zukommen würde. Ich sagte, sie solle lieber die Eier essen, bevor sie kalt wurden, weil sie mich satte zehn Dollar das Stück kosteten. Etwas später gab ich ihr einen Abschiedskuß und kehrte in mein Büro in der Wall Street zurück.
    Wir sorgen dafür, daß die Kurie Magengeschwüre bekommt. Wir zwingen die Kirche, sich zu wandeln, und wir legen uns dabei keine Zurückhaltung auf, sondern machen kräftig Druck … aber die Kirche kann jederzeit Gegendruck ausüben. Wenn sie erst mal wütend genug auf uns ist, dann sollten wir lieber auf der Hut sein. Jeder, der diesem Koloß in die Quere kommt – auf welche Weise auch immer – sollte auf der Hut sein …
    Ich stieg langsam aus meinen Träumen und Erinnerungen an Val und Elizabeth empor und kämpfte mich an die Oberfläche des Bewußtseins. Es war sechs Uhr morgens, dunkel und windig. Es zog aus allen Ritzen und Fugen. Ich zog die

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