Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
nach Hinweisen auf die Stätte der Vorläufer …“, antwortete er mit erhobenem Kinn.
„Ich verstehe …“
„William hat vor, eine Expedition zur Kammer zu unternehmen.“
Ich zuckte zusammen. „Niemand hat mich um Erlaubnis gebeten.“
„Ihr wart nicht da, also konnte Euch niemand um Erlaubnis bitten“, entgegnete Charles. „William dachte … nun, wenn wir die Stätte finden wollen, ist die Kammer wohl der beste Ausgangspunkt für die Suche.“
„Wir werden die Eingeborenen gegen uns aufbringen, wenn wir unser Lager auf ihrem Land aufschlagen.“
Charles bedachte mich mit einem Blick, als hätte ich den Verstand verloren. Natürlich. Was scherten uns, die Templer, ein paar aufgebrachte Einheimische?
„Ich habe über die Stätte nachgedacht“, beeilte ich mich zu sagen. „Irgendwie scheint sie mir inzwischen weniger wichtig …“ Ich blickte in die Ferne.
„Sonst noch etwas, das Ihr hintanstellen wollt?“, fragte er frech.
„Ich warne Euch …“, gab ich zurück und ballte die Hände.
Er warf einen Blick in die Runde. „Wo ist sie überhaupt? Eure indianische … Liebste?“
„Das geht Euch nichts an, Charles, und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr in Zukunft nicht in diesem Ton von Ihr sprächet, andernfalls könnte ich mich gezwungen sehen, ihn Euch mit Gewalt auszutreiben.“
Seine Augen waren kalt, als er mich ansah. „Es ist ein Brief eingetroffen“, sagte er, griff in seinen Rucksack und ließ den Brief fallen, sodass er vor meinen Füßen landete. Ich senkte den Blick, sah meinen Namen auf dem Umschlag und erkannte die Handschrift sofort. Der Brief kam von Holden, und der bloße Anblick ließ mein Herz schneller schlagen – eine Verbindung zu meinem alten Leben, zu meinem anderen Leben in England und meinem dortigen Unterfangen – die Suche nach den Mördern meines Vaters.
Ich tat und sagte nichts, was meine Gefühle ob des Anblicks dieses Briefes verraten hätte, und fragte nur: „Sonst noch etwas?“
„Ja“, antwortete Charles, „gute Nachrichten. General Braddock ist seinen Verletzungen erlegen. Er ist endlich tot.“
„Seit wann?“
„Er starb, kurz nachdem er verletzt wurde, aber die Nachricht von seinem Tod hat uns erst jetzt erreicht.“
Ich nickte. „Dann ist diese Angelegenheit ja endlich beigelegt.“
„Gut“, meinte Charles. „Dann soll ich also zurückreiten, oder? Ich soll den Männern berichten, dass Ihr das Leben hier in der Wildnis genießt? Und wir können nur hoffen, dass Ihr uns irgendwann einmal wieder mit Eurer Anwesenheit beehrt?“
Ich dachte an den Brief von Holden. „Vielleicht eher, als Ihr glaubt, Charles. Ich habe das Gefühl, dass ich mich schon bald wegen einer anderen Sache verabschieden muss. Ihr habt mir bewiesen, dass Ihr mehr als nur fähig seid, Euch hier um alles zu kümmern.“ Ich schenkte ihm ein dünnes, freudloses Lächeln. „Vielleicht wird Euch das auch weiterhin gelingen.“
Charles nahm die Zügel seines Pferdes auf. „Wie Ihr wünscht, Master Kenway. Ich werde den Männern ausrichten, dass sie Euch erwarten können. Grüßt in der Zwischenzeit bitte Eure Freundin von mir.“
Und damit verschwand er. Ich blieb noch eine Weile neben dem Feuer und in der Stille des Waldes hocken, dann sagte ich: „Du kannst jetzt herauskommen, Ziio, er ist fort.“ Und schon fiel sie aus einem Baum und trat auf die Lichtung heraus, ihr Gesicht wie von Gewitterwolken überschattet.
Ich stand auf und wandte mich zu ihr um. Die Kette, die sie immer trug, blinkte im Licht der Morgensonne. Ihre Augen blitzten wütend.
„Er war noch am Leben“, sagte sie. „Du hast mich angelogen.“
Ich schluckte. „Aber, Ziio, ich …“
„Du sagtest, er sei tot.“ Ihre Stimme wurde lauter. „Du sagtest, er sei tot, damit ich dir den Tempel zeige.“
„Ja“, gab ich zu. „Das habe ich getan, und es tut mir leid.“
„Und was war da von wegen Land?“, fragte sie. „Was hat dieser Mann gemeint, als er von Land sprach? Versucht ihr, es uns wegzunehmen, ist es das?“
„Nein“, entgegnete ich.
„Lügner!“, schrie sie mich an.
„Warte. Ich kann es erklären …“
Aber sie hatte bereits ihr Schwert gezogen. „Ich sollte dich töten für das, was du getan hast.“
„Du hast jedes Recht, wütend zu sein, meinen Namen zu verfluchen und mich fortzuwünschen. Aber die Wahrheit ist anders, als du glaubst“, begann ich.
„Verschwinde!“, fuhr sie mich an. „Verlass diesen Ort, und kehre niemals zurück. Denn wenn du das
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